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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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nicht vollkommen ist, sind die anderen achtzehn Feuerholz.«
    »Was du nicht sagst, Onkel!«
    »Die Radfelge setzt sich zusammen aus sechs gebogenen, mit der Bandsäge ausgeschnittenen Vierkanthölzern. Wie du siehst, gibt es insgesamt zwölf Speichen. Ich stelle sie meist aus Buche oder Ahorn her. Die besten jedoch gelingen aus guter italienischer Eiche. Das Problem ist nur, dass es immer weniger Eichen in Venetien gibt. Die Werften von
La Serenissima
verbrauchen einfach zu viel Holz für die Galeeren. Ein einziges Schiff verschlingt schon einen halben Wald!«
    Der Magister staunte. »Das hätte ich nicht für möglich gehalten.«
    »Es ist aber so«, seufzte Romano. »Doch kommen wir zum neunzehnten und letzten Teil, dem Mittelpunkt eines jeden Rades: die Nabe. Sie ist das Wichtigste überhaupt. Wenn eine Speiche bricht oder ein Felgenstück splittert, kann man notfalls noch ein, zwei Meilen weiterfahren. Aber wenn die Nabe entzweigeht, ist alles verloren.«
    »Das leuchtet ein«, sagte Vitus.
    »Nicht wahr?« Der Alte stellte das Rad zur Seite und nahm von der Drechselbank ein zylinderförmiges Holzstück herunter. »Bestes Rüsterholz! Hier in der Mitte ist die Ausbohrung für die Wagenachse, die zusätzlich durch eine Eisenbuchse verstärkt wird.« Er steckte die Hand hindurch, um seine Erklärungen zu veranschaulichen. »Am Rand wird der Stopper für den Achsnagel herausgearbeitet, und außen herum verlaufen insgesamt zwölf Löcher. Da hinein kommen die Speichen. Am anderen Ende der Speichen werden die Felgenstücke draufgeschlagen. Zu diesem Zweck haben sie bereits zwei Löcher. Die Stücke werden untereinander noch durch Holzdübel verbunden. Sind alle sechs auf die Speichen geschlagen, ergeben sie zusammen einen Kreis.«
    Bei seinen letzten Worten hatte Romano das mittelgroße Rad wieder herangerollt. Er wäre dabei fast über Enano gefallen, der sich anschickte, auf die Drechselbank zu klettern. »… ergeben sie zusammen ’ne Rundel, ’ne Rundel!«, trällerte der Winzling, offensichtlich leicht gelangweilt.
    Unbeirrt fuhr der Alte fort, denn er hatte nicht oft Gelegenheit, über seine Arbeit zu sprechen: »Hier, seht« – sein schwieliger Zeigefinger deutete auf zwei Buchstaben am Felgenrand –, »hier brenne ich meine Initialen ein. › RT ‹ für ›Romano Tassini‹. Aber ich tue es nur, wenn das Werk wirklich vollkommen ist. Schließlich habe ich einen Namen zu verlieren, und man weiß vorher nie genau, welchen Weg ein Rad nimmt.«
    Massimo sagte: »Jetzt sehe ich ein Holzrad mit ganz anderen Augen, Onkel. Bisher habe ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht. Aber es ist wirklich interessant. Es muss wunderbar sein, wenn alle Teile wie von Zauberhand zusammenpassen – und ein Ganzes ergeben.«
    »Das ist es, mein Junge, das ist es. Nun, um die Sache weiterzuerzählen: Anschließend muss das Rad noch zum Schmied, der ein Eisenband um die Felge legt und einen Kopfring um die Nabe anpasst. Beides ergibt den endgültigen Halt. Doch jetzt verrate ich dir, wozu der Kessel hier über dem Feuer hängt: Ich koche darin die Nabe!«
    »Du kochst die Nabe?« Massimo blickte ungläubig drein. »Wie ein Stück Rindfleisch in der Suppe?«
    Romano lachte. »Wenn du so willst, ja! Eine gute Nabe muss eine Stunde lang gekocht werden. Durch die hohe Temperatur verändert sich die Struktur des Holzes, es wird härter und widerstandsfähiger. Der Grad der Härte hängt natürlich auch von der Flüssigkeit ab, mit der man kocht. Ich nehme dazu immer bestes Olivenöl.«
    Mit einer Zange ließ der Alte die Nabe behutsam in den dampfenden Kessel gleiten. »Nichts wird heißer als Olivenöl.«
    »Das wusste ich nicht, Onkel.«
    »Oh, mein Junge, ich glaube, es gibt vieles, was du noch nicht weißt und was ich dir beibringen könnte. Möchtest du das?«
    »Ja, Onkel, gern!«
    »Dann bleibe bei mir, lerne den Beruf des Radbauers und erfreue das Herz eines alten Mannes.« Romano breitete die Arme aus, und Massimo erhob sich, ging auf ihn zu und ließ sich ans Herz drücken. Nachdem die beiden eine Weile so gestanden hatten, räusperte sich der Magister und flüsterte:
    »Ich glaube, wir sind hier fehl am Platze, Freunde. Wir sollten das Familienglück nicht weiter stören.«
    Vitus und der Zwerg nickten einträchtig.
    Zu dritt verließen sie rasch die Werkstatt.

[home]
    Der Anatom Professor Girolamo
    »Der Lorbeer gebührt Euch, Cirurgicus. Ihr wart es,
der darauf gekommen ist, es könnte sich auf

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