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Die Monster von Templeton

Die Monster von Templeton

Titel: Die Monster von Templeton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Groff
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Ehemann und sagte:
Ach, ich wusste doch, dass du kein Versager bist, ich wusste es!
Das Buch verlegte er selbst, unter Pseudonym. Es wurde ein großer Erfolg, wenngleich es aus heutiger Sicht kaum mehr ist als die blasse Imitation eines Salonromans, wie er damals in England so populär war. Bleiche Heldinnen mit rosenroten Wangen. Gestrenge Lords mit einem Herzen aus Gold. Menuette und Stickereien, kompromittierte jüngere Schwestern, Vergebung, Schäferstündchen.
    Jacob hatte die Geistesgegenwart, mit dem Schreiben weiterzumachen, und verfasste innerhalb weniger Monate ein weiteres Manuskript, das er diesmal unter seinem eigenen Namen veröffentlichte. Es galt als patriotischer Akt, sein Buch zu kaufen, denn alle Romane, die bis dahin im neuen Land konsumiert wurden, waren in England geschrieben und publiziert worden, während es nun endlich auch amerikanische Schriftsteller neben den britischen gab. Jacob wurde ein durchschlagender Erfolg zuteil. Er begann zu schreiben und zu schreiben, mit einer Schaffenslust, die umso erstaunlicher war, wenn man bedenkt, dass es damals weder Computer noch Schreibmaschinen gab, bloß Papier und Tinte und Gänsekiele und später jene neumodischen Füllfederhalter.
    Und so hielt sich die Familie die folgenden zehn Jahre in Europa auf, brachte das gesamte Geld durch, das Jacob mit seinen Büchern verdient hatte, plus den Überresten von Sophies Vermögen und auch dem von Jacob. Auf dem alten Kontinent lebte man in Saus und Braus, inmitten von Sophies Verehrern, wozu noch all die weiblichen Unverzichtbarkeiten kamen – die Fächer, die Spitze, die Bänder –, was derFamilie endgültig den Rest gab. Zu dem Zeitpunkt, als der haarige alte Richard ihnen in einem Brief mitteilte, er würde Jacob den familiären Geldhahn zudrehen, sollte er nicht auf der Stelle nach Templeton kommen, um sich um die Sanierung seiner Finanzen zu kümmern, waren die Franklin-Temples bereits verarmt. Damals hatten sie acht Töchter, die allesamt nach Blumen benannt waren, außer der jüngsten, Charlotte, oder Charlie, dem vom Vater heiß geliebten Nesthäkchen.
    An diesem Punkt beugte sich Hazel Pomeroy zu mir, die leicht trüben blauen Augen weit aufgerissen. «Und hier kommt der Clou», sagte sie verschwörerisch. «Etwas, das Sie von niemandem sonst erfahren werden. Schauen Sie sich das mal an.» Sie blätterte in einem Buch und schlug es bei einem lebhaft kolorierten Druck auf. «Das hier ist ein Bild, das sie von irgendeinem Maler in Paris anfertigen ließen. Schauen Sie es sich an, und sagen Sie mir, was Sie sehen.»
    Ich beugte mich vor und spähte auf das Bild. Man sah acht hübsche Mädchen, aufgereiht wie die Orgelpfeifen und in der typischen Aufmachung des neunzehnten Jahrhunderts. Ich schaute und schaute, zunächst vergeblich, auf der Suche nach dem, worauf Hazel mich aufmerksam machen wollte, bis schließlich der Groschen fiel. Es waren alle Haarfarben vertreten, von den dunkelroten Löckchen der kleinen Charlotte bis zu den hellblonden Haarschöpfen ihrer beiden Zwillingsschwestern. Auch der Teint war unterschiedlich und rangierte von Charlottes vornehmer Blässe bis zu den dunklen Olivtönen anderer Schwestern, und es gab eine solche Vielfalt von Nasen, Lippen, Wangen und Augen, dass es sich bei den Schwestern ebenso gut um eine Ansammlung von Mädchen aus dem Waisenhaus hätte handeln können. Einzig Charlotte hatte die dunklen Augen ihres Vaters; und nur Charlotte Marmadukes – und mein – breites Kinn.
    «Sie sehen nicht aus wie Schwestern», befand ich.
    Hazel Pomeroy nickte. «Niemand hätte es frei heraus gesagt. Aber es gibt durchaus Menschen, die glauben, dass Sophie es mit ihren ehelichenPflichten nicht besonders ernst nahm. Wenn Sie wissen, was ich meine. Vielleicht war Charlie ja ein Zufallstreffer. In einem ihrer ersten Briefe als verheiratete Frau schreibt Sophie De Lancey Temple an ihre Schwester, und ich zitiere: ‹
Wie seltsam, Dorothée, aber mein frischgebackener Ehemann singt zwar gern, er ist gesprächig und stets gut gelaunt, aber bei den unpassendsten Gelegenheiten scheint nur Eiswasser durch seine Adern zu laufen.
› Für mich klingt das wie ein versteckter Hinweis darauf, dass ihr Ehemann sie im Schlafgemach enttäuschte, denke ich, denn im Antwortbrief schlägt Dorothée ihrer Schwester vor, ihrem Mann einen Sud aus Pfefferkraut, Ginseng und Alraunwurzel zu verabreichen – wohlgemerkt, allesamt Aphrodisiaka – und, Zitat,
all die Bezirzungskünste einzusetzen,

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