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Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu

Titel: Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hideo Okuda
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die ihn nicht mochten, doch in der heutigen Welt blieben diejenigen die Sieger, die auffielen. Takaaki war es angeboren
aufzufallen. Er liebte es, mit provokanten Bemerkungen Aufsehen zu erregen.
    Und er hasste Dummköpfe, die nicht logisch argumentieren konnten.
     
    Über ein Titelblatt nach dem anderen ließ er seinen Signierstift sausen. Schon seit seiner Grundschulzeit hatte er fleißig signieren geübt, denn schon immer hatte er fest daran geglaubt, dass so ein Tag kommen würde.
    »Verzeihung, ich habe eine Bitte. Könnten Sie vielleicht noch etwas dazuschreiben?«, bat ihn die Stimme einer jungen Frau. Er sah auf und sah in ein grobes Gesicht, das wohl zu einer Büroangestellten gehörte.
    »Was zum Beispiel?«
    »Das können Sie entscheiden.«
    »Da bringen Sie mich jetzt aber in die Bredouille. Machen Sie einen Vorschlag. Zeit, mir etwas auszudenken, habe ich leider nicht«, antwortete er schroff.
    »Na gut, dann: Man hat nur eine Chance im Leben .«
    »Alles klar.«
    Er war gerade dabei, den Satz neben seine Unterschrift zu schreiben, als seine Hand mit dem Stift in der Luft erstarrte.
    »Wie waren noch einmal gleich die Schriftzeichen für dieses Sprichwort? Ichi-go ichi-e , richtig?«, fragte er seine neben ihm stehende Sekretärin Miyuki.
    Seit über zehn Jahren schrieb er praktisch nur noch mit dem Computer und kaum noch etwas mit dem Stift. Es passierte ihm ständig, dass ihm die Schreibweise eines Kanji nicht einfiel.
    » Ikki ikkai «, gab die Sekretärin ihm mysteriös zur Antwort.
    »Wie? Schreiben Sie das auf Ihre Handfläche«, befahl er ihr.
    Die Sekretärin schrieb mit einem Stift die Zeichen auf ihre Handfläche und zeigte sie ihm.

    »Ach ja, richtig«, fiel es ihm wieder ein.
    Als Nächste stand eine Oberschülerin mit brünett gefärbtem Haar vor ihm.
    »Würden Sie bitte Für Mai-chan schreiben?«
    »Mit welchen Kanji?«
    »Hiragana, bitte.«
    Er setzte zum Schreiben an, als in seinem Kopf alles wie ausgelöscht war. Er hatte vergessen, wie man die Silbe ma () schrieb. In dem Moment erstarrte sein Körper.
    »Herr Direktor, was haben Sie denn auf einmal?«, sagte Miyuki mit besorgter Stimme und sah ihm über die Schulter.
    »Ich weiß nicht mehr, wie man ma schreibt.«
    Weil die Oberschülerin dachte, er mache einen Scherz, fing sie an zu kichern. Miyuki schrieb mit blass gewordenem Gesicht auf ihre Handflächeund zeigte es ihm.
    Während er den Namen in das Buch schrieb, empfand er in sich eine merkwürdige Leere. So als ob ein Teil seines Gehirns von einer Lähmung befallen sei.
    »Verzeihen Sie bitte, von nun ab wird Herr Anpo nur noch mit seinem Namen, ohne Zusatz, signieren«, teilte Miyuki dem Ladenangestellten mit. Der gab die Anweisung an die wartenden Kunden weiter.
    Bis zum Ende schrieb Takaaki seinen Namen nur noch mechanisch auf die ihm dargebotenen Bücher. Seine Signatur war so flüchtig geschrieben, dass man sie nicht entziffern konnte.
    Da er sich nun auf die reine Schreibtätigkeit konzentrieren konnte, war die Signierstunde fünfzehn Minuten früher zu Ende als geplant.
     
    Während sie auf dem Rückweg zur Firma im Wagen saßen, nahm Miyuki ihren ganzen Mut zusammen und sagte: »Herr Direktor, ich glaube, Sie sollten doch mal einen Spezialisten aufsuchen.«

    »Jetzt fangen Sie schon wieder damit an. Ich habe nichts!«
    Lachend winkte Takaaki ab. Seit dem letzten Monat riet sie ihm ständig zu einem Arztbesuch.
    »Aber heute konnten Sie noch nicht einmal Hiragana schreiben.«
    »Das kann schon mal passieren. Es ist mir ja auch sofort wieder eingefallen.«
    »Dass Sie ein einfaches Silbenzeichen vergessen haben, ist an sich schon schlimm genug. Als Sie vor kurzem bei einem Seminar auf dem Podium standen, brachten Sie noch nicht mal die Begrüßung Guten Tag heraus. Sie sagten nur Ääh … und verfielen dann in Schweigen. Mir ist der kalte Angstschweiß ausgebrochen, als ich das sah.«
    »Eine Denkblockade hat doch jeder irgendwann einmal.«
    Mit einem Lachen wollte er die Sache abtun, doch Miyukis Miene blieb ernst.
    »Ja schon, aber in der Regel nur bei Namen von Personen. Aber Sie, und da entschuldigen Sie bitte meine Ausdrucksweise, sind seit einiger Zeit ziemlich komisch. Sie sehen eine Teetasse und fragen ›Wie nennt man das noch mal?‹. Oder Sie kauen einen Kaugummi und wollen wissen: ›Wie heißt das, was ich gerade im Mund habe?‹.«
    »Zugegeben, aber die Arbeit leidet darunter nicht. Wenn ich nicht mehr rechnen könnte, das wäre ein großes

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