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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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einzigen Sohnes Gesalich. Er versprach sogar, mich zu heiraten. Aber dann beugte er sich dem Druck Theoderichs und nahm dessen Tochter. Die war auf mich eifersüchtig und wollte mich töten. Ich floh ins Reich der Burgunder. In Vienne warf ich mich dem Avitus zu Füßen. Er schützte mich vor den Goten, gab mich als Witwe eines Aristokraten aus und versteckte mich in dem Kloster bei Genf. Seitdem lebte ich von seiner Gnade und musste tun, was er mir befahl. So kam ich hierher.«
    »Du warst also vorher am Hof des Syagrius …«
    »Das war ein noch größeres Unglück! Alarich war wenigstens jung. Er dagegen …«
    »Wie?«, rief Chlodwig. »Du hast auch mit dem …?«
    »Kann eine hilflose Frau sich wehren, wenn ihre Schönheit einen Mächtigen anzieht? Ja, ich musste auch diesem Scheusal zu Willen sein, diesem alten, fetten Wüstling. Zuvor hatte er meinen Ehemann umbringen lassen, einen edlen Römer, den ich sehr liebte. Er hieß Ogulnius, war Gesandter des Kaisers Julius Nepos, ich war mit ihm aus Italien gekommen. Syagrius behauptete, Ogulnius trachte ihm nach dem Leben, und stiftete einen Franken, der mir ebenfalls nachstellte, zu diesem Mord an. Der Franke erstach meinen Gatten, doch Syagrius betrog ihn. Statt des versprochenen Lohns, nämlich mich, hängte er ihm Sklavenketten an. Später verhalf er ihm aber zur Flucht. Das erzählte mir Titia, seine Frau, die er dann in Paris vergiften ließ.«
    Chlodwig hatte zuletzt mit gespannter Aufmerksamkeit zugehört.
    »Er selber, sagst du, verhalf diesem Franken zur Flucht?«
    »Ja. Denn er versah ihn mit einem Auftrag.«
    »Welchem?«
    »Dich zu ermorden.«
    »Du sprichst von Baddo!«, rief Chlodwig.
    »Ja«, sagte Scylla verächtlich. »Von diesem einäugigen Unhold, der nur hassen kann. Du siehst, auch er gehört zu meiner Geschichte. Und ich kann dir die Wahrheit über ihn nicht mehr ersparen.«
    »Die kenne ich schon. Nur ahnte ich nicht, dass du diese Frau bist, von der er mir so viel erzählt hat.«
    »Lügen natürlich!«
    »Aber du heißt nicht Donata. Er sprach von … von …«
    »Scylla. Das ist mein richtiger Name. Avitus empfahl mir, ihn zu ändern, und dabei blieb es bis heute. Mein Vater war ein griechischer Fürst und kaiserlicher General.«
    »Baddo sprach von der Tochter eines Schiffskapitäns.«
    »Natürlich suchte er mich herabzusetzen. Er verfolgte mich, er lauerte mir auf. Mehrmals entkam ich ihm nur mit letzter Not. Im Prozess sagte ich gegen ihn aus, der Wahrheit gemäß, und das gab den Ausschlag für das Urteil. Natürlich ahnte ich nicht, was Syagrius vorhatte – weder mit mir noch mit ihm. Von dem Auftrag, dich zu ermorden, erfuhr ich auch erst auf unserer Flucht nach Paris, als ich mit Titia, der Frau des Syagrius, die Carruca teilte. Ich kenne eure fränkischen Bräuche nicht, aber es muss da eine alte Geschichte gegeben haben, irgendetwas mit Blutrache. Syagrius hatte jedenfalls in Erfahrung gebracht, dass Baddo dir mal den Tod geschworen hatte. Also ließ er ihn heimlich befreien, damit er dich umbrachte. Syagrius hatte furchtbare Angst vor dir.«
    »So war das also«, murmelte Chlodwig.
    »Ja. Baddo hat es ja dann nicht getan. Er wurde bei dir ein großer Heerführer. Aber ich habe ihn kennengelernt und bin nicht sicher, ob du ihm trauen kannst. Wenn ich das alles am Abend vor der Schlacht nur geahnt hätte … ich wäre wohl zu dir gekommen, um dich vor ihm zu warnen.«
    »Am Abend vor der Schlacht?«
    »Als du Syagrius herausfordertest. Als ich mich hoffnungslos in dich verliebte. Niemals hatte ich einen so herrlichen jungen Helden gesehen! Wie du vor ihm standst, hoch vor ihm aufragend, mit flammenden Blicken, die Faust an der Streitaxt. Ich war hingerissen. Diesen Anblick vergesse ich nicht, er hat sich mir unauslöschlich eingeprägt. Ach, warum habe ich damals gezögert! Ich hätte dir gleich in die Arme stürzen und dir in dein Feldlager folgen sollen. Wie viel Unglück hätte ich mir erspart, wie viel Glück hätte ich gewonnen! Aber ich brachte dazu nicht den Mut auf. Und so musste ich dafür büßen: mit Flucht, Verfolgung, Demütigung, Beraubung, mit einem Leben voller Gefahren und Niederlagen. Und so viele Jahre mussten vergehen, bis das Schicksal uns doch noch zusammenführte. Vierzehn endlose Jahre, in denen wir älter wurden …«
    Immer wieder warf sie die Arme um seinen Hals, bedeckte die Narben und Furchen seines Gesichts mit ihren Küssen. Sie spielte ihm die Ertrinkende vor, die sich an einen starken

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