Die Messermacher (German Edition)
„Ich war gestern einkaufen in unserem kleinen Supermarkt und unsere liebe Frau Tischler, die ja in der unmittelbaren Nachbarschaft der Angerers wohnt, wusste bereits Bescheid und hat es natürlich jedem erzählt.“
„Besser als jede Tageszeitung, was?“, warf der Hallenwart ein, der auch vieles mitbekam, weil er oft im Vereinsheim weilte.
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„Seit wann schminkst du dich, wenn du zur Arbeit kommst?“, fragte Jakob seine aufgedonnerte Tochter, die nur sehr widerwillig ihr Haar gebändigt hatte. Immerhin musste sie noch zwei Stunden arbeiten, bis dieser Herr Kiss endlich kommen würde.
„Ich hab gleich nach der Arbeit noch was vor. Ich geh direkt von hier aus zu einem Vortrag. Aber eigentlich geht es dich gar nichts an, wann und warum ich mich schön mache, stimmt`s, liebster Papa?“, fragte sie zwar schnippisch, jedoch mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. Sie wollte ihren armen Vater in diesen schwierigen Zeiten nicht auch noch verstimmen und eigentlich ärgerte sie sich ja über sich selbst, weil sie sich nur für diesen jungen Polizisten so in Schale geworfen hatte. Aber das brauchte ja niemand zu wissen.
Also versuchte sie sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Heute musste ein neuer Auftrag begonnen werden: Eine Firma hatte 20 Steckangelmesser mit besonderer Klingenmaserung und Griffen aus verschiedenen Edelhölzern bestellt. Felix musste die Klingenformen auf dem Stahl anzeichnen und sie durfte dann entlang der Linien kleine Löcher bohren, wodurch sich dann die Klingenform leichter aussägen ließ. Damit würden sie sicher die nächsten zwei Stunden zu tun haben und sie musste nur aufpassen, dass sie die Löcher auch exakt nebeneinander setzte. Wenn man mit den Gedanken bei einem blonden Wuschelkopf und bernsteinfarbenen Augen weilte, musste man höllisch aufpassen, keinen Fehler zu machen. Immer wieder maßregelte sich die junge Dame selbst und ermahnte sich, nicht an diesen Typen zu denken. Was wollte sie eigentlich mit einem Polizisten?
Ihr Opa wusste noch gar nichts davon, dass er heute befragt werden sollte, er war gestern nicht mehr ans Telefon gegangen. Natürlich hatten sie sich Sorgen gemacht und Jakob war zu seinem Vater gefahren, hatte diesen aber friedlich schnarchend vorgefunden. Anscheinend hatte er eine von Adeles Schlaftabletten genommen. Auch heute früh um sieben wollte Nora ihren Opa noch nicht wecken, aber jetzt war es bereits acht und wenn er noch frühstücken und sich auf das kommende wichtige Gespräch mental vorbereiten wollte, musste sie das jetzt doch tun. Diese Meinung teilte auch der Rest der Familie, nur Marianne war selbstverständlich noch nicht da.
Also weckte Nora ihren Opa und sie wunderte sich über sich selbst, da sie dabei ungewöhnlich starkes Herzklopfen hatte. Die Ereignisse der letzten Tage saßen ihr also immer noch in den Knochen und sie hatte einfach Angst, auch ihr Opa könnte tot im Bett liegen. Wie glücklich war sie, als er verschlafen die Augen öffnete und sie mit einer Geste an sein Bett lockte! Freudestrahlend ließ sie sich auf der Bettkante nieder und umarmte ihren geliebten Opa stürmisch.
„Aufstehen, du olle Schlafmütze! Du hast doch gleich einen wichtigen Termin. Der Kiss von der Kripo kommt um neun“, sprudelte sie hervor, doch Reno war noch gar nicht richtig wach.
„Wer kommt? Jemand von der Gruppe Kiss? Was hab ich denn mit ner Rockband zu tun?“, murmelte er schwach und grunzte dann noch: „Schei … Schlaftabletten.“
„Hauptsache, du konntest mal ruhig und tief schlafen. Komm jetzt, ein Herr Kiss – der heißt wirklich so – von der Kriminalpolizei will dich um neun kurz zu dem Tod von Oma befragen. Du weißt doch noch, was du sagen sollst?“, fragte Nora bange, denn wenn ihr Opa nicht bald richtig wach wurde, konnte das mit der zurechtgerückten Geschichte vielleicht in die Hose gehen.
„Ich mach dir schnell nen starken Kaffee. Dann kommst du schneller in die Gänge, o.k.?“, fragte das Mädchen, doch sie wartete eine Antwort gar nicht ab und sauste hinunter in die Küche. Im Vorbeifliegen an der Werkstatttüre rief sie noch hinein: „Ihr wollt doch sicher auch einen Kaffee?“ Doch auch diese Antwort wusste sie bereits und so verschwand sie mit wehenden Zöpfen in der Küche. Während sie nacheinander die Kaffeewünsche aus der modernen Jura-Maschine raus ließ (Jakob wollte normalen Kaffee, Tobias einen doppelten Espresso, sie selbst liebte Cappuccino und Reno bekam heute
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