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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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und so wurde ihm aus der Bedrängnis geholfen.«
    »Ha!«, rief Sigibert. »Noch eine Lüge! Ich weiß Bescheid! So habt ihr es hinterher gedreht. Angeblich war es euer Gott. Und diesmal war er es wohl wieder?«
    »Lass doch, Vater!« Chloderich, ein fuchsgesichtiger junger Mann mit schütterem Bart, suchte ihn zu beschwichtigen. »Wozu den alten Streit wieder aufwärmen? Wir haben uns doch gerade geeinigt …«
    »Er soll nicht behaupten, dass er die Alamannen allein verjagt hat!«, beharrte Sigibert.
    »Dein Verstand ist ebenso lahm wie dein Bein!«, fuhr Chlodwig ihn an. »Du hast wohl alles vergessen, wie? Jedes Mal, wenn sie anrückten, hast du um Hilfe geschrien – vor zehn Jahren und dieses Jahr wieder! Damals bei Zülpich hatten sie dir nicht nur die Knochen zerschlagen. Ihr hättet euch ohne mich davon nicht wieder erholt. Ich wollte von euch keinen Dank, nur eines: Du solltest sie künftig niederhalten. Das hattest du auch geschworen. Aber was sind deine Schwüre wert? Einen Hühnerfurz! Verschlafen hast du im Frühjahr den Aufstand, und ich hatte bei Straßburg die ganze Arbeit – und die Verluste. Aber dafür werdet ihr mir im nächsten Jahr Schwertfutter liefern. Mindestens sechstausend Mann!«
    »Sechstausend?«, schrie Sigibert. »Bist du übergeschnappt? Davon war niemals die Rede! Höchstens …«
    »Lass doch, Vater, beruhige dich!«, versuchte es Chloderich wieder. »Darüber wird noch verhandelt.«
    »Darüber gibt es nichts mehr zu verhandeln!«, fuhr Chlodwig ihn an. »Wärt ihr nicht wieder zu spät gekommen, hätte ich einige tausend Gefangene gemacht. Damit hätte ich meine Verluste ausgeglichen. So entwischten die mir, und ich musste sie bis nach Raetien verfolgen. Dort aber herrscht mein Schwager Theoderich, und der hat sie gleich liebevoll umarmt und beschützt. Wie er es ihnen vorher versprochen hatte … durch seine geheimen Botschafter!«
    Chlodwig sah mit düsterem Vorwurf zu Lanthild hinüber, die immer noch steif in ihrem Armstuhl saß. Ein kurzer, glühender Blick voll unterdrückten Hasses traf ihn. Dann starrte sie wieder vor sich hin.
    »Es ist abscheulich«, sagte die Königin Chlotilde, an Leonidas, den kaiserlichen Gesandten, gewandt, »wie diese armen Barbaren von Theoderich und seinen Helfershelfern missbraucht wurden. Erst hetzt er sie gegen uns, und nachdem sie nun endgültig ihre alten Stammesgebiete verloren haben, bietet er ihnen großzügig Asyl. Zu welchem Zweck? Um sie wieder nur in einen Krieg zu hetzen. In Dalmatien gegen den Kaiser.«
    »Ich stimme dir zu, Herrin«, sagte der schöne Gesandte mit einem anmutigen Neigen des Kopfes. »Theoderich handelt unverantwortlich. Wie er es immer tat, muss ich hinzufügen. Die neue Macht ist ihm zu Kopf gestiegen, er vergisst die Hand, die ihn mal gefüttert hat. Und er beißt nun sogar hinein. Zum Glück haben wir eine Antwort auf seine Herausforderungen gefunden. Wir sprechen endlich eine gemeinsame Sprache.«
    »Weil wir einen gemeinsamen Glauben haben«, sagte Chlotilde und lächelte mild in die kleine Runde ihrer Zuhörer, zu der auch der burgundische König und die beiden Metropoliten gehörten. »Wie schön, dass nun auch mein Vetter Sigismund zu uns gehört. Gewiss ist es nur noch eine Frage der Zeit, dass auch mein Onkel Gundobad seinen alten Irrtümern abschwört.«
    König Sigismund, ein schmaler, dunkelhaariger Mann, lächelte skeptisch.
    »Ich fürchte, liebe Cousine, dazu wird ihn niemand bringen. Nicht einmal unser burgundischer Heiliger.«
    »Keine Sorge, ich schaffe es noch, ich rette dem Himmel seine Seele!«, dröhnte Avitus, und seine inzwischen ergraute, himmelwärts strebende Mähne schien diese Zuversicht zu bestätigen. »Noch sträubt er sich, aber ich habe schon sämtliche Propheten und Apostel gegen seinen verfluchten Arius in Stellung gebracht. Ich werde ihn mit ihren Argumenten zerschmettern!«
    »Mein geschätzter Amtsbruder wäre zweifellos auch ein guter Katapultschütze geworden«, bemerkte Remigius mit schelmischem Lächeln.
    Man belachte den Scherz. Lautes Gesumm erfüllte die Halle. Die vierhundert Gäste unterhielten sich lebhaft. In einer Ecke prügelten sich die königlichen Knaben Chlodomer und Childebert.
    Scylla-Donata stand im vertraulichen Gespräch mit Bobo, Jullus Sabaudus und einigen fränkischen Herren beisammen. Dem aufmerksamen Beobachter wäre aufgefallen, dass sie von Zeit zu Zeit verstohlene Blicke mit dem kaiserlichen Gesandten tauschte, der noch immer im Gespräch

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