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Die metallenen Herscher

Die metallenen Herscher

Titel: Die metallenen Herscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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könnten das Lebewesen dadurch töten. Ich bin aber dafür, daß jemand, wenn sich die Röhre öffnet, mit schußbereiter Waffe davor sitzt. Dient das Wesen zur Kontaktaufnahme, haben wir unsere Revolution halb gewonnen – wenn nicht, profitieren wir von der Technik dieser Maschine hier. In der Technologie Sundyborgs gibt es nichts Ähnliches.«
    Sie verstanden, was er meinte.
    »Ich gehe morgen früh zu dem registrierenden Komputer«, sagte Shenandoah. »Anschließend daran zu van Gossen. In der Zwischenzeit löst ihr bitte eure Wohnungen auf und verteilt das Gepäck auf die drei Schiffe.«
    Ivor deutete auf Treen und Sneeper.
    »Wir drei schaffen die Frachtkisten in die Ghoule, mein Schiff. Es wird knapp an der Zuladegrenze sein, aber wir schaffen es schon. Standplatz 010 100 in Binary Digit Port. Klar?«
    »Das bedeutet, daß Seay und ich die Empuse vollpacken werden.«
    Shenandoah umfaßte die Einrichtungen seines Wohnraumes mit einem Blick. Er wußte nicht, ob er der Wohnung nachtrauern sollte oder froh sein konnte, sie aufgeben zu müssen. Er wandte sich an Rodrigo.
    »Bringst du die Sachen deiner Wohnung in dein Schiffchen?«
    »Ja. Was machen wir mit Ensheela?«
    »Ich miete uns ein Apartment in einem Bürotel«, versprach Shenandoah. »Sie wird dort auch schlafen und wohnen können. Einverstanden, Mädchen?«
    »Mit einem Südfenster«, sagte sie. »Wegen der gesunden Bräune.«
    »Selbstverständlich ...« Shenandoah grinste und legte seinen Zeigefinger auf ihre Nasenspitze.
    »Morgen abend auf Ivors Grundstück?«
    Sie verabschiedeten sich in großer Eile voneinander.
    »Morgen abend!«
    Jeder, der den Raum verließ, warf einen fast scheuen Blick auf die Kugel. Von ihr ging ein eisiger Luftstrom aus und etwas, das sich nicht definieren ließ. Etwas wie der Geruch von Gefahren. Im Innern tickte und summte es bedrohlich. Niemand konnte ahnen, was nach Ablauf der zehn Stunden geschehen würde.
     
    *
     
    Seine Gedanken waren sehr lebendig, aber sein Gesicht wirkte unbewegt.
    Irgendwann in der langen Geschichte hatten die Sundyborg einen verhängnisvollen Fehler gemacht. Sie hatten das rechte Verhältnis zum Phänomen des elektronischen Rechners verloren. Daher herrschte jetzt eine museale Ideologie, deren Hauptmerkmale fortschrittshemmendes Beharrungsvermögen auf einmal als richtig erkannte Wertungen war, zum anderen blindes Vertrauen auf die allgemeingültige und ewig wertvolle Aussage eines wohlprogrammierten Komputers. Alles wurde errechnet, nichts improvisiert. Die Ideen und die Bedürfnisse der Menschen konnten sich ändern – nicht geändert wurden Gesetze, Verordnungen oder moralische Regeln; sie mochten vor einem Jahrtausend zwingende Notwendigkeit gewesen sein ... jetzt waren sie überholt.
    Crooks Shenandoah hielt seinen zerbeulten Turbinengleiter in der Nähe des Gebäudes an, lehnte sich zurück und riß die Verpackung eines lindgrünen Würfels auf. Theobrominkonzentrat verband sich mit dem Speichel seiner Mundhöhle. Crooks betrachtete den Bau – oder vielmehr die Anhäufung von Bauteilen –, der vor ihm lag.
    Improvisation stand in krassem Gegensatz zur zweiwertigen Logik von Rechenmaschinen. Sie war daher komputerfeindlich. Menschen, die einem Komputer widersprachen, die eine Komputerentscheidung ignorierten, fielen auf, als würden sie Flügel tragen. Ab einer gewissen Grenze, unterhalb der freie Entscheidungen möglich waren und nicht kontrolliert wurden, entschied einzig und allein die Praktik des DOGMAS.
    Es herrschte Freiheit winzigster Schritte – Freiheit großer Schritte bedeutete Ächtung und Isolierung.
    Als Shenandoah den Gleiter verließ und auf dem breiten Plattenweg aus genau rechteckigen Elementen vorwärtsschritt, vertrat er fünf der Geächteten. Die würfelförmigen, mit hellgrauen Asbestbetonelementen verkleideten Bauten der einzelnen Stationen kennzeichneten die Monotonie der Bauwerke, deren Pläne von Komputern gemacht worden waren. Shenandoah ging weiter, zielbewußt und ziemlich schnell. Sein langer Schatten bewegte sich vor ihm; es war früher Morgen. In seinem Wohnraum würde jetzt der Fremde erwachen ...
    Eine Schranke aus weißen Lichtstrahlen hielt ihn auf.
    »Identifikation«, sagte eine blecherne Stimme.
    Er hielt seine Plakette vor das Fernauge des Komputers und wartete. Blitzschnell wurde seine Nummer notiert, sein Besuch mit genauester Zeitangabe. Die Schranke fiel, Shenandoah ging jetzt unter einer Pergola bis an die Schautafel.
    »Berufsanmeldung –

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