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Die Mondrose

Die Mondrose

Titel: Die Mondrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Helmin
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ihr Sohn ihr zugedacht hatte, hinauswerfen lässt.«
    »Wie bitte? Was redest du denn? Kein Mensch lässt dich aus deinem Heim werfen, ich am allerwenigsten.«
    »Ha!« Sie warf den Kopf in den Nacken. »Da ist deine Marktschreierin aber anderer Ansicht. Die hat sogar Möbelpacker bestellt. Ich habe deine Frau nicht behelligt, Hyperion, deine Frau trägt so wenig wie deine Mutter an irgendetwas Schuld, aber dich behellige ich. Nell Weaver lässt sich nicht umherstoßen wie einen alten Schrank. Du gehst sofort und rückst diese Sache zurecht, oder ihr beide, du und das Marktweib, sollt mich kennenlernen.«
    Er hätte ihr sagen sollen, dass sie Mildred nicht Marktweib nennen durfte, aber dazu war keine Zeit. Mit fliegenden Fingern öffnete er das Tor und rannte den Gartenweg entlang.
    In der Halle wartete Daphne mit Louis auf dem Arm und hatte wieder Tränen auf den Wangen. »Mit Milly ist nicht zu reden«, war alles, was sie ihm zur Erklärung gab. »Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist, ich erkenne sie nicht wieder.«
    »Wo ist sie, Liebstes?«
    Daphne wies in Richtung Garten. »Aber dass du mit ihr sprichst, ist sinnlos. Du weißt, sie hat leider nicht die Meinung von dir, die sie haben sollte, und sie hört uns alle ja nicht einmal an.«
    Hyperion küsste sie und den Jungen. »Sorg dich nicht«, murmelte er und eilte in den Garten. Mildred trug schwarzen Satin, der in der flimmernden Luft jede Linie ihres Körpers umspannte. Er musste stehen bleiben und den Atem anhalten. Ja, die Zeit der Wunschlosigkeit war vorüber. Das Schlimmste war, dass man nicht alle Wünsche beim Namen nennen durfte, nicht einmal im Stillen vor sich selbst. Hyperion, der gelobt hatte, seiner Liebsten kein Kind mehr zu machen, und dem das Wasser bis zum Hals stand, verhielt im Mailicht im Garten und wünschte sich, mit einer Frau zu schlafen.
    Mildred beaufsichtigte einen Tross Männer, die Möbelstücke aus dem Altenteil ins Haupthaus schleppten. Die mannshohe Standuhr seiner Großmutter. Das zierliche Tagesbett, das Amelia ihr geschenkt hatte. Den Tallboy, in dem sie Wäsche aufbewahrte, an die niemand hätte rühren dürfen. »Was geht hier vor?«, presste Hyperion heraus. Sehr langsam drehte Mildred sich um.
    Der Wind blies ihr Haar aus dem Gesicht, der Kragen des Satinkleides umschloss den gereckten Hals. »Die Saison beginnt«, sagte sie. »In wenigen Tagen platzt diese Stadt aus den Nähten. Die Feriengäste bringen Geld wie Heu, und von dieser Fülle schneide ich uns einen Teil. Wie bitter wir es nötig haben, dürfte dir bekannt sein.«
    Sie schrie einen Burschen an, der zwei Stühle aus dem Haus trug. »Die bleiben drinnen, wo hast du deinen Verstand? Auf irgendetwas müssen meine Gäste ja sitzen.«
    Hyperion begann zu begreifen. »Du willst das Haus meiner Großmutter an Urlauber vermieten? In mein Mount Othrys willst du Fremde bringen, die auf den Teppichen meiner Mutter herumtrampeln und die Dinge, die sie liebte, anpacken?«
    »Wenn ich es nicht tue, wird es nicht mehr lange dein Mount Othrys sein«, erwiderte Mildred ruhig. »Wegen all der Teppiche und Staubfänger, die deine Mutter gesammelt hat, kann ich die Zimmer als Luxusquartiere anbieten und gesalzene Preise verlangen. Ich habe mich kundig gemacht, bald ein Jahr habe ich in diese Sache gesteckt, und jetzt, wo ich am Ziel bin, hältst du mich nicht auf. Oder wäre es dir lieber, wenn dein Sohn, für den meine Schwester um ein Haar gestorben ist, an Mangelkrankheiten leidet wie das Pack im Spital, das du so sehr liebst?«
    »Aber Mildred, das Haus gehört meiner Großmutter.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe im Haupthaus zwei Räume für sie herrichten lassen. Leer stehen ja genug.«
    »Meine Großmutter möchte nicht ins Haupthaus ziehen. Sie ist zu eigen dazu, deshalb hat ihr mein Vater das Wohnrecht für das Altenteil zugesichert.«
    »Dann soll sie es einklagen«, versetzte Mildred kalt. »Das möchte ich sehen, wie Missus Nasehoch Weaver sich in einen Gerichtssaal stellt und gegen die eigene Familie vom Leder zieht.«
    Er wollte nach ihr greifen, doch die Hände fielen ihm hinunter. »Du kannst das nicht tun. Ich erlaube es nicht.«
    »Ha.« Sie warf den Kopf zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Hatten wir beide nicht eine Abmachung, hast nicht du mir gelobt, du ließest mir freie Hand?«
    Ihre Blicke trafen sich. Hatte das Glimmen ihrer Augen ihn einst wirklich belustigt, hatte es ihm keine Angst eingeflößt? Mildred, um die sich das

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