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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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ihrem Maul.
    Ich hätte mir denken können,
daß es etwas mit ihr zu tun hat, dachte er grimmig.
    Er sah, daß der Nebel aus
Teilchen, Atomen oder etwas Ähnlichem bestand, die in einem dünnen, kalten
Strom aus ihrem Maul flössen; ein schmaler weißer Bach mit einer Art
Eigenleben, der sich in eine Richtung bewegte, fort von ihr. Er merkte, daß er
in ihre Augen blickte, und wich von der Glaskugel zurück für den Fall, daß
diese Augen ihn sehen konnten. Sie waren kalt und dunkel und hatten die Farbe
von nassem Granit; so kalt und grau und dunkel wie das Meer im Winter. Es waren
keine Pupillen in diesen seltsamen Augen, und nun begannen sie unter seinen
Blicken zu glühen; zwei Ovale aus hartem, glänzendem Metall, dort, wo nur
Sanftheit und ein freundliches Braun hätten sein sollen.
    Als die Augen aufglühten,
änderte der Nebel seine Richtung und begann wieder in die Stute
zurückzuströmen. Pidge sah wie gebannt und mit einem Mal ganz ohne Angst zu.
    Plötzlich verschwand er völlig,
kein Fetzchen zeugte mehr von ihm. Die Stute wurde wieder lebendig und
schüttelte sich. Ihre Augen waren jetzt braun, aber die kleinen roten Flammen
glühten noch darin.
    Sie ging zur Stalltür und trat
in die Nacht hinaus. Sie hob ihren schönen Kopf und witterte die Nachtluft Dann
wandte sie sich suchend um und galoppierte über die Felder los: dorthin, wo
Mossie Flynn wohnte und wo das Glashaus stand.
    Es war trotz allem aufregend zu
sehen, wie wunderbar sie sich bewegte. Alles schien in Zeitlupe vor sich zu
gehen, und ihre Mähne und ihr Schweif wehten und wogten hinter ihr her, als
seien sie aus feinster Seide. Es war ein Bild schönster Bewegung. Wenn sie nur
nicht so seltsam wäre, wie würde ich sie mögen, dachte Pidge.
    Als sie sich dem Glashaus
näherte, fiel sie in Schritt und blieb stehen.
    Sie stand vollkommen reglos.
    Wieder schien etwas aus ihr
hervorzukommen, und bevor Pidge genau sehen konnte, was eigentlich geschehen
war, stand eine Frau neben der Stute.
    Sie war groß und blond und sehr
schön.
    Sie trug ein langes,
schleierartiges Kleid, das sie umwehte, wie wenn Schatten auf dem Gras spielen.
In der Hand hielt sie einen kleinen, glänzenden Gegenstand. Sie stieß ihn in
die Stute, und die Stute zitterte leicht Pidge wußte auf einmal, daß das
kleine, glänzende Ding zu der Stute gehörte und daß sie dadurch lebendig wurde.
Er wußte auch, daß die Stute von der Frau als eine Art Hülle benutzt worden war
und daß sie selbst an gar nichts schuld war.
    Armes Tier, dachte Pidge, als
die Stute wieder über die Felder zurückzutrotten begann. Sie war offensichtlich
erschöpft. Sie ließ den schönen Kopf hängen und hatte kaum noch die Kraft, ihre
Beine zu bewegen.
    Die Tür des Glashauses öffnete
sich und Melody Mondlicht und Breda Ekelschön stürzten heraus. Sie faßten mit
begierigen Händen nach der schönen Frau und riefen:
    «Komm! Komm! Laß dich ansehen!»
    Die drei betrachteten einander.
    «Wie schön du aussiehst», sagte
Breda Ekelschön.
    «Ausgezeichnet», murmelte
Melody Mondlicht.
    Etwas schien zwischen ihnen in
der Luft zu zittern.
    Gelächter!
    Sie kicherten und lachten und
schüttelten sich, als wollten sie in Stücke zerbersten.
    «Wundervoll!» keuchte Breda
Ekelschön schließlich.
    «Einfach toll!» stieß Melody
Mondlicht hervor.
    Da begriff Pidge, daß sie
lachten, weil ihnen Schönheit als der allergrößte Unsinn erschien.
    Die blonde Frau hörte plötzlich
zu lachen auf Ihre Umrisse verschwammen, und dann sah sie wie eine dürre,
grauhaarige, alte Hexe aus, deren Gesicht aus gelber Seife geschnitzt schien.
Ihre Nase war wie eine Walnuß, und aus den Nasenlöchern ragten lange, dicke
Haare wie die Fühler einer Garnele. Um ihren Mund stachelte ein Strahlenkranz
von festen weißen Borsten, die an eine Kaminkehrerbürste erinnerten. Sie hatte
mindestens fünfhundert Warzen — an einigen Stellen vier oder fünf übereinander.
Ihre Ohren standen spiralförmig vom Kopf ab wie zwei rosafarbene, fleischige
Korkenzieher, und die Ohrläppchen waren so groß wie Enteneier. Die Augenbrauen
waren zwei Büschel aus drahtigem rotem Haar. Ihre Augen waren purpurrot, und
ihre Lider wimpernlos. Die Zähne ragten ihr bis übers Kinn und waren so lang,
daß sie sich verhedderten, und sie sahen so grau aus wie die Finger eines
Toten. Ihre Hände waren tellergroß, schwarzgrün und grauschuppig, und ihre Füße
zweimal so groß wie Fleischplatten, dick und mit weißglänzenden, runzligen
Rändern. Ihre

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