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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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drei. Aber Chlodwig beharrte darauf, dass auch ihm, dem Sohn der Verstoßenen, ein Reichsanteil zukomme, als dem Ältesten sogar der größte.
    Chlotilde zitterte bei dem Gedanken, dass ihr Gemahl schon jetzt an einer seiner Krankheiten oder Verwundungen stürbe. Würde Theuderich dann nicht das Ganze an sich reißen – mit nicht auszudenkenden Folgen für ihre Kinder?
    Auch Scylla dachte jetzt wieder öfter an ihren Sohn, den sie manchmal schon fast vergessen hatte. Gesalich, der am Gotenhof in Toulouse lebte, musste jetzt zehn Jahre alt sein. Soviel sie von Reisenden hörte, war er noch immer der einzige Sohn und Erbe des Königs Alarich. Allerdings hieß es zuletzt, die Königin Thiudigotho sei schwanger.
    Seit es Scylla gelungen war, Chlodwigs Geliebte zu werden, hatte sie vorsichtig angefangen, sich wieder ein Bild ihrer Zukunft zu malen. Darin trat Gesalich jetzt immer deutlicher als eine Hauptfigur hervor. Lagen solche Gedanken nicht nahe? Wie oft hatte sie Chlodwig sagen hören: »Wenn Gundobad erledigt ist, kommt irgendwann auch Alarich dran, dieser Schlappschwanz, dieser Feigling, dieser Mehlsack! Er ist der Nächste, den ich fertigmache!« Das hatte angenehm in ihren Ohren geklungen. Das war ja ihre Hoffnung gewesen. Nun hatte er Gundobad nicht »erledigt«. Aber was hinderte ihn daran, Alarich trotzdem »fertigzumachen«? Und brauchten die Goten dann nicht einen Herrscher, der ein Königsspross, aber dem Sieger gegenüber loyal war? Und wäre es dann nicht das Beste, den minderjährigen König Gesalich unter eine dem Frankenkönig treue Regentschaft zu stellen – die seiner Mutter?
    Vorerst waren das Träume. Nichts deutete darauf hin, dass sie in absehbarer Zeit Wirklichkeit werden könnten. Doch seit Scylla durch ihr kühnes Geständnis aus halben Wahrheiten und ganzen Lügen den König vollkommen für sich eingenommen hatte, war sie von Zuversicht erfüllt.
    Ihre Stellung entsprach durchaus der einer Nebenfrau, sie fühlte sich anerkannt. Der König besuchte sie mindestens zweimal im Monat. Die Geschenke, die er mitbrachte, hatten jedes Mal den Wert eines Vermögens. Um ihr die Angst vor dem geisterhaften Rächer zu nehmen, waren zwei Hundertschaften nach Pinetum verlegt worden, die das Gut mit den frommen Frauen wie eine königliche Festung bewachten. Längst wurden hier nur noch ganz Große und Mächtige empfangen.
    Eines Tages – es war im August – erschien Chlodwig in Pinetum und sagte gleich bei seiner Ankunft: »Nur für eine Nacht. Ich muss morgen früh fort.«
    »Wohin?«, fragte Scylla.
    »Nach Auxerre.«
    »Auxerre? Aber das liegt doch im Burgunderreich!«
    »Richtig. Gleich hinter der Grenze.«
    »Wie? Fängst du doch wieder mit denen Krieg an?«
    »Im Gegenteil. Ich reise dorthin, um einen lieben Freund zu umarmen. Einen sehr lieben Freund!«
    »Und wer soll das sein?«
    »König Gundobad.«
    Er lachte schallend, als er ihre entgeisterte Miene sah.
    »Die Sache geht von Avitus aus«, erklärte er später. »Der rührt schon wieder in allen Töpfen. Im Frühjahr hat Gundobad sämtliche römische Bischöfe kaltgemacht, die waren ja alle mit Godegisel. Nur er kam davon … der Teufel weiß, wie er das angestellt hat, der Schlauberger! Chlotilde sagt, Gundobad hat ihn verschont wegen seiner Heiligkeit. Nicht sehr wahrscheinlich! Ich glaube, Remigius kommt der Sache näher. Avitus hat Einfluss auf seinen Sohn, sagt er, soll auch mal dessen Erzieher gewesen sein. Sigismund ist jetzt Unterkönig in Genf. Vermutlich hat er seinem Alten gesagt: ›Hände weg von meinem Avitus!‹ Jedenfalls scheint mir Sigismund ebenfalls hinter der Sache zu stecken, er wird auch in Auxerre dabei sein.« 
    »Hast du die Einladung über Remigius erhalten?«
    »Avitus hat bei ihm angefragt, und Remigius hat erst einmal bei mir vorgefühlt. Der Anlass zum Kriege leider ein Irrtum … Avitus nun fest überzeugt, dass Gundobad unschuldig ist … kein Grund mehr zur Feindschaft … Sigismund sogar geneigt, zur römischen Kirche überzutreten …«
    »Diese Heuchler!«, sagte Scylla verächtlich. »Wahrscheinlich wollen sie etwas von dir.«
    »Bestimmt. Und zwar die Festung Avignon, die ich im vorigen Jahr vergebens belagert habe.«
    »Wie? Aber die haben sie doch.«
    »Nicht mehr. Die Westgoten haben sie ihnen abgenommen. Haben sich damit selbst belohnt für die Waffenhilfe gegen Godegisel.«
    »Heißt das etwa«, fragte Scylla mit einer raschen, freudigen Geste, »sie wollen mit dir, um Avignon

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