Die Moralisten
Blicke. Nachdem sie den Kellner mit einer Kaffeebestellung weggeschickt hatten, begannen sie miteinander zu flüstern. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, sich den Rücken zu decken. Sie mußten Emilio eine Nachricht zustellen lassen.
Zwölftes Kapitel
Es ging lebhaft zu beim wöchentlichen Treffen der Fechter im Hause des New Yorker Athletic Clubs am Central Park. Im kleinen Sportsaal klirrten pausenlos die Florette.
Cesares Klinge sauste blitzend herab, umfuhr in einem genau abgezirkelten Bogen die Parade seines Gegners, und schon tippte die Spitze der Waffe auf das kleine rote Herz, das ins Fechthemd eingestickt war.
»Touché!« sagte der Gegner, trat zurück und hob salutierend sein Florett.
Cesare schob seine Maske über die Stirn. »Sie haben Ihre Sache gut gemacht, Hank«, sagte er, »aber Sie müssen Ihr Handgelenk mehr trainieren. Es ist nicht widerstandsfähig genug.«
»Wollen Sie sich für das Turnier im nächsten Monat melden, Cesare?« fragte Hank schwer atmend.
»Wahrscheinlich nicht. Ich habe schon für das Autorennen von Gran Mexico zugesagt und bin dann gewiß nicht rechtzeitig wieder hier.«
Sein Partner nickte. »Schade. Ohne Sie hat unser Team keine großen Chancen. Jedenfalls schönen Dank für die Lektion.«
Cesare nickte. »Gern geschehen.« Er wandte sich an die kleine Schar der Zuschauer und fragte scherzend: »Wen darf ich nun als nächsten - abstechen?«
Sie lachten ein bißchen verlegen. »Ich glaube, da müssen Sie warten, bis Fortini kommt«, sagte einer. »Wir sind nicht so hohe Klasse wie Sie.« Fortini war der Fechtmeister des Klubs.
»Na schön.« Cesare setzte seine Maske ab.
In diesem Augenblick rief jemand vom Eingang her: »Würden Sie mir eine Chance geben?«
Cesare drehte sich um und sah Baker, schon im Fechtanzug. »Aber natürlich, Mr. Baker, gern.«
Baker kam näher und suchte sich am Ständer ein Florett aus. Er machte ein paar Lufthiebe, um sein Handgelenk zu lockern, nahm das Florett in die Linke und drückte mit der Rechten Cesares Hand. »Graf Cardinali«, sagte er, »als ich erfuhr, daß Sie Mitglied dieses Klubs sind, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, mit einem der wirklich großartigen Fechter unserer Zeit die Klingen zu kreuzen.«
Cesare lächelte zurückhaltend. »Es ist mir eine Ehre. Sehr freundlich von Ihnen. Wollen Sie sich vorher noch ein bißchen Bewegung machen?«
»Danke, nein. Besser als jetzt kann ich sowieso nicht in Form sein. Ich hoffe, Ihnen wenigstens einige interessante Momente bieten zu können.«
»Davon bin ich überzeugt.«
Sie begaben sich zur Mitte, in die Grundstellung. Cesare lächelte wieder. »Ich wußte gar nicht, daß auch Sie hier Mitglied sind.«
»Leider habe ich nicht genügend Zeit zum Trainieren«, sagte Baker. »Mein Beruf nimmt mich zu stark in Anspruch.« Er zog sich die Maske übers Gesicht. »Sind Sie bereit?«
Cesare nickte und schloß auch seine Maske. Die Klingen kreuzten sich schräg vor ihnen. »En garde!« rief Baker.
Er machte einen Ausfall. Cesare lenkte den Stoß ab und trat einen Schritt zurück. Er spürte sofort, daß Baker kein durchschnittlicher Amateur war. Neugierig wartete er auf die nächste Attacke. Vielleicht wurde dieses Match doch noch zu einem Vergnügen?
Unter den Zuschauern, die sich im Kreis aufstellten, war sofort eine eigenartige Spannung fühlbar. Baker drang mit geradezu wütender Konzentration auf Cesare ein, dessen Klinge blitzschnell blinkte, als er die Stöße parierte und die Attacken eine nach der anderen abschlug. Langsam, Schritt um Schritt, wich er dabei zurück. Die Zuschauer begannen zu murmeln. Sah es nicht aus, als sei Cesare unterlegen?
Baker drängte nach, seine Zuversicht wuchs. Cardinali schien ja längst nicht so gut zu sein wie sein Ruf. Da - ein wuchtiger Stoß von ihm, und ihre Klingen verfingen sich. Baker versuchte sein Florett frei zu machen, doch Cesare hielt ihn leicht fest. Mit aller Kraft drückte Baker nach, aber Cesare wich jetzt um keinen Zentimeter zurück. Baker kam es vor, als müsse er gegen eine große stählerne Feder drücken. Plötzlich wußte er, daß Cardinali nur mit ihm gespielt hatte.
In diesem Moment stieß Cesare ihn durch jähen Druck auf die gebundene Klinge zurück. Mehrere Schritte mußte Baker weichen, ehe er sein Florett freimachen konnte. Vorspringend schlug er eine schöne Finte, doch den darauffolgenden geraden Stoß fing Cesare prompt ab. Er lachte. »Sehr gut. Von Maestro Antonelli gelernt?« Es klang
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