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Die Meuterer der ›Bounty‹

Die Meuterer der ›Bounty‹

Titel: Die Meuterer der ›Bounty‹ Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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verbrochen!«
    Ein wüstes Geschrei übertönte die Stimme des Kapitäns,
    der darauf verzichten mußte, diese unerbittlichen Herzen
    zu rühren.
    Inzwischen war alles bereit gemacht worden, die Befehle
    Christians auszuführen.
    Da entstand noch eine lebhafte Unterhandlung zwischen
    dem zweiten Offizier und einigen der meuterischen Matro-
    sen, die Kapitän Bligh und seine Helfershelfer gänzlich un-
    — 10 —
    bewaffnet und ohne die geringste Nahrung ausgesetzt wis-
    sen wollten.
    Einzelne – darunter besonders Churchill – meinten, es
    sollten noch mehr, als bestimmt war, von dem Schiff ent-
    fernt werden. Man müsse sich aller Leute entledigen, sagte
    er, die sich dem Komplott nicht angeschlossen hätten, also
    nicht als verläßlich zu betrachten seien. Es sei nur allein
    auf die zu rechnen, die sich mit den vollendeten Tatsachen
    allseitig einverstanden erklärten. Er selbst fühle noch die
    Knutenhiebe auf dem Rücken, die er erhalten habe, als er
    auf Tahiti habe davonlaufen wollen. Das beste und sicherste
    Mittel, ihn bald zu heilen, sei, ihm den Kommandanten
    auszuliefern! . . . Er werde sich schon auf eigene Hand zu
    rächen wissen!
    »Hayward! Hallett!« rief Christian, sich an die genannten
    beiden Offiziere wendend, ohne auf die Reden Churchills
    zu achten, »steigt in die Schaluppe hinab!«
    »Was hab’ ich Euch zuleide getan, Christian, um eine
    solche Behandlung zu verdienen?« fragte Hayward. »Ihr
    schickt mich in den Tod!«
    »Jeder Widerspruch ist unnütz! Wollt Ihr gehorchen
    oder nicht? . . . Fryer, Ihr macht Euch ebenfalls fertig!«
    Statt sich in die Schaluppe zu begeben, näherten sich
    diese Offiziere dagegen Kapitän Bligh, und Fryer, schein-
    bar der entschlossenste von ihnen, neigte sich zu ihm mit
    den Worten:
    »Kommandant, wollen Sie versuchen, sich des Schif-
    fes wieder zu bemächtigen? Freilich sind wir ohne Waffen,
    — 11 —
    doch werden die Meuterer uns kaum zu widerstehen wagen.
    Was macht es, ob der oder jener von uns dabei fällt? Der
    Versuch ist zu wagen. Was meinen Sie dazu?«
    Schon wollten sich die Offiziere auf die Meuterer stür-
    zen, die damit beschäftigt waren, die Schaluppe vollends ins
    Meer zu setzen, als Churchill, dem jene flüchtigen Worte
    nicht entgangen waren, sie mit einigen wohlbewaffneten
    Leuten umringte und mit Gewalt in die Schaluppe beför-
    derte.
    »Millward, Muspratt, Birket und ihr übrigen«, sagte
    Christian zu einigen an der Meuterei unbeteiligt gebliebe-
    nen Matrosen, »geht nach dem Zwischendeck und nehmt
    mit, was ihr da an Wertgegenständen habt! Ihr werdet Ka-
    pitän Bligh begleiten. Du, Morrison, überwachst mir die
    Kerle! Und Ihr, Purcell, holt Euer Zimmermannswerkzeug;
    ich gestatte Euch, es mitzunehmen.«
    2 Masten mit den nötigen Segeln, einige Nägel, 1 Säge,
    ein halbes Stück Segelzeug, 4 kleine Fässer mit zusammen
    125 Liter Wasser, 150 Pfund Schiffszwieback, 32 Pfund Salz-
    fleisch, 6 Flaschen Wein, ebensoviel Rum und die Likörvor-
    räte des Kapitäns, das war alles, was man den Ausgesetzten
    mit auf den Weg gab. Zuletzt warf man ihnen noch einige
    alte Säbel zu, verweigerte ihnen aber jede Feuerwaffe.
    »Wo sind denn Heywood und Stewart?« fragte der Ka-
    pitän noch aus der Schaluppe herauf. »Haben sie mich ver-
    raten?«
    Die Genannten waren dessen nicht schuldig, doch Chris-
    tian wollte beide an Bord behalten.
    — 12 —
    Jetzt überfiel den Kapitän doch eine gewiß verzeihliche
    Anwandlung von Mutlosigkeit und Schwäche, die indes
    nicht lange andauerte.
    »Christian«, redete er diesen noch einmal an, »ich ver-
    pfände Euch mein Ehrenwort, alles Vorgefallene zu verges-
    sen, wenn Ihr von diesem unmenschlichen Beschluß ab-
    steht! Ich flehe Euch an, denkt an meine Frau, an meine
    Familie; was soll aus ihnen werden, wenn ich nicht mehr
    bin?«
    »Hättet Ihr Ehre im Leib«, erwiderte Christian, »dann
    wäre es nicht dahin gekommen, wie es jetzt steht. Hättet Ihr
    nur selbst mehr an Eure Frau, Eure Familie und an die An-
    gehörigen der anderen gedacht, dann hättet Ihr gar nicht so
    hart, so ungerecht gegen uns handeln können!«
    Auch der Bootsmann versuchte noch, als er in die Scha-
    luppe trat, Christian zu erweichen. Vergebens.
    »Ich habe zu viel und zu lange gelitten«, antwortete
    letzterer mit Bitterkeit. »Ihr wißt nicht, was ich erduldet
    habe! Nein, das konnte keinen Tag mehr so weitergehen!
    Und übrigens wißt Ihr wohl nicht, daß ich, als zweiter Of-
    fizier, während der ganzen Reise

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