Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
mein Land! Als ich diese Lügen hörte, war ich so wütend, dass ich mich sogleich zu Lord North begab, um mich beim Minister zu beschweren und eine Audienz bei Seiner Majestät zu verlangen, wollte ich mich doch von all diesen Vorwürfen reinigen, auf meine Verdienste um die Regierung, der ich immer meine Stimme gegeben hatte, verweisen und fragen, wann die mir verheißene Belohnung, nämlich
der von meinen Vorfahren geführte Titel, in meiner Person wiederbelebt werden würde.
Dieser fette Lord North war von schläfriger Kühle – die ärgste Provokation, die der Opposition je von ihm zuteilgeworden war. Er lauschte mir mit halb geschlossenen Augen. Als ich eine lange, heftige Rede beendet hatte, bei der ich in seinem Zimmer in der Downing Street auf und ab gegangen war und mit der ganzen Energie eines Iren gestikuliert hatte, öffnete er ein Auge, lächelte und fragte mich ganz mild, ob ich fertig sei. Als ich dies bejahte, sagte er: «Also, Mr Barry, ich will Ihnen Punkt für Punkt antworten. Der König ist der Ernennung von Peers überaus abgeneigt, wie Sie wissen. Ihre Ansprüche, wie Sie sie nennen, sind ihm vorgelegt worden, und die gnädige Antwort Seiner Majestät lautete, Sie seien der unverschämteste unter all seinen Untertanen und verdienten eher den Strick als eine Adelskrone. Was die Drohung angeht, uns Ihre Unterstützung zu entziehen, so können Sie mit sich und Ihrer Stimme tun, was immer Ihnen beliebt. Und da ich viel zu erledigen habe, werden Sie jetzt vielleicht die Güte besitzen, sich zu entfernen.» Damit hob er träge die Hand zur Glocke und verabschiedete mich mit einer Verbeugung und der Frage, ob es auf
der Welt sonst noch etwas gebe, wobei er mir gefällig sein könne.
Ich fuhr mit einer unbeschreiblichen Wut heim, und da ich Lord Crabs beim Diner zu Gast hatte, überfiel ich Seine Lordschaft, indem ich ihm die Perücke vom Kopf riss, sie ihm ins Gesicht rieb und jenen Teil seiner Person attackierte, der dem Vernehmen nach einst von einer Majestät unsanft berührt worden war. Am nächsten Tag hörte man die Geschichte überall in der Stadt, und in den Clubs und Druckereien hingen Bilder, die mich bei Durchführung der erwähnten Operation zeigten. Die ganze Stadt lachte über das Bild vom Lord und vom Iren; unnötig zu sagen, dass man beide erkannte. Was mich betrifft, so war ich in diesen Tagen eine der berühmtesten Persönlichkeiten Londons; meine Kleidung, Lebensart und Kutsche waren so bekannt wie die eines jeden für die Mode maßgeblichen Mannes, und meine Beliebtheit war, wiewohl in den höchsten Kreisen nicht übermäßig groß, in allen übrigen jedenfalls erheblich. Die Leute jubelten mir bei den Gordon-Unruhen 439 zu, während sie zur gleichen Zeit meinen Freund Jemmy Twitcher 440 beinahe getötet hätten und Lord Mansfields Haus niederbrannten. Ich war ja als strammer Protestant
bekannt, und nach meinem Streit mit Lord North lief ich sogleich zur Opposition über und ärgerte ihn mit allen mir verfügbaren Mitteln.
Leider waren diese nicht sehr groß, denn ich war ein schlechter Redner, das Haus hörte mir nicht gern zu, und 1780, nach den Gordon-Unruhen, wurde es aufgelöst, und es fanden Wahlen statt. Dies geschah, wie es bei all meinen Missgeschicken der Fall war, zu einem für mich höchst unglücklichen Zeitpunkt. Ich musste zu überaus ruinösen Bedingungen noch mehr Geld aufnehmen, um mich der vermaledeiten Wahl zu stellen, wobei mich die Tiptoffs tatkräftiger und bösartiger denn je bekämpften.
Noch heute kocht mein Blut, wenn ich an das schuftige Verhalten meiner Gegner bei dieser Schurkenwahl denke. Ich wurde als der irische Blaubart dargestellt, man druckte Verleumdungen gegen mich und zeichnete grobe Karikaturen, auf denen ich Lady Lyndon verprügelte, Lord Bullingdon auspeitschte, ihn trotz Unwetters aus dem Haus jagte und was sonst noch alles. Es gab Bilder von einer elendigen Hütte in Irland, aus der ich angeblich stammte, und andere, auf denen ich als Lakai und Schuhputzer dargestellt wurde. Eine Flut von Verleumdungen
ergoss sich über mich, in der jeder Mann mit weniger Mut untergegangen wäre.
Aber obwohl ich meinen Anklägern kühn entgegentrat, große Geldsummen auf die Wahl verwandte, Hackton Hall für alle öffnete und dort wie in allen Schänken der Stadt Champagner und Burgunder wie Wasser strömen ließ, ging die Wahl zu meinen Ungunsten aus. Die Strolche von Landadligen wandten sich gegen mich und schlugen sich auf die Seite der
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