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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Hand auf die Tischplatte schlug. »Weg mit euch! Macht, dass ihr fortkommt!«
    Auch sie beeilten sich zu verschwinden, bevor der Befehl widerrufen wurde. Manchmal holte er noch Würfel aus den Taschen seiner Mäntel und Pelze, oder er ließ ein Brettspiel bringen. Wer dann festgehalten wurde, um mit ihm zu spielen, der musste darauf gefasst sein, vor dem Morgengrauen nicht entlassen zu werden.
    Da er fast ständig von Schmerzen geplagt war, schlief er nur in den kurzen Zwischenzeiten der Linderung, gewöhnlich am Tage. Entließ er die Tischgenossen und blieb nachts allein, erhob er sich irgendwann und begab sich auf eine Wanderung durch die Gänge und leeren Hallen und treppab in die unterirdischen Gewölbe. Dann erschraken die Wachen, wenn sie plötzlich im Fackelschein den hohen, langen, gekrümmten Schatten des Königs an einer der Wände auftauchen und wieder verschwinden sahen. Und manche schworen am nächsten Morgen, sie hätten dabei kein Geräusch gehört.

Kapitel 21
    In dieser Novembernacht hielt er niemanden auf und erschreckte auch keinen durch seine gespenstische Erscheinung.
    Er blieb allein in der Halle sitzen und wartete auf den Morgen. Die beiden Knechte, die ihn bedienten, drückten sich an der Tür herum. Er gab ihnen ein Zeichen, dass er sie nicht mehr benötigte.
    Die Kohlen in den Becken verglommen, die Kerzen in den Kandelabern verloschen. Durch die schmalen Fensteröffnungen wirbelte Schnee herein, der dichter wurde. 
    Chlodwig saß reglos in seinem Armstuhl am Tisch. Von Zeit zu Zeit stöhnte er, und einige Male schrie er, wenn ihn die Schmerzen in der Brust und im Unterleib zu sehr plagten. Dann wieder lachte er plötzlich auf, als erinnerte er sich an etwas sehr Heiteres. Danach schüttelte ihn jedes Mal wieder der Husten.
    Als es dämmerte, erhob er sich endlich. Langsam, Schritt für Schritt schob er sich durch die Halle. Er wankte eine Treppe hinunter und rief, man solle ihm sein Pferd bringen.
    Zwei Männer von der Wache stürzten herbei. Einer fragte, ob der König tatsächlich die Absicht habe, jetzt auszureiten, im Schneegestöber. Ein Blick scheuchte ihn davon.
    Kurz darauf wurde das Pferd vorgeführt, eine alte Stute, die nur noch im Schritt ging. Knechte hoben Chlodwig hinauf und begleiteten ihn zu der nördlichen der beiden Brücken. Einer führte die Stute hinüber, die beiden anderen stützten den König auf dem Weg über die tückischen, mit Schnee überzogenen, teilweise schadhaften Bretter. Am Ufer setzten sie ihn erneut auf das Pferd, und er befahl, ihn nun allein zu lassen. Verwundert sahen sie ihn davonreiten.
    Inzwischen war eine berittene Hundertschaft der Palastwache aus dem Quartier geholt und dem König nachgeschickt worden. Sie überquerte die Brücke und traf auf die Knechte.
    Der Hundertschaftsführer erfuhr von der seltsamen Laune des Königs, ganz ohne Gefolge zu reiten. Er beschloss, dies zu respektieren, sah sich aber für die Sicherheit des Herrschers verantwortlich. In einigem Abstand folgte er mit seinem Trupp dem einsamen Reiter. Anfangs konnten sie den König noch deutlich erkennen. Dann aber verschwand er immer wieder im Schneegestöber. 
    Er folgte der geraden Straße in der Verlängerung der Brücke, vorbei an dem steilen Hügel, der sich links im Norden der Stadt erhob. Der Hundertschaftsführer glaubte sicher zu sein, dass er zu einem vier Meilen entfernten Jagdhaus wollte. Welches andere Ziel konnte er sich ohne Gefolge, allein und schutzlos zumuten? 
    So war es noch nicht besorgniserregend, als er nach einer Weile hinter dem Schneevorhang vollkommen unsichtbar wurde. Der berittene Wachtrupp behielt sein gemächliches Tempo bei.
    Allmählich wurde es heller Tag, und die Sonne kam durch. Das Schneetreiben hörte plötzlich auf, und die Männer hatten jetzt gute Sicht. 
    Aber da war die Straße vor ihnen leer, und nun bemerkten sie erst, dass sie die Spur des einzelnen Reiters im Schnee verloren hatten. König Chlodwig war verschwunden.
    Er hatte freilich nur einen Seitenweg eingeschlagen, dies aber gerade in einem Augenblick, als das Schneetreiben am dichtesten war. Da hatte er unter den Bäumen eine Bewegung wahrgenommen, auf die er anscheinend gewartet hatte. Denn gleich lenkte er die brave alte Stute dorthin, auf jenen Seitenweg nämlich, und ritt tiefer hinein in den Wald.
    Zu seiner Genugtuung bemerkte er, dass die Bewegung sich fortsetzte, im Unterholz, in gleicher Höhe mit der seinigen. Er sah Schnee von den berührten Zweigen rieseln und

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