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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Coca-Cola nach dem Polizisten geworfen, und der Polizist liegt im Krankenhaus, und darum muß ich mich jetzt aus dem Staub machen.«
    »Aber Gerro -«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Hat er -große Schmerzen gehabt?«
    »Nein«, sagte ich sanft. »Es passierte alles zu schnell. Er kann nichts gespürt haben.« Ich wußte nicht, ob es so war oder nicht, aber für ihn machte es keinen Unterschied mehr, und für sie war es besser, wenn sie glaubte, daß es so gewesen sei.
    Sie richtete sich halb auf. »Ich bin froh, daß ihm das erspart blieb«, flüsterte sie, »er konnte keine Schmerzen ertragen.« Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen und begann zu weinen.
    Ich überließ sie eine Weile ihrem Schmerz. Dann stand ich auf. Je länger ich hierblieb, desto gefährlicher wurde es für mich. Ich durfte mich nicht mehr lange aufhalten. Allmählich hörte sie auf zu weinen und blickte zu mir auf.
    »Du warst sein Freund«, sagte sie. »Er war so stolz darauf, daß du für ihn gekämpft hast. Das hat er mir oft gesagt. Und auch zuletzt hast du dich noch für ihn eingesetzt.«
    Ich wußte nicht, was ich darauf sagen sollte. Man konnte nicht leichthin sagen: >Es war nichts Besonderes. Ich habe es gern getan.< Solche Dinge passierten nun mal, und man konnte nichts daran ändern.
    »Ich bin sehr traurig«, sagte ich schließlich. »Wie nahe es mir geht, kannst du dir gar nicht vorstellen. Er war ein toller Bursche.«
    »Er war einmalig in seiner Art«, sagte sie.
    Wir schwiegen eine Weile. Dann wandte ich mich zum Gehen.
    »Wenn du meinst, daß ich dich jetzt allein lassen kann, geh ich.«
    »Ich werd' schon allein fertig«, sagte sie dumpf.
    »Leb wohl«, rief ich ihr von der Tür her zu.
    »Leb wohl«, sagte sie.
    Ich drehte mich um und ging zur Tür, die auf den Korridor führte. Auf einmal hörte ich rasche Schritte hinter mir, und im
    nächsten Augenblick lag Marianne in meinen Armen.
    Ich hielt sie fest umschlungen, so daß unsere Wangen sich berührten und ihre Tränen mein Gesicht netzten. Ich strich ihr sanft über das Haar. »Marianne.«
    Ihre Lippen waren dicht an meinem Ohr: »Bitte, sei vorsichtig. Und komm zurück. Ich brauche dich jetzt... «
    Ich ließ sie nicht aussprechen, was sie sagen wollte. »Ich komme wieder«, flüsterte ich heiser. »Wenn der Sommer vorbei ist und wenn über diese Geschichte Gras gewachsen ist, komme ich wieder.«
    »Versprichst du mir das?« fragte sie wie ein kleines Kind.
    »Ich verspreche es dir.« Ich blickte ihr tief in die Augen. Tränen schimmerten darin. Ihre Augen waren violett, nicht grau, wie ich gedacht hatte. »Warte auf mich. Ich komm' zurück.« Ich ließ sie gehen, ohne sie zu küssen.
    »Sei vorsichtig, Liebster«, rief sie mir nach, als ich die Tür hinter mir schloß.
    Draußen war es dunkel, und es schien mir zu gefährlich, zum Bahnhof zu gehen. Wenn die Polizisten inzwischen festgestellt hatten, wer die Flasche geworfen hatte, würde sie mich dort abzufangen versuchen. Die beste Möglichkeit für mich war die Fähre nach New Jersey.
    Die Fahrt mit der Fähre ging glatt. Ein Lastwagenfahrer nahm mich in seinem Wagen mit. Im Bahnhof von Newark kaufte ich mir eine Fahrkarte nach Atlantic City. Das war ein Seebadeort und bot die besten Arbeitsgelegenheiten.
    Während ich auf meinen Zug wartete, blickte ich mich mit einem bitteren Gefühl im Bahnhof um. Wieder einmal saß ich auf dem alten Karussell. Ob ich wohl je zur Ruhe kommen würde? Dann lächelte ich vor mich hin.
    »Liebster«, hatte sie gesagt. Zum erstenmal in meinem Leben war ich richtig verliebt.
    Zwei Stunden nachdem ich in Atlantic City angekommen war, hatte ich bereits Arbeit. Ich bekam einen Job in einer Erfrischungshalle an der Promenade. Ich hatte die Spätschicht von drei Uhr nachmittags bis ein Uhr morgens. Dafür kriegte ich zwanzig Dollar die Woche und freie Mahlzeiten. Ich mußte sieben Tage in der Woche arbeiten, und das Ganze dauerte nur bis Ende September. Das paßte mir ganz gut. Ich wußte ja, wo ich hingehen würde, wenn der Sommer vorüber war.
    Als ich den Job bekommen hatte, nahm ich mir für acht Dollar die Woche ein Zimmer in einem billigen Hotel, das nur einige Häuserblocks von meiner Arbeitsstätte entfernt lag. Nach ein paar Tagen hatte ich mich gut eingearbeitet. Meine Erfahrungen aus Ottos Eiscremestube kamen mir dabei zustatten.
    Im allgemeinen verbrachte ich meine Tage am Strand. Kurz vor Beginn meiner Arbeitszeit kehrte ich ins Hotel zurück, zog mich an und ging dann in

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