Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
war der Empfang kaum herzlicher.
Als ich meinem Herrscher in St. James meine Achtung erwies, fragte Seine Majestät mich spitz, ob ich etwas von Lord Bullingdon gehört hätte. Darauf erwiderte ich sehr geistesgegenwärtig:«Sir, Lord Bullingdon bekämpft in Amerika die Rebellen gegen Eurer Majestät Krone. Wünschen Eure Majestät, dass ich ihm ein weiteres Regiment zu Hilfe schicke?» Worauf der König sich auf dem Absatz umdrehte und ich mich mit einer Verbeugung aus dem Audienzsaal entfernte. Als Lady Lyndon der Königin bei der Cour die Hand küsste, wurde ihr, wie ich erfuhr, genau die gleiche Frage gestellt, und als sie heimkehrte, war sie sehr erregt ob der Schmähung, die man ihr zugefügt hatte. So also wurden meine Loyalität belohnt und das Opfer geachtet, das ich für mein Land gebracht hatte! Ich verlegte meinen Haushalt sogleich nach Paris, wo mir ein ganz anderer Empfang zuteilwurde, doch war meine Zeit inmitten der Wonnen und Vergnügungen dieser Hauptstadt sehr kurz, da die französische Regierung, die schon lange mit den amerikanischen Rebellen intrigiert hatte, nun die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten offen anerkannte. Es folgte eine Kriegserklärung, wir glücklichen Engländer wurden alle aus Paris verwiesen, und
ich glaube, ich ließ eine oder zwei schöne Damen ganz untröstlich zurück. Paris ist der einzige Ort, an dem ein Gentleman leben kann, wie es ihm gefällt, ohne von seiner Frau behelligt zu werden. Während unseres Aufenthalts sahen die Gräfin und ich einander kaum, außer bei öffentlichen Anlässen in Versailles oder am Spieltisch der Königin, und unser lieber kleiner Bryan eignete sich tausend elegante Fertigkeiten an, die alle entzückten, welche ihn kannten.
Ich darf nicht vergessen, hier mein letztes Gespräch mit meinem lieben Onkel zu erwähnen, dem Chevalier de Ballybarry, der in Brüssel mit der erklären Absicht zurückgeblieben war, sein Seelenheil zu erwerben, wie man so sagt, und der sich dort in ein Kloster zurückgezogen hatte. Inzwischen war er sehr zu seinem Ärger und Bedauern wieder in die Welt zurückgekehrt, hatte sich trotz seines hohen Alters heftig in eine französische Schauspielerin verliebt, und diese hatte getan, was die meisten Damen ihres Fachs tun, nämlich ihn ruiniert, verlassen und verlacht. Seine Reue war sehr erbaulich. Unter der Anleitung der Herren vom Irischen Kolleg 437 wandte er seine Gedanken wieder der Religion zu; als ich ihn traf und fragte, wie ich ihm helfen könne, bat er mich nur darum, dem
Kloster, in das er einzutreten beabsichtigte, eine größere Summe zu spenden.
Das konnte ich natürlich nicht tun, da meine religiösen Grundsätze es mir verbieten, den Aberglauben irgendwie zu fördern. Der alte Gentleman und ich verabschiedeten uns recht kühl voneinander, da ich mich, wie er sagte, weigerte, ihm einen behaglichen Lebensabend zu verschaffen.
Zu dieser Zeit war ich allerdings sehr arm; und, entre nous , 438 mich ruinierte die Rosemont von der französische Oper – als Tänzerin mittelmäßig, aber bezaubernde Figur und Beine – durch Rechnungen für Diamanten, Kutschen und Möbel; außerdem hatte ich eine Pechsträhne beim Spiel und war gezwungen, zur Deckung meiner Verluste den Geldverleihern schändlichste Opfer zu bringen, Teile von Lady Lyndons Diamanten zu versetzen (diese lasterhafte kleine Rosemont schmeichelte mir einige davon ab) und tausend andere Maßnahmen zu ergreifen, um Geld aufzutreiben. Aber wann hätte ich je gezaudert, wenn die Ehre auf dem Spiel stand, und welcher Mann könnte behaupten, Barry Lyndon habe eine Wette verloren und nicht gezahlt?
Was meine so ehrgeizigen Hoffnungen hinsichtlich
der irischen Peerage betrifft, stellte ich bei meiner Rückkehr nach und nach fest, dass mich dieser Schurke, Lord Crabs, doch an der Nase herumgeführt hatte; zwar nahm er gern mein Geld an, hatte aber ebenso wenig Einfluss, mir eine Adelskrone wie die Tiara des Papstes zu beschaffen. Bei meiner Rückkehr vom Kontinent war der König keineswegs liebenswürdiger zu mir als vor meiner Abreise, und von einem der Adjutanten seiner Brüder, der königlichen Herzöge, hörte ich, mein Verhalten und meine Zerstreuungen in Paris seien von einigen dortigen Spionen abscheulich entstellt und Gegenstand eines königlichen Kommentars geworden, und zwar habe der König auf diese Verleumdungen hin gesagt, ich sei der verrufenste Mann in den drei Königreichen. Ich und verrufen! Ich eine Schande für meinen Namen und
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