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Die Mondscheinbaeckerin

Die Mondscheinbaeckerin

Titel: Die Mondscheinbaeckerin
Autoren: Sarah Addison Allen
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glaubte ihm nicht, konnte es einfach nicht. »Fahr zur Hölle, Sawyer.«
    Â»Glaub, was du willst. Aber ich lüge nicht.«
    Â»Natürlich nicht. Du bist ja perfekt.« Sie schwieg kurz. »Du findest mich schön?«
    Â»Ja, immer schon.«
    Â»Das auch?« Sie schob die Ärmel ihrer Bluse hoch und zeigte ihm die Narben an ihren Armen. Ihr Vater und Beverly hatten sämtliche scharfen und spitzen Gegenstände aus ihrem Zimmer entfernt wie bei einem Kleinkind. Viele der tieferen Schnitte waren inzwischen verheilt, aber wenn sie nervös wurde, verletzte sie sich mit den Fingernägeln.
    Sawyer wich wie erwartet zurück. Das war der Beweis: Man konnte sie einfach nicht lieben.
    Â»Himmel, hast du das selber gemacht?«
    Sie schob die Ärmel wieder herunter. »Ja.«
    Julia hatte erwartet, dass er sie nun in Ruhe lassen würde, doch sie täuschte sich. Sie saßen eine ganze Weile schweigend da. Am Ende wurde sie müde und legte sich auf den Boden. Er tat es ihr gleich.
    Ãœber ihnen stand der Mond am Sternenhimmel. Julia war noch nie von Mullaby weg gewesen. Würde der Himmel in Baltimore genauso aussehen?
    Als Sawyer der Magen knurrte, musste er lachen. »Ich hab seit dem Kuchen heut Mittag nichts mehr gegessen«, erklärte er.
    Â»Du hast mittags Kuchen gegessen?«
    Â»Ich würde am liebsten die ganze Zeit Kuchen essen. Wahrscheinlich lachst du mich jetzt aus, aber ich verrat’s dir trotzdem. Manche Menschen haben eine Schwäche für Süßes, ich habe ein Gespür dafür. Als kleiner Junge wusste ich beim Spielen sofort, wann meine Mutter einen Kuchen gebacken hatte. Ich konnte den Geruch in der Luft sehen und musste ihm nur nach Hause folgen. Wenn du das jemandem erzählst, streite ich alles ab.«
    Dieses Geständnis verblüffte Julia. »Das ist eine Gabe«, sagte sie. »Aber das weißt du vermutlich selber. Man sieht es an der Art und Weise, wie du Menschen anschaust.« Sie ließ den Blick über seine nackte Brust wandern. »Ja, du weißt genau, was für eine Anziehungskraft du besitzt.«
    Â»Besitze ich denn auch Macht über dich?«
    Glaubte er tatsächlich, dass sein Charme auf sie nicht wirkte? »Natürlich.«
    Er stützte sich auf einen Ellbogen, um sie zu betrachten.
    Was hätte sie darum gegeben, mit seinen Augen zu sehen, zu wissen, warum er sie so anstarrte!
    Â»Darf ich dich küssen, Julia?«
    Â»Ja«, antwortete sie, ohne zu zögern.
    Zu ihrer Überraschung schob er vorsichtig die langärmelige Bluse von ihren Schultern. Obwohl sie darunter ein Top trug, waren ihre Arme nackt. Sie versuchte, sie wieder zu bedecken, doch er tat etwas völlig Unerwartetes.
    Er küsste ihre Arme.
    Und es war um sie geschehen.
    Sawyer nahm sie also nicht nur wahr, sondern akzeptierte sie. Er begehrte sie. Und sie kannte keinen anderen Menschen, der solche Gefühle für sie hegte.
    Sie liebten sich und blieben bis Tagesanbruch auf dem Football-Feld. Anschließend begleitete er sie nach Hause, und sie versprachen einander, in Verbindung zu bleiben. Ein Versprechen, das, wie sich herausstellte, nur einer von ihnen ernst nahm. Sie brach in dem Glauben zur Collier Reformatory in Maryland auf, alles überstehen zu können, weil Sawyer daheim auf sie wartete.
    Später sah sie ein, dass es ihre eigene Schuld gewesen war, ihr Glück in die Hände eines anderen Menschen zu legen, und verzieh ihm.
    In jener Nacht hatte sie zum ersten Mal seit einer Ewigkeit das Gefühl gehabt, glücklich zu sein. Darauf hatte sie sich einfach einlassen müssen.
    Doch manchmal fragte sie sich, ob sie in jenen Stunden das wahre Glück nicht auch verloren hatte.
    Und seitdem danach suchte.
    Ãœberall, nur nicht hier.

SECHS
    D a Emily am Nachmittag nichts Besseres zu tun und niemanden zum Reden hatte – Opa Vance war wieder einmal in seinem Zimmer und Julia nicht zu Hause –, begann sie zu putzen. Sie staubte ab, bis sie wie mit Raureif überzogen aussah. Als Erstes machte sie in ihrem Zimmer alles bis auf den Kronleuchter sauber, zu dem sie nicht hochkonnte, weil sie keine Leiter fand, und öffnete dann in den anderen Räumen die Jalousien, so dass Licht in Ecken drang, die lange keine Sonne mehr gesehen hatten. Anfangs war es noch ein Abenteuer – die Jagd nach dem nächtlichen Licht hatte ihre Neugier geweckt –, das Unbekannte und die Geschichte des Hauses zu
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