Die Mission
wie Hauptmann Dabrowski sich in eins der Gästezimmer im ersten Stock stahl.
Merkwürdig …
Aber nicht halb so merkwürdig wie das, was sie entdeckte, als sie einen Blick durch das Schlüsselloch warf. Dabrowski kniete vor dem leeren Kamin und horchte anscheinend auf den Wind, der durch den Schacht blies. Sie drehte am Türknauf, doch zu ihrer Verwunderung hatte der Hauptmann die Tür von innen verriegelt. Verdutzt und einigermaßen gekränkt von solchen Possen klopfte sie an die Tür. Kurz darauf hörte sie, wie der Riegel zurückgeschoben wurde, und dann wurde die Tür aufgerissen. »Ja?«, fauchte Dabrowski sichtlich respektlos und ungeduldig.
»Was machen Sie da drin, Hauptmann?«, fragte Trixie laut und gebieterisch. »Ich weiß ja, dass Sie für die Sicherheit in diesem Haus zuständig sind, aber was ich gerade gesehen habe …«
Sie konnte den Satz nicht zu Ende bringen. Dabrowski streckte den Arm aus, packte sie am Handgelenk und zerrte sie ins Zimmer. Trixie protestierte kurz, doch als sie den Revolver in seiner Hand sah und erkannte, das der Lauf auf sie gerichtet war, kam sie zu dem Schluss, dass schreien vielleicht keine gute Idee war.
»Seien Sie still, Miss Dashwood, sonst sehe ich mich gezwungen, Sie zum Schweigen zu bringen.« Er schob den Riegel wieder vor, zog anschließend ein Taschentuch aus der Tasche und stopfte es in das Schlüsselloch, um weitere Möchtegern-Voyeure abzuschrecken.
»Sind Sie wahnsinnig? Mein Vater …«
»Halten Sie den Mund, Miss Dashwood! Ich habe die von ABBA geschickte Möglichkeit herauszufinden, was dieser Hundesohn Heydrich …«
Hundesohn? Trixie zuckte bei dieser gefährlichen Beleidigung zusammen.
»… im Schilde führt. Wenn Sie still sind und tun, was ich sage, werde ich hier verschwinden, ohne Ihnen etwas anzutun. Sollten Sie aber versuchen, Alarm zu schlagen, muss ich Sie mundtot machen … und zwar für immer. Täuschen Sie sich nicht, es sind hoffnungslose Zeiten, und ich werde nicht zögern, ein Leben zu opfern, um Millionen andere zu retten. Haben Sie verstanden?«
Dabrowskis Blick überzeugte Trixie vom Ernst der Lage. Sie nickte.
»Sehr gut«, sagte der Hauptmann. »Dann setzen Sie sich bitte mit mir vor den Kamin. Ich glaube, dass wir zuhören können, wie Geschichte gemacht wird.«
»Wie bitte?«
»Der Kaminschacht auf dieser Seite des Hauses führt ins Arbeitszimmer Ihres Vaters. Wenn wir leise sind, können wir alles hören, was da unten gesagt wird.«
»Sie können doch den Führer nicht belauschen«, wandte Trixie ein.
Und ob sie das konnten.
»Guten Tag, Miss Williams. Nehmen Sie bitte Platz.«
Einen Augenblick blieb Norma unsicher an der Tür des abgedunkelten Zimmers stehen. Niemand hatte ihr gesagt, wen sie treffen würde, doch aus der Panik, die das ganze Haus erfasst hatte, schloss sie, dass es ein hohes Tier sein musste. Sie ging auf den Schreitisch zu und setzte sich in den Ledersessel, den man ihr angeboten hatte. Und jetzt, aus der Nähe, erkannte sie, wer ihr Gastgeber war.
O Gott.
»Vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen …«
»Ich weiß, wer Sie sind. Sie sind Reinhard Heydrich. Ich habe von Ihnen gelesen.«
»Freut mich, dass die Verdienste meines Vorgängers in der Realen Welt nach meinem Tod immer noch so viel Resonanz finden. Wäre ja schrecklich, wenn die eigenen Anstrengungen ohne Wirkung auf die Geschichte geblieben wären.«
»O ja, die Menschheit hat Sie in Erinnerung behalten. Sie erinnert sich an Sie als den bösesten und abscheulichsten Mann, der je gelebt hat, als den Urheber des größten Verbrechens, das je gegen die Menschlichkeit verübt wurde, als den Mann, der den Genozid industrialisierte. O ja, die Geschichte hat Sie in Erinnerung behalten, Heydrich, als wahnsinnigen, psychotischen Massenmörder.« Dann überfiel sie ein beunruhigender Gedanke. »Aber woher wissen Sie eigentlich, dass Sie einen Doppelgänger haben?«
Heydrich grinste selbstgefällig. »Alles mit der Ruhe, Miss Williams, alles mit der Ruhe.« Er nahm eine Zigarette aus dem silbernen Etui, das auf Dashwoods Schreibtisch lag, klopfte sie gedankenverloren gegen seinen Daumennagel und steckte sie mit einem goldenen Feuerzeug an, das er aus der Brusttasche seiner Uniform zauberte. Mehrere Sekunden lang rauchte er schweigend, als dächte er darüber nach, was er als Nächstes sagen wollte. Schließlich wandte er die Aufmerksamkeit wieder seinem Gast zu. »Ich bin hier, weil ich Sie persönlich sprechen wollte. Sie sind
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