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Die Morgengabe

Die Morgengabe

Titel: Die Morgengabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ibbotson
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Land, sondern
bat höchstens darum, daß die Leute die Gatter wieder schlossen; er hatte ein
Wegerecht über die Dünen nach Bowmont Mill eingeräumt, und jetzt war gar die
Rede davon, daß er Bowmont eines Tages – vielleicht nicht, solange sie noch
lebte –, aber doch irgendwann dem National Trust übergeben würde. Frances schauderte
bei dem Gedanken.
    Die Sonne war jetzt ganz
aufgegangen. Wie weiße Pfeile schwirrten die Seeschwalben über dem tiefen Blau
des Wassers; Glockenblumen, Schafgarbe und rosarote Grasnelken leuchteten im
Gras, aber Frances, die sonst so aufmerksam war, sah nur das Gespenst einer
düsteren Zukunft. Auf der unteren Wiese ein Parkplatz, Imbißbuden, Busse mit
stinkenden Auspuffrohren, die die Ausflügler scharenweise ausspien. Der
bedauernswerte Frampton hatte es getan, er hatte sein Haus weggegeben, und nun
standen vulgäre kleine grüne Hütten an den Toren von Frampton Court, und Männer
mit Schirmmützen wie Türsteher knipsten Eintrittskarten, und es gab eine
Kantine und einen Andenkenstand. Aber Frampton hatte eine Entschuldigung; er
war bankrott gewesen. Quin hatte eine solche Entschuldigung nicht. Das Gut
machte Gewinn, die Mieten aus dem Dorf warfen genug ab für Reparaturen und
Sanierung, und sein Großvater hatte ihn durch seinen Nachlaß zum reichen Mann
gemacht. Wenn Quin sein Erbe verschenkte, so war das unverantwortlich und
verrückt.
    Sie wandte sich ab und ging durch
die Tür neben dem Turm ins Haus, in einen Vorratsraum, den sie zum Zwinger für
ihre Labradorhunde umfunktioniert hatte.
    «Wie machen sie sich, Martha?»
    «Großartig, Miss Frances. Ganz
großartig.»
    Eigentlich war Martha als Zofe zu
ihr gekommen, aber nach der gelösten Verlobung heimgekehrt, hatte Frances
Somerville jeglichem Verlangen, sich schön anzuziehen und zu schmücken abgeschworen,
und seither kümmerte sich Martha um die Hunde.
    Die Hündin, von ihren fünf gierig
saugenden Welpen belagert, wedelte zur Begrüßung mit dem Schwanz und ließ den
Kopf wieder auf das Stroh sinken.
    Gute Rasse. Comely war in Wales
gedeckt worden – Frances hatte sie selbst hingebracht, und es war mühsam
gewesen, aber es zahlte sich immer aus, auf den Stammbaum Wert zu legen.
    Warum um alles in der Welt heiratet
Quin nicht endlich, dachte sie, während sie über den Hof ging. Natürlich nicht
eine von diesen Frauen, die er manchmal hier anschleppte: Schauspielerinnen
oder kapriziöse Pariserinnen, die fröstelnd im Pelzmantel zum Frühstück kamen
und sich nach der Zentralheizung erkundigten. Nein, eine Frau seiner eigenen
Klasse, eine Frau aus gutem Stall. Wenn er erst ein oder zwei kräftige kleine
Söhne hatte, würde er diesen ganzen Unsinn mit dem National Trust bestimmt
schnellstens vergessen.
    Später im Salon kam das Thema von neuem zur Sprache.
Lady Rothley, Frances Somervilles beste Freundin, soweit Frances Freundschaft
überhaupt zuließ, verlangte keine besonderen Umstände, wenn sie kam. Man
brauchte nicht erst ein Feuer zu machen, man brauchte die Hunde nicht von den
Sesseln zu verjagen. Ann Rothley züchtete selbst Jack Russels, und in Rothley
Hall waren sämtliche Gobelinsofas voll kurzer weißer Haare.
    «Ich dachte, Quin wäre längst
zurück», sagte sie, während sie die Tasse aus feinem Porzellan zum Mund führte
und mit Genuß von ihrem Kaffee trank.
    «Er ist in Wien aufgehalten worden»,
erklärte Frances. «Er bekam dort irgendeinen Ehrentitel und mußte danach noch
bleiben, um irgendwelche Dinge zu erledigen.»
    Lady Rothley, eine dunkle
gutaussehende Frau in den Vierzigern, nickte. Sie hatte gegen Quins
wissenschaftliche Tätigkeit nichts einzuwenden. Solche Auswüchse kamen in
diesen guten alten Familien eben manchmal vor. Die Trevelyans, zum Beispiel,
drüben in Wallington, schrieben dauernd an irgendwelchen geschichtlichen
Schinken.
    «Tja, Frances, tut mir leid, aber du
wirst ihm irgendwie beibringen müssen, daß ich diesen deutschen Flüchtling,
den er mir aufgehalst hat, entlassen mußte. Den
Opernsänger aus Dresden. Es ging wirklich nicht anders. Ich habe ihn in die
Molkerei geschickt, weil wir im Haus niemanden brauchten, aber es war ein
Desaster. Eine der Mägde hat sich in ihn vergafft, und von Kühen hatte er keine
Ahnung.»
    «Ach, du meine Güte», sagte Frances
nur.
    «Ja. Ich habe ihn wirklich nicht
gern entlassen, aber die Kühe sind nun mal nicht musikalisch. Du weißt, ich
würde für Quin fast alles tun, aber es geht einfach nicht, daß er uns alle für
seine

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