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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Schmerzen?«
    »Nein, er bekommt dermaßen starke Medikamente, dass er nichts spürt. Aber er konnte seine Verbände sehen. Und all die Geräte. Er ist nicht dumm.«
    »Ist seine Familie da?«
    »Meistens. Nun ja, sein Bruder ständig. Er beobachtet uns mit Argusaugen. Er ist überzeugt, dass Juan von uns nicht anständig versorgt wird, weil er Latino ist. Und er hat noch ein paar Bemerkungen über dich gemacht.«
    Dance verzog das Gesicht.
    »Tut mir leid, aber ich dachte, du solltest es wissen.«
    »Ich bin froh, dass du es mir erzählt hast.«
    Sehr besorgniserregend. Nicht Julio Millar, natürlich. Damit konnte sie umgehen. Aber die Hoffnungslosigkeit des jungen Detectives machte ihr zu schaffen.
    Tötet mich ...
    »Hat Betsey angerufen?«, fragte Dance.
    »Ach, deine Schwester kann heute nicht hier sein«, antwortete Edie in einem unbekümmerten Tonfall, hinter dem sie den Ärger darüber verbarg, dass ihre jüngste Tochter keine vierstündige Autofahrt aus Santa Barbara auf sich nehmen wollte, um zur Geburtstagsparty ihres Vaters zu kommen. Allerdings wäre Kathryn – angesichts der Fahndung nach Pell – unter umgekehrten Vorzeichen vermutlich auch nicht dorthin gefahren.
    Sie kehrten auf das Deck zurück. »Mom, dürfen wir Dylan und Patsy rauslassen?«, fragte Maggie.
    »Mal sehen.« Die Hunde konnten bei Partys ein wenig ungestüm werden. Und bekamen für gewöhnlich viel zu viele Leckerbissen zugesteckt.
    »Wo ist dein Bruder?«
    »In seinem Zimmer.«
    »Was macht er?«
    »Irgendwas.«
    Dance schloss ihre Waffe weg – vor dem Haus saß ein Deputy des MCSO in seinem Wagen und hielt Wache. Sie duschte schnell und zog sich an.
    Auf dem Flur traf sie Wes. »Nein, kein T-Shirt. Dein Großvater hat Geburtstag.«
    »Mom. Es ist sauber.«
    »Ein Polohemd. Oder dein blau-weißes Button-down-Hemd.« Sie kannte den Inhalt seines Kleiderschrankes besser als er.
    »Na gut.«
    Sie bemerkte seinen bekümmerten Blick. Das hatte nichts mit dem Wechsel der Kleidung zu tun.
    »Was ist los?«
    »Nichts.«
    »Komm schon, raus damit. Sag mir, was dich bedrückt.«
    »Nichts.«
    »Dann zieh dich jetzt um.«
    Zehn Minuten später war sie damit beschäftigt, das Knabbergebäck anzurichten, und schickte ihrem Lebensmittelladen derweil ein stilles Dankgebet.
    Wes kam vorbei und nahm sich eine Handvoll Nüsse. Er trug ein Anzughemd. Es steckte in der Hose, und die Manschetten waren zugeknöpft. Ein Hauch Rasierwasser umgab ihn. Er sah gut aus. Kinder zu haben war eine Herausforderung, aber es gab auch viel, worauf man stolz sein konnte.
    »Mom?« Er warf einen Cashewkern in die Luft und fing ihn mit dem Mund auf.
    »Lass das sein. Du könntest ersticken.«
    »Mom?«
    »Was ist?«
    »Wer kommt heute Abend?«
    Sein Blick wich ihr aus, und seine Schulter drehte sich in ihre Richtung. Das bedeutete, dass etwas Bestimmtes hinter dieser Frage steckte. Sie wusste, was ihm auf der Seele lag – dasselbe wie am Abend zuvor. Aber nun war der Zeitpunkt zum Reden gekommen.
    »Außer uns bloß ein paar Leute.« Am Sonntagabend würde es im Marine Club unweit des Monterey Aquariums eine größere Feier geben, mit vielen von Stuarts Freunden. Heute aber war der eigentliche Geburtstag ihres Vaters, und sie hatte nur etwa acht Gäste eingeladen. »Michael und seine Frau, Steve und Martine, die Barbers... und das dürfte auch schon alles sein. Ach, und jemand, der mit uns an einem Fall arbeitet. Er kommt aus Washington.«
    Wes nickte. »Das sind alle? Niemand sonst?«
    »Das sind alle.« Sie warf ihm eine Tüte Brezeln zu. Er fing sie mit einer Hand. »Pack die aus. Und sieh zu, dass ein paar für die Gäste übrig bleiben.«
    Ein sichtlich erleichterter Wes fing an, die Schälchen aufzufüllen.
    Der Junge hatte befürchtet, Dance könne Brian Gunderson eingeladen haben.
    Den Brian, der ihr das Buch geschenkt hatte, das unübersehbar auf dem Couchtisch lag. Den Brian, dessen Anruf Maryellen Kresbach ihr in der CBI-Zentrale so pflichtgetreu gemeldet hatte.
    Brian hat angerufen ...
    Der vierzigjährige Investmentbanker war ein Blind Date gewesen, arrangiert von Maryellen, die ebenso leidenschaftlich und talentiert andere Leute verkuppelte, wie sie backte, Kaffee kochte und das Berufsleben von CBI-Agenten organisierte.
    Brian war smart und locker und zudem witzig; bei ihrer ersten Verabredung hatte er sich angehört, was Kathryn ihm über die Kinesik erzählte, und sich dann prompt auf die eigenen Hände gesetzt. »Damit du meine Absichten nicht

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