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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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übermütig vom Heck zum Bug und zurück, spielten Fangen um den Hauptmast, drängten sich um den Steuermann, um für kurze Zeit das Ruder halten zu dürfen.
    Die beiden betagten heiligen Bischöfe waren ebenfalls noch unter den späten Gästen des Byzantiners. Etwas abseits von der Gruppe der Königin saßen sie auf Klappstühlen an der Reling. Wenn der Sklave mit der Weinkanne vorüberkam, hielten sie immer mal wieder ihre Becher hin. Auch sie waren in gehobener Stimmung.
    Sie hatten ein Thema gefunden, das sie ungemein fesselte. Die Einfälle flogen ihnen nur so zu.
    »Was hältst du davon, Remi?«, sagte Avitus. »Das Heer der Franken erreicht die Loire … und da geschieht schon das erste Wunder. Plötzlich erscheint unser Herr Jesus Christus mitten auf dem Fluss, schreitet über das Wasser und winkt. Folget mir nach! Folget mir nach! Nun? Wie findest du das?«
    »Nicht übel, Avo«, meinte Remigius. »Aber recht schwierig. Dazu müsste man ein Floß bauen und so verankern, dass es knapp unter Wasser liegt, damit sich Jesus darauf sicher bewegen kann. Aber wie soll er auftreten und verschwinden?«
    »Na, er schwimmt hin und taucht wieder ab. Er muss natürlich ein guter Schwimmer und Taucher sein.«
    »Trotzdem. Das ginge nur, wenn das Licht sehr schwach ist. In der Dämmerung, morgens oder abends. Am helllichten Tage ist es unmöglich. Außerdem wüssten zu viele Bescheid.«
    »Ein Wunder gelingt nun mal nicht ohne Helfer.«
    »Ich denke eher an stumme Helfer.«
    »Wie? An stumme?«
    »An Tiere. Ein Tier, von Gottes Geist inspiriert, führt das Frankenheer sicher durch den Fluss.«
    »Durch den Fluss? Du meinst so etwas wie bei der Flucht aus Aegypten? Ausgezeichnet! Die Wasser teilen sich, bilden eine Gasse, und die Gerechten schreiten hindurch.«
    »Die Wasser teilen sich nicht! Wie willst du das machen? Eine normale Furt genügt.«
    »Aber das Tier …?«
    »Ein Hirsch vielleicht.«
    »Der lässt sich doch nicht dressieren.«
    »Tiere haben Gewohnheiten. Zum Beispiel von einem Ufer zum andern zu wechseln. Natürlich durch eine Furt. Die Loire ist zu breit und tief, da gibt es wohl keine. Aber ich denke an die Vienne, die auch überquert werden muss. Man wird eine solche Furt finden und ein Tier dazu, das dort wechselt. Das könnten unsere Mönche tun, die Faulpelze haben doch Zeit. Und dann muss man die Vorhut geschickt dorthin lenken, damit die Ersten sehen, wie ihnen der Hirsch auf Gottes Befehl den Weg zeigt. Das ist doch nicht schlecht, wie?«
    Der kleine Bischof lächelte pfiffig.
    »Ich weiß nicht, Remi.« Avitus seufzte und legte seine prächtige Stirn in Falten. »Ist das besonders eindrucksvoll? Könnte es nicht wie ein Zufall aussehen? Ja, wenn der Hirsch eine Aureole bekäme …«
    »Eine Aureole! Dass du immer gleich Unmögliches willst! Deshalb gelingt dir ja auch nichts mehr. Schon lange hört man nichts mehr von Wundern, die du vollbracht hast.«
    »Wart’s ab! Du wirst schon bald wieder etwas hören. Ich meine nur, dass zur Eröffnung eines Krieges gegen die Abtrünnigen als Zeichen Gottes etwas Überwältigendes passieren müsste.«
    »Und was könntest du dir vorstellen … außer dem über das Wasser wandelnden Jesus?«
    »Zum Beispiel einen gewaltigen Lichtschein am Nachthimmel, der von einer Kirche ausgeht.«
    »Du willst doch nicht etwa eine Kirche in Brand setzen?«
    »Du nimmst meine Angebote nicht ernst!«
    Avitus schlug scherzhaft nach seinem Amtsbruder, und sie ließen sich, da der Sklave mit der Kanne vorbeikam, noch einmal die Becher füllen.
    »Oh doch, die Idee ist sogar ganz brauchbar, Avo«, sagte Remigius, der kurz nachgedacht hatte. »Es könnte ja hinter der Kirche brennen! Der Brand muss natürlich im richtigen Winkel zum Betrachter, also zum Frankenheer, angelegt werden, damit die Täuschung vollkommen ist. Und natürlich in großer Entfernung. Schon damit man den Rauch nicht riecht.«
    »Siehst du, es geht!«
    »Ich werde das mit den Bischöfen drüben in Gothia besprechen, bei unserer nächsten geheimen Zusammenkunft. Diejenigen, die es angehen könnte, sollen sich schon mal darauf vorbereiten.«
    »Die sollten Messen für unsere Seligkeit lesen, weil wir ihnen unsere besten Einfälle überlassen«, sagte Avitus unzufrieden. »Ich hoffe, die steuern auch Eigenes bei, wenn die Befreiungsheere nahen. Wenigstens ein einziges Wunder! Wir können ihnen ja nicht alles abnehmen.«
    »Du wirst es kaum glauben«, sagte Remigius, »aber sie sind schon emsig dabei. Es wird

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