Die Mission
Großen Gott Bondye besessen ist, wird kein Geheimnis vor Mambo Laveau mehr sicher sein.«
Skobelews Interesse war derart ausgeprägt, dass Vanka beschloss, sich kurz zu fassen. Er verbeugte sich hastig und sah Aleister Crowley an. »Wären Sie wohl so freundlich, die Dämonin hereinzubringen, Eure Heiligkeit?«
Crowley erhob sich ächzend und klatschte in die Hände. Von der Seite des Saals stießen zwei SS -Wächter mit ihren Knüppeln eine junge Frau vorwärts – schlank, mittelgroß, mit pechschwarzem Haar – und zwangen sie, über den blank polierten Holzboden zu humpeln, bis sie in der Mitte des hounfo vor dem Publikum stand.
Vanka war ein bisschen enttäuscht. Er hatte immer geglaubt, Dämonen wären große wuchtige Wesen mit Schwänzen und Hörnern, die Feuer spien und nach Schwefel rochen, stattdessen stand er jetzt vor einem eher unscheinbaren Wesen. Dämonen hielten offenbar auch nicht mehr, was sie versprachen.
Doch so unauffällig und dünn die Dämonin auch war, an der Art, wie sie sich gegen ihre Bewacher sträubte, offenbarte sich ihre Kratzbürstigkeit. Der Widerstand dauerte nicht lange. Einer der Wächter verpasste ihr einen Schlag mit dem Handrücken, sodass sie zu Boden taumelte. Für eine Sekunde verlor die Dämonin ihre arrogante Maske, und Vanka erkannte das ängstliche junge Ding dahinter. Instinktiv ging er auf die Dämonin zu, nahm sie am Arm und half ihr wieder auf die Beine. Dummerweise musste er dafür aus dem Schatten heraustreten.
Als Skobelew ihn im Kegel des Scheinwerfers sah, beugte er sich vor wie ein Jagdhund, der einen Hasen gewittert hat. Er winkte einen von Crowleys Mitarbeitern heran und verwickelte den Mann in ein lebhaftes Gespräch. Vanka versuchte, Ruhe zu bewahren.
Nach kurzem Zögern ließ sich die Dämonin helfen, aber sie war darüber nicht sonderlich froh. Dem Blick nach zu urteilen, den sie ihm zuwarf, hätte sie Vanka beide Augen ausgekratzt, wäre sie nicht an den Händen gefesselt gewesen. Zum Glück hatte man sie obendrein geknebelt. Vankas Kopf brummte dermaßen, dass er wahrlich keine Lust auf lautes Geschrei hatte. Er gab den Musikern ein Zeichen, woraufhin sie sogleich wieder zu trommeln begannen. Jetzt klang es leiser, gewichtiger und auch bedrohlicher.
Vanka führte die Dämonin zum Altar am Ende des Tempels und wies sie an, sich daraufzulegen. Sie versuchte, sich zu wehren, doch Vanka schob sie vor sich her und flüsterte ihr ins Ohr: »Wir sind hier, um Sie zu retten, also machen Sie keine Mätzchen. Kapiert?«
Die Dämonin riss die Augen auf und nickte kaum merklich.
Dann kehrte Vanka in den vorderen Teil des Tempels zurück. Skobelew war dabei, zwei Checkya-Offizieren Anweisungen zuzuzischen.
Ella kam ihm zu Hilfe. Während das Trommeln immer lauter wurde, begann sie unter dem Umhang zu zucken.
Die Séance war eröffnet.
Als Ellas Mutter noch lebte, hatte sie darauf bestanden, dass ihre Tochter Tanzunterricht nahm. Das aber war schon sehr sehr lange her. Um ihren WhoDoo-Tanz aufzuführen, blieben ihr jetzt nur noch ihre Phantasie, die Erinnerung an irgendwelche Musikvideos und Filmclips, die sie von Josephine Baker und ihrem danse sauvage gesehen hatte, und der Rhythmus der Trommeln. Und all das sagte ihr, dass sie langsam und geschmeidig unter ihrem Umhang hervorkommen und ihren großen, biegsamen Körper zum Rhythmus der Trommeln im Ballsaal bewegen sollte. Also wand sich Ella aus dem Umhang wie eine Viper, die sich ihrer Haut entledigt, drehte und schlängelte sich verführerisch im Halbdunkel. Und je mehr von ihr sichtbar wurde, umso erstaunter schnappten die Zusschauer nach Luft.
Vielleicht lag es daran, dass sie schwarz war. Vanka hatte ihr erzählt, dass vor Reinhard Heydrich, dem Architekten der Rassenlehre, noch nie eine schwarze Frau aufgetreten war. Als sie diesem Mann – besser gesagt, seinem Doppelgänger – in Fort Jackson begegnet war, hatte sie Gelegenheit gehabt, sich aus erster Hand davon zu überzeugen, was Heydrich von Schwarzen hielt. Und sie hatte begriffen, dass er das ganze ForthRight mit seinem Hass vergiftet hatte. Jetzt konnte Ella den Abscheu des Publikums förmlich fühlen . Die Vibrationen, die sie spürte, sagten ihr, dass Heydrich und sein Tross Schwarze nicht nur verabscheuten, sondern zutiefst hassten.
Während sie sich langsam aufrichtete und die Arme ausstreckte … immer höher an die Decke über ihrem Kopf, fragte sie sich, wie intelligente und gebildete Menschen, denn dafür hielten sich ihre
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