Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu
bestimmt leichter. Den Blick auf die Anzeige mit den verbrauchten Kalorien geheftet, strampelte sie auf dem Heimtrainer, bis auf einmal die Schweißperlen auf den Boden tropften.
Am nächsten Tag fühlte sie sich entsetzlich. Erst um vier Uhr morgens hatte sie etwas Schlaf gefunden und war natürlich nicht ausgeruht. Nur ihr Körper war irgendwie wach, wohl wegen der nächtlichen Bewegung. Kaoru verfluchte ihre Nachlässigkeit. Der gesunde Menschenverstand hätte ihr das sagen können.
Ihr Körper verschwieg nichts. Die Schminke ließ sich auf die Haut nicht so gut auftragen wie sonst, und ihr Haar war schwer zu bändigen. Von Frau Yamamoto ließ sie sich nur ein einfaches Frühstück, bestehend aus Salat und Joghurt, zubereiten und nahm danach einige Vitaminpräparate zu sich. Ihr Mann und ihre Tochter waren schon lange aus dem Haus.
»Für Naos Lunchpaket morgen machen Sie bitte gebratene Hackfleischbällchen, Rollomelette, gekochten Brokkoli und
kleine Fruchttomaten. Tun Sie bitte so wie immer, als ob ich das gemacht hätte.«
»Sehr wohl, Madame.«
Das war eine kleine Lüge, um der Beziehung zu ihrer Tochter keinen Schaden zuzufügen. Auch die Stickereien auf der großen Tasche ihrer Tochter waren offiziell von ihr.
Sie stieg in den Mietwagen, der gekommen war, um sie abzuholen. Auf dem Beifahrersitz saß Kumi und daneben Mitsuyo Inaba, der Chef der Firma Inaba-Promotions. Das war eine kleine Produktionsgesellschaft für Künstler, von der sich die Hälfte der Belegschaft um Kaoru kümmerte.
»Gestern konnte ich nicht einschlafen und habe die halbe Nacht auf dem Heimtrainer verbracht«, klagte sie. Sie hatte zu dem zehn Jahre älteren Mitsuyo vollstes Vertrauen und konnte mit ihm über alles reden. Das Verhältnis zu ihm war fast schon inniger als das zu ihrem Mann.
»Schon wieder?« Mitsuyo machte große Augen. »Plagt dich etwas?« Mit besorgter Miene beugte er sich zu ihr.
»Ich habe schon wieder eine neue Falte unter den Augen.«
»Wo?« Er schaute ihr aufmerksam ins Gesicht. »Ich sehe nichts.«
»Hier.« Sie deutete mit dem Finger auf die Stelle.
»Ich bitte dich. Die muss man doch mit einem Mikroskop suchen, um sie zu entdecken. Das ist wirklich kein Grund zur Aufregung.«
Sie wusste, dass er sie trösten wollte, doch machten ihr seine Worte Mut. Eine Schauspielerin brauchte diese Art von Zuspruch von ihrer Umgebung, um bestehen zu können.
»Aber mein Make-up hält nicht richtig. Die Haut ist zu rau.«
Nach dieser Bemerkung schwieg Mitsuyo für eine Weile.
»Heute steht ein Interview mit Cosmopolitan auf dem Programm. Soll ich das absagen?«
»Geht das?«
»Kein Problem. Die sind ja schließlich auf uns zugekommen.«
Mitsuyo nahm sein Handy und rief das Magazin an. »Die Dreharbeiten zu der Serie dauern länger als geplant, und wir haben deshalb keine Zeit für das Interview«, log er. Manchmal musste man etwas zahlen, wenn man einen Aufnahmetermin absagte und dem Fotografen und Stylisten einen plötzlichen Verdienstausfall bescherte, doch Mitsuyo war in dieser Hinsicht standhaft. Kaoru plagten bei einer Absage auch keine Schuldgefühle. Wer zu allem ja sagte, wurde irgendwann ausgenutzt. Wenn ihr etwas nicht passte, ließ sie es durch Mitsuyo deutlich mitteilen.
Eine Schauspielerin mit labiler Psyche gab es nicht. Und wenn es tatsächlich mal eine gab, dann hatte sie in der Regel einen diabolischen Manager. Mitsuyo war ein Manager, gegen den man nichts sagen konnte.
»Dein Schlafmangel ist allerdings ein Problem. Wenn dein Rhythmus einmal aus dem Tritt gekommen ist, dann ist es nicht einfach, ihn wiederzufinden. Vielleicht solltest du es mal mit Beruhigungsmitteln versuchen?«
»Nein, keine Pillen!«
»Mach dir keine Sorgen. Es gibt auch leichte Medikamente ohne Suchtgefahr oder Nebenwirkungen. Das sollten wir so schnell wie möglich in den Griff kriegen. Du, Kumi-chan, fahr mal rasch zum nächsten Krankenhaus, und lass dir die entsprechenden Medikamente verschreiben. Sag einfach, du könntest nachts nicht schlafen.«
»Ich habe eine Freundin, die in derselben Band wie ich spielt und die als Krankenschwester in der Neurologie einer Klinik arbeitet. Sollen wir’s da mal versuchen?«, antwortete Kumi.
»Hervorragend. Dann erledige das bitte, ja?«
Mitsuyo ließ das Auto halten und die junge Kumi zur Klinik laufen. Kaoru fühlte sich einerseits etwas überrumpelt, andererseits war es ihr nicht unangenehm, selbst keine Entscheidung treffen zu müssen. Ihre Umgebung nahm ihr
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