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Die Meuterer der ›Bounty‹

Die Meuterer der ›Bounty‹

Titel: Die Meuterer der ›Bounty‹ Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wie ein Hund behandelt
    wurde! – Wenn ich mich jetzt von Kapitän Bligh befreie,
    den ich wahrscheinlich von Angesicht zu Angesicht nie
    wiedersehe, so will ich ihm, aus Mitleid, doch nicht jede
    Aussicht auf Rettung rauben. – Smith, geht nach der Kabine
    des Kapitäns und bringt ihm seine Kleidung, sein Patent,
    das Journal und sein Portefeuille. Dazu mag er meine See-
    karten und meinen eigenen Sextanten erhalten. So wird es
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    ihm vielleicht möglich werden, sich und seinen Gefährten
    auch in dieser bedenklichen Lage zu helfen!«
    Christians Anordnungen wurden, nicht ohne einigen
    Widerspruch, zur Ausführung gebracht.
    »Und nun, Morrison, laß die Leine schießen«, rief der
    zweite Offizier, jetzt der erste des Fahrzeugs, »und möge
    Gott Euch gnädig sein!«
    Während die Meuterer Kapitän Bligh und seinen un-
    glücklichen Gefährten ein spöttisches Lebewohl zuriefen,
    konnte Christian, der an der Schanzkleidung lehnte, die
    Augen nicht von der sich entfernenden Schaluppe abwen-
    den. Der brave Offizier, dessen bisher so loyales und frei-
    mütiges Verhalten ihm das Lob aller Befehlshaber, unter
    denen er gedient, erworben hatte, war heute doch weiter
    nichts als der Anführer einer Bande von Seeräubern! Ihm
    war es nicht mehr vergönnt, seine bejahrte Mutter, die trau-
    ernde Braut oder die Ufer der Insel Man, seiner Heimat, je
    wiederzusehen. Er fühlte sich gesunken in der eigenen Ach-
    tung, entehrt in den Augen aller anderen! Die Reue folgte
    schon auf den Fehltritt!

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    — 15 —
    2. KAPITEL
    Die Ausgesetzten
    Mit ihren 18 Insassen, Offizieren und Matrosen und dem
    nur geringen Vorrat an Proviant, ging die Schaluppe, die
    Bligh jetzt trug, doch so tief, daß sie die Meeresoberfläche
    kaum um 15 Zoll überragte. Bei einer Länge von 21 und ei-
    ner Breite von 6 Fuß erschien sie zwar völlig geeignet zum
    Dienst der ›Bounty‹; aber eine so zahlreiche Besatzung zu
    tragen und eine so weite Fahrt zurückzulegen, konnte man
    wohl kaum ein ungeeigneteres Fahrzeug finden.
    Im Vertrauen auf die Energie und Geschicklichkeit so-
    wohl Kapitän Blighs, als auch der mit ihnen das gleiche
    Los teilenden Offiziere, ruderten die Matrosen kräftig, und
    schnell durchschnitt die Schaluppe die Wellen.
    Bligh war sich von Anfang an klar, was er zu tun hatte.
    Zunächst galt es, so schnell wie möglich die Insel Tofoa, die
    erste des benachbarten Archipels der Freunde, wieder zu
    erreichen, die sie erst wenige Tage vorher verlassen hatten;
    dort gedachte er Brotbaumfrüchte einzunehmen, den Was-
    servorrat zu erneuern und von da aus nach Tonga-Tabu zu
    steuern. Auf letzterer vermochte man sich zweifelsohne eine
    genügende Menge an Lebensmitteln zu verschaffen, um die
    Überfahrt nach den holländischen Besitzungen von Timor
    wagen zu können, wenn man aus Furcht vor den Eingebo-
    renen auch die auf diesem Weg verstreuten zahllosen Insel-
    gruppen meiden mußte.
    Der erste Tag verlief ohne Zwischenfall, und mit einbre-
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    chender Nacht schon kam die Küste Tofoas in Sicht. Leider
    war sie zu felsig und der Strand zu steil, um während der
    Nacht dort landen zu können. Man mußte also den Tag ab-
    warten.
    Bligh achtete streng darauf, den Proviant der Schaluppe
    nicht ohne die dringendste Notwendigkeit in Anspruch zu
    nehmen. Die Insel sollte seinen Leuten und ihm die nötige
    Nahrung liefern. Das schien nicht so leicht zu sein, denn
    als sie an Land gingen, fanden sie zuerst keine Spur von
    menschlichen Wohnungen. Dennoch erschienen bald ei-
    nige Eingeborene, die infolge des gefundenen wohlwollen-
    den Empfangs auch noch andere herbeiholten, durch deren
    Vermittlung etwas Trinkwasser und einige Kokosnüsse zu
    erlangen waren.
    Bligh kam indessen in nicht geringe Verlegenheit. Was
    sollte er den Eingeborenen sagen, die schon bei der letzten
    Rast mit der ›Bounty‹ verkehrt hatten? Unbedingt mußte
    ihnen die Wahrheit verborgen bleiben, um nicht das Anse-
    hen aufs Spiel zu setzen, das die Fremdlinge auf dieser Insel
    bisher genossen hatten.
    Sollte er vorgeben, sie kämen nur, um für die auf hoher
    See zurückgebliebene ›Bounty‹ Proviant zu holen? Das er-
    schien unmöglich, da das Schiff, selbst vom Gipfel der be-
    nachbarten Hügel, nicht sichtbar war. Oder das Fahrzeug
    habe Schiffbruch erlitten und die Eingeborenen sähen in
    ihnen die einzigen Überlebenden des Unfalls? Das schien
    noch am glaublichsten. Vielleicht rührte es jene und ver-
    anlaßte sie, den

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