Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
Vom Netzwerk:
Summe, die ich alsbald benötigte.
    Ich begab mich also nach Dublin, um den englischen
Geschäftsmann zu treffen, und es gelang mir, Mr Splint, einen bedeutenden Schiffbauer und Holzhändler aus Plymouth, so weit von meinem Anspruch auf die Bäume in Hackton zu überzeugen, dass er einwilligte, alles sofort zu etwa einem Drittel des eigentlichen Werts zu kaufen, und mir fünftausend Pfund aushändigte, die ich gern akzeptierte, da mich zu dieser Zeit Schulden drückten. Er hatte keine Schwierigkeiten, die Bäume zu fällen, das versichere ich Ihnen. Er nahm ein Regiment Schiffszimmerleute und Säger aus seiner und der königlichen Werft zu Plymouth mit, und nach zwei Monaten war Hackton Park so kahl wie das Moor von Allen. 443
    Mit dieser verfluchten Reise und dem Geld hatte ich nur Pech. Bei zwei Spielnächten im «Daly» 444 verlor ich den größeren Teil der Summe, sodass der Stand meiner Schulden blieb wie zuvor; ehe das Schiff mit diesem Schwindler von einem Holzhändler nach Holyhead auslief, besaß ich von dem Geld, das er mir gezahlt hatte, nur noch ein paar hundert Pfund, mit denen ich sehr bedrückt heimkehrte – und auch sehr eilig, denn meine Dubliner Händler waren mir hart auf den Fersen, seit sie gehört hatten, ich hätte das Geld ausgegeben; außerdem hatten
zwei meiner Weinlieferanten Zahlungsbefehle über mehrere tausend Pfund gegen mich erwirkt.
    Dennoch kaufte ich in Dublin, meinem Versprechen gemäß – wenn ich nämlich etwas verspreche, halte ich es um jeden Preis –, ein kleines Pferd für meinen lieben kleinen Bryan, das ein Geschenk zu seinem näher rückenden zehnten Geburtstag sein sollte. Es war ein wundervolles kleines Tier und kostete mich eine hübsche Summe. Geld spielte für mich nie eine Rolle, wenn es um dieses liebe Kind ging. Das Pferd war jedoch sehr wild. Einen meiner Stalljungen, der es als Erster ritt, warf es ab und brach ihm dabei ein Bein. Auf der Heimreise kümmerte ich mich selbst um das Tier, konnte es aber nur durch mein Gewicht und meine Reitkünste ruhig halten.
    Als wir heimkamen, schickte ich das Pferd mit einem meiner Knechte zu einem Bauernhof, wo es gründlich zugeritten werden sollte, und erzählte Bryan, der unbedingt sein kleines Pferd sehen wollte, es werde pünktlich zu seinem Geburtstag gebracht. Dann würde er mit mir und den Hunden zur Jagd reiten. Ich versprach mir einiges Vergnügen davon, den lieben Kerl an diesem Tag der Jagd vorzustellen, die
er hoffentlich eines Tages statt seines stolzen Vaters leiten würde. Aber ach! Nie sollte dieser schneidige Junge eine Fuchsjagd reiten oder unter den Vornehmen des Landes den Platz einnehmen, für den er durch seine Geburt und seine Gaben ausersehen war!
    Zwar glaube ich nicht an Träume und Vorzeichen, doch muss ich wohl einräumen, dass einer, dem großes Unheil bevorsteht, oft viele seltsame und düstere Vorahnungen hat. Ich hatte viele, wie ich mir heute einbilde. Lady Lyndon träumte ebenfalls, vor allem zweimal vom Tod ihres Sohnes; da sie aber inzwischen außerordentlich nervös und hysterisch geworden war, quittierte ich ihre Befürchtungen – und natürlich auch meine – mit Spott. In einem Moment der Achtlosigkeit, bei einer Flasche nach dem Abendessen, erzählte ich dem armen Bryan, der mich unausgesetzt nach dem kleinen Pferd fragte und wann es endlich gebracht werde, dass es schon da sei, auf Doolans Hof, wo der Stallknecht Mick dabei sei, es zuzureiten.
    «Versprich mir, Bryan», kreischte seine Mutter,«dass du das Pferd nur in Gesellschaft deines Vaters reiten wirst.»
    Aberich sagte nur: «Ach was, Madam, Sie sind
eine Eselin!» Ich war verärgert über ihre dumme Ängstlichkeit, die sich nun auf tausenderlei unangenehme Weise zeigte. Dann wandte ich mich an Bryan und sagte: «Ich verspreche Deiner Lordschaft gründliche Dresche, wenn du es ohne meine Erlaubnis besteigst.»
    Ich vermute, angesichts des erwarteten Vergnügens scherte sich das arme Kind nicht um die angedrohte Buße; vielleicht dachte Bryan aber auch, ein liebevoller Vater werde ihm die Strafe ganz erlassen. Da ich nachts lange gezecht hatte, stand ich am nächsten Morgen erst ziemlich spät auf und erfuhr, das Kind sei bei Tagesanbruch verschwunden, habe sich durch das Zimmer seines Hauslehrers verdrückt (das war Redmond Quin, unser Vetter, den ich bei mir aufgenommen hatte). Ich hegte keinen Zweifel daran, dass Bryan sich zu Doolans Hof begeben hatte.
    Ich nahm eine lange Reitpeitsche und galoppierte ihm wütend

Weitere Kostenlose Bücher