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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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beobachtete sie schweigend. In ihrer Erregung stand sie auf und ging vor mir auf und ab.
    »Sie reden auch nicht gerade besonders viel, wie?« meinte sie dann.
    »Nur wenn ich etwas zu sagen habe. Im Augenblick reden Sie genug für uns beide.«
    Sie blieb vor mir stehen, beugte sich herab und befühlte meine Armmuskeln. Ich dachte, sie wollte irgend etwas mir mir anstellen, und spannte meine Muskeln an. »Ziemlich kräftig«, sagte sie und richtete sich wieder auf. Dann ging sie zum Schrank, goß sich abermals einen Drink ein und schluckte ihn, ohne mit der Wimper zu zucken. »Sie gefallen mir«, sagte sie. »Ich mag Ihren harten, gemeinen Blick. Ich habe einen Job für Sie.«
    »Was für einen,« fragte ich. Zuhälterei war nicht mein Fall.
    »Sie wissen natürlich, was für ein Etablissement ich hier habe, nicht wahr?« sagte sie und deutete auf den Raum.
    »Ja.«
    »Nun«, meinte sie, »ich brauche unbedingt einen Mann -jemanden, der die Kunden gewissermaßen an der Kandare hält, der dafür sorgt, daß sie keinen Ärger machen. Sie haben dabei nicht allzuviel zu tun. Kein eigentliches Rausschmeißen - nur gelegentlich - und dann sind es meistens Besoffene, und mit denen kann man leicht fertig werden. Sie brauchen nur wie ein Schlägertyp herumzustehen, so daß die Burschen Sie sehen. Das genügt schon. Und dann müssen Sie mit mir in die Läden gehen, damit die Leute denken, ich hätte nur ein gewöhnliches Logierhaus. Das bringt böse Zungen zum Schweigen. Dreißig Dollar die Woche. Außerdem Kost und Logis. Was halten Sie davon?«
    »Klingt nicht schlecht. Weicht allerdings etwas ab von dem, was ich bisher getan habe.«
    »Was haben sie denn schon getan - einen kleinen Raubüberfall hier und da? Und was bringt ihnen das ein? Eine Kugel in den Arsch. Das hier ist besser und lohnender.« Sie beugte sich über mich, und ich konnte ihre Fahne riechen.
    »Keine Zuhälterei«, sagte ich.
    »Keine Zuhälterei«, erklärte sie. »Wofür halten Sie dieses Haus denn eigentlich? Krethi und Plethi kommen hier nicht herein. Ich habe einen netten, ruhigen Kleinbetrieb.«
    »O. k.«, sagte ich und stand auf. »Wann soll ich anfangen?«
    »Jetzt gleich«, erwiderte sie lächelnd. »Aber eins will ich Ihnen noch sagen. Lassen Sie die Mädchen in Ruhe. Das soll nicht heißen, daß Sie nicht gelegentlich mal etwas Unsinn mit ihnen machen dürfen, wenn Ihnen danach ist. Aber ziehen Sie keine vor. Ich will keinen Streit unter meinen Mädchen.«
    »Ja, ich verstehe.«
    Sie trat dicht an mich heran. »Tun Sie Ihre Arbeit und kümmern Sie sich um nichts anderes. Dann wird man Sie hier nie finden.«
    »Das habe ich mir auch gedacht«, sagte ich.
    Sie ging zum Schrank und goß sich einen neuen Drink ein. Nachdem sie ihn hinuntergekippt hatte, sah sie mich wieder an. »Wie heißen Sie?« fragte sie.
    »Frankie«, erwiderte ich. »Frank Kane. Und wie ist Ihr Name?«
    »Sag einfach Großmutter zu mir, Frankie«, sagte sie und nahm wieder einen Schluck.
    Sie ging zur Tür. »Mary, Mary!« kreischte sie mit lauter Stimme. »Wo ist dein Gepäck?« fragte sie mich über die Schulter.
    »Was für Gepäck?«
    »Du hast es aber eilig gehabt«, lachte sie. »Die jungen Leute von heute. Einfach abhauen, ohne Überlegung! Pleite bist du wahrscheinlich auch.«
    Ich sagte nichts.
    »Das habe ich mir gedacht«, kakelte sie triumphierend. »Das hab' ich dir angesehen. Ich wette, daß du nicht einmal ein Zimmer bezahlen könntest, selbst wenn du eins gefunden hättest.«
    Lächelnd dachte ich an die 185 Dollar in meiner Tasche.
    »O. k.«, meinte sie. »O. k. Wenn wir heute nachmittag einkaufen gehen, kaufen wir etwas Zeug für dich: einen Anzug mit Schulterpolstern - das macht dich etwas stattlicher - und ein paar bunte Hemden.« Sie rief wieder nach Mary. Ein großes farbiges Mädchen kam ins Zimmer. »Was wünschen Sie?« fragte sie.
    »Mein Enkel aus New York ist gerade angekommen«, sagte die Alte. »Zeig ihm das leere Zimmer im dritten Stock.«
    Das Mädchen sah mich skeptisch an. Die Alte, die offenbar ihre Gedanken erriet, schrie sie an: »Was ist los? Hast du mich nicht verstanden? Mein Enkel! Ich kann ja wohl einen Enkel haben, oder nicht? Ich bin genauso wie die anderen Frauen hier in der Gegend. Die haben auch Kinder.«
    Das farbige Mädchen rümpfte die Nase. »Ich bin schon sechs Jahre bei Ihnen, Miz Mander. Ich habe noch nie gehört, daß Sie Verwandte haben.«
    »Oh, diese Nigger!« rief die Alte und wandte sich an mich. »Wenn man sie

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