Die Meuterer der ›Bounty‹
wie ein Hund behandelt
wurde! – Wenn ich mich jetzt von Kapitän Bligh befreie,
den ich wahrscheinlich von Angesicht zu Angesicht nie
wiedersehe, so will ich ihm, aus Mitleid, doch nicht jede
Aussicht auf Rettung rauben. – Smith, geht nach der Kabine
des Kapitäns und bringt ihm seine Kleidung, sein Patent,
das Journal und sein Portefeuille. Dazu mag er meine See-
karten und meinen eigenen Sextanten erhalten. So wird es
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ihm vielleicht möglich werden, sich und seinen Gefährten
auch in dieser bedenklichen Lage zu helfen!«
Christians Anordnungen wurden, nicht ohne einigen
Widerspruch, zur Ausführung gebracht.
»Und nun, Morrison, laß die Leine schießen«, rief der
zweite Offizier, jetzt der erste des Fahrzeugs, »und möge
Gott Euch gnädig sein!«
Während die Meuterer Kapitän Bligh und seinen un-
glücklichen Gefährten ein spöttisches Lebewohl zuriefen,
konnte Christian, der an der Schanzkleidung lehnte, die
Augen nicht von der sich entfernenden Schaluppe abwen-
den. Der brave Offizier, dessen bisher so loyales und frei-
mütiges Verhalten ihm das Lob aller Befehlshaber, unter
denen er gedient, erworben hatte, war heute doch weiter
nichts als der Anführer einer Bande von Seeräubern! Ihm
war es nicht mehr vergönnt, seine bejahrte Mutter, die trau-
ernde Braut oder die Ufer der Insel Man, seiner Heimat, je
wiederzusehen. Er fühlte sich gesunken in der eigenen Ach-
tung, entehrt in den Augen aller anderen! Die Reue folgte
schon auf den Fehltritt!
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2. KAPITEL
Die Ausgesetzten
Mit ihren 18 Insassen, Offizieren und Matrosen und dem
nur geringen Vorrat an Proviant, ging die Schaluppe, die
Bligh jetzt trug, doch so tief, daß sie die Meeresoberfläche
kaum um 15 Zoll überragte. Bei einer Länge von 21 und ei-
ner Breite von 6 Fuß erschien sie zwar völlig geeignet zum
Dienst der ›Bounty‹; aber eine so zahlreiche Besatzung zu
tragen und eine so weite Fahrt zurückzulegen, konnte man
wohl kaum ein ungeeigneteres Fahrzeug finden.
Im Vertrauen auf die Energie und Geschicklichkeit so-
wohl Kapitän Blighs, als auch der mit ihnen das gleiche
Los teilenden Offiziere, ruderten die Matrosen kräftig, und
schnell durchschnitt die Schaluppe die Wellen.
Bligh war sich von Anfang an klar, was er zu tun hatte.
Zunächst galt es, so schnell wie möglich die Insel Tofoa, die
erste des benachbarten Archipels der Freunde, wieder zu
erreichen, die sie erst wenige Tage vorher verlassen hatten;
dort gedachte er Brotbaumfrüchte einzunehmen, den Was-
servorrat zu erneuern und von da aus nach Tonga-Tabu zu
steuern. Auf letzterer vermochte man sich zweifelsohne eine
genügende Menge an Lebensmitteln zu verschaffen, um die
Überfahrt nach den holländischen Besitzungen von Timor
wagen zu können, wenn man aus Furcht vor den Eingebo-
renen auch die auf diesem Weg verstreuten zahllosen Insel-
gruppen meiden mußte.
Der erste Tag verlief ohne Zwischenfall, und mit einbre-
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chender Nacht schon kam die Küste Tofoas in Sicht. Leider
war sie zu felsig und der Strand zu steil, um während der
Nacht dort landen zu können. Man mußte also den Tag ab-
warten.
Bligh achtete streng darauf, den Proviant der Schaluppe
nicht ohne die dringendste Notwendigkeit in Anspruch zu
nehmen. Die Insel sollte seinen Leuten und ihm die nötige
Nahrung liefern. Das schien nicht so leicht zu sein, denn
als sie an Land gingen, fanden sie zuerst keine Spur von
menschlichen Wohnungen. Dennoch erschienen bald ei-
nige Eingeborene, die infolge des gefundenen wohlwollen-
den Empfangs auch noch andere herbeiholten, durch deren
Vermittlung etwas Trinkwasser und einige Kokosnüsse zu
erlangen waren.
Bligh kam indessen in nicht geringe Verlegenheit. Was
sollte er den Eingeborenen sagen, die schon bei der letzten
Rast mit der ›Bounty‹ verkehrt hatten? Unbedingt mußte
ihnen die Wahrheit verborgen bleiben, um nicht das Anse-
hen aufs Spiel zu setzen, das die Fremdlinge auf dieser Insel
bisher genossen hatten.
Sollte er vorgeben, sie kämen nur, um für die auf hoher
See zurückgebliebene ›Bounty‹ Proviant zu holen? Das er-
schien unmöglich, da das Schiff, selbst vom Gipfel der be-
nachbarten Hügel, nicht sichtbar war. Oder das Fahrzeug
habe Schiffbruch erlitten und die Eingeborenen sähen in
ihnen die einzigen Überlebenden des Unfalls? Das schien
noch am glaublichsten. Vielleicht rührte es jene und ver-
anlaßte sie, den
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