Die Moralisten
hat.«
»Die scheinen ja bange zu sein wie alte Weiber«, sagte Cesare verächtlich. »Von mir hat die Polizei absolut nichts erfahren.«
»Trotzdem machen sie sich Sorgen.«
»Erkläre ihnen bitte, daß sie nichts zu fürchten brauchen. Ich will mit keinem von denen das geringste zu tun haben.«
Emilio schüttelte wieder den Kopf. »Ich werde deine Bitte erfüllen, mein Neffe. Aber sei vorsichtig, bis du wieder von mir hörst. Es sind gefährliche Männer.«
»Vorsichtig werde ich sein, Don Emilio«, antwortete Cesare lächelnd. »Ich hoffe nur, daß die anderen ebenfalls vorsichtig sind, in ihrem eigenen Interesse.«
»Auch das werde ich ihnen mitteilen«, sagte Emilio.
Cesare nickte. »Gut. Und wann höre ich wieder von dir?«
»Im nächsten Monat«, antwortete Emilio. »Über den Beschluß des Konsiliums werde ich dich bei dem Sportwagenrennen in Gran Mexico informieren. Du wirst deinen Ferrari zur Teilnahme anmelden. Dein Mechaniker wird in Italien aufgehalten werden, und wenn du, einen Tag vor dem Rennen, in Mexico City eintriffst, wirst du telegrafisch benachrichtigt, daß er erkrankt sei. Dann engagierst du einen, den ich extra für dich hinschicke. Weitere Instruktionen bekommst du rechtzeitig.«
Cesare nickte wieder. »Sollten meine Pläne sich ändern, dann hinterlege ich Nachricht für dich, wie früher im Restaurant Quarter Moon in Harlem.«
»Einverstanden.« Emilio umarmte seinen Neffen und ergriff dessen Hand mit dem Gelöbnis: »Ich bin bereit, für dich zu sterben.«
Cesare sah ihn einen Moment fest an, bevor er den üblichen Satz »Ich bin bereit für dich zu sterben« wiederholte.
Schnell glitt er aus der Tür.
Emilio hörte den Riegel zuschnappen. Er schloß auch auf seiner Seite zu, legte den Schlüssel in den Arzneischrank zurück, drehte den Wasserhahn zu und verließ das Bad. Er war besorgt. Cesare hatte sich durch die Weigerung, der Bruderschaft beizutreten, selber sein Todesurteil gesprochen. Und jetzt mußte auch er, Emilio, sich für Cesares Tod einsetzen. Schade nur, daß er weder Zeit noch Gelegenheit hatte, die anderen von seinem Gesinnungswechsel zu unterrichten.
Auf der Lexington Avenue in Manhattan gibt es ein Restaurant, in dem angeblich die besten Steaks der Welt serviert werden, und die Spaghetti sollen sogar noch besser sein als in Italien. Kein Wunder, daß sich die Preise in diesem Lokal in schwindelnder Höhe bewegen. Wer es sich erlauben kann, hier oft zu essen, tut es entweder auf Spesenkonto, oder er hat Geld in Massen.
Big Dutch stopfte ein großes Stück von einem halb durchgebratenen Steak in den Mund und kaute genußvoll. Ein dünnes Rinnsal Soße lief ihm übers Kinn. Er wischte es mit einem Brocken Weißbrot ab und schob das Brot dem Fleisch nach. Als er eine Weile gekaut hatte, blickte er seine beiden Kollegen an. »Was ihr meint, Jungs, ist mir egal«, murmelte er. »Ich sage, daß wir ihn umlegen müssen.«
Allie Fargo starrte ihn an. »Aber wir wissen ja nicht mal, ob er der Richtige ist«, protestierte er. »Emilio hat uns doch bisher keinen reinen Wein eingeschenkt.«
Big Dutch verschlang den nächsten Happen und säbelte wieder ein Stück ab. »Was soll uns das scheren!« sagte er grimmig. »Die Zeit, ihn erst noch zu überprüfen, haben wir nicht. Die Presse hat ja schon berichtet, daß er vom FBI verhört wurde. Und was passiert uns, wenn er plötzlich anfängt zu singen?«
Dandy Nick glotzte angewidert auf seinen Teller. So reichliche teure Speisen waren bei ihm glatte Verschwendung, da er ein schwacher Esser war. »Mir paßt das nicht«, widersprach er. »Emilio hat bestimmt, daß wir nichts unternehmen, sondern abwarten sollen, bis Bescheid aus Italien kommt. Er will die Sache erst mit Luciano und Joe besprechen.«
»Emilio hat bestimmt, Emilio hat bestimmt!« stieß Big Dutch, der den Mund noch voll hatte, ärgerlich hervor. Er schluckte rasch und fuhr fort: »Ich bin’s leid, immer zu hören, was Emilio bestimmt! Diese Italiener drüben sitzen auf ihren fetten Hintern, während wir hier unsere Köpfe hinhalten! Die bilden sich ein, daß ihnen das ganze Unternehmen noch allein gehört, weil sie’s gegründet haben.«
Unwillkürlich warf Dandy Nick forschende Blicke durch das Restaurant. Er fürchtete, daß jemand sie belauschen könnte, und sagte leise: »Nun aber sachte, Freundchen. Wenn du hier so redest, kann’s leicht passieren, daß sie bei dir selber Maß nehmen.«
Big Dutch sah ihn böse an. »Woher wollt ihr wissen, ob sie
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