Die Morrigan: Wild Roses, Staffel 1, Band 3 (German Edition)
schenk ihr so bald wie möglich reinen Wein ein!“ Als Rose es ihr versprach, machte sie sich aus Roses Griff los und deutete auf den Thingplatz.
In diesem Augenblick trat Ronan, Alans Vater und der Häuptling des Dorfes, in die Mitte des Platzes und bat um Ruhe. Die Mitglieder des Ältestenrats hatten sich vor dem Langhaus versammelt, und auch Alan und seine Mutter standen dort. Connor riss sich von seinen Gefährten los und kam zu Enora und Rose. Gemeinsam lauschten sie Ronans Bericht. Er erzählte, was die Späher des Dorfes herausgefunden hatten. Die Römer hatten Plouharnel verlassen und sich auf den Weg gemacht, um das nächste keltische Dorf zu erobern. Sie waren auf dem Weg nach Erdeven!
Diese Nachricht löste besorgtes Gemurmel aus. Ängstliche Fragen schwirrten durch die Luft. Jemand rief, dass man sich auf den Kampf vorbereiten sollte, andere wollten sich lieber in Sicherheit bringen. Bevor die Unruhe zu groß werden konnte, bat Alan seinen Vater um das Wort.
Ronan nickte ihm zu. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er glaubte, Alan wolle eine flammende Kampfesrede halten.
Rose sah zu, wie Alan auf einen Baumstamm stieg, damit die anderen Dorfbewohner ihn besser sehen konnten. Was würde er jetzt sagen?, fragte sie sich. Er hatte lange darüber nachgedacht, aber er hatte es ihr nicht verraten. „Wir sollten mit den Römern verhandeln“, rief er nun und löste damit verwundertes Gemurmel aus. „Die römische Armee ist unseren Kriegern um das Hundertfache überlegen. Es würde den sicheren Tod bedeuten, gegen sie zu kämpfen, aber ich weiß von anderen Dörfern, die sich ihnen ergeben haben, dass sie sie verschont haben!“
Rose wusste nicht, ob sie erschrocken oder stolz sein sollte. Sie dachte an die Worte, die er kurz zuvor bei den Wildrosen zu ihr gesagt hatte. Wenn es in meiner Macht steht, dich vor Unheil zu bewahren, würde ich alles dafür tun, hatte er gesagt. Sie hatte ihn missverstanden, hatte gedacht, dass er der Erste sein würde, der sich in den Kampf stürzen würde. Jetzt sah sie ihn mit ganz anderen Augen an, und ihr wurde warm bei dem Gedanken, wie sehr er sie lieben musste. Für sie war er sogar bereit, sein Dasein als Krieger aufzugeben ...
Ihre Blicke begegneten sich kurz über die Menge hinweg, und ein kaum wahrnehmbares Lächeln spielt um Alans Mundwinkel. Am liebsten hätte sich Rose einen Weg durch die Menge gebahnt und wäre ihm um den Hals gefallen. Doch dann bemerkte sie den missbilligenden Ausdruck in den Augen seines Vaters und der meisten anderen Männer, und sie begriff, dass Alan mit seiner Meinung weitgehend allein da stand.
„Was ist in dich gefahren, Häuptlingssohn?“, schrie jemand in der Menge. Und eine weitere Stimme höhnte: „Hat dir etwa ein Weib das Gehirn aufgeweicht?“
Alan ließ diese und auch alle weiteren Schmähungen äußerlich ruhig über sich ergehen, aber Rose wusste, dass ihn die Rufe trafen.
Endlich dröhnte Ronans Bassstimme über den Thingplatz: „Ruhe! Ich bitte euch um eure Aufmerksamkeit!“ Er wartete, bis die Menge sich beruhigt hatte. „Wir befinden uns in einer gefährlichen Situation. Es ist nicht einfach zu entscheiden, was wir als Nächstes tun sollten. Aus diesem Grund habe ich unsere Priesterin gebeten, unser aller Mutter, die Göttin Morgana, um Rat zu fragen. Wenn wir Menschen nicht mehr weiterwissen, können uns nur noch die Götter helfen!“
Zustimmende Rufe schallten über den Platz, Köpfe nickten. Alan presste die Lippen zu schmalen Strichen zusammen.
„Was für ein brillanter Weg, seine Meinung durchzusetzen“, wisperte Branwen Rose zu, und verbittert musste Rose ihr recht geben. Morgana war zwar die große Königin Mutter, aber auch die Göttin des Krieges. Natürlich würde sie den Krieg wählen – und Ronan hätte damit seinen Willen, den Willen, den Römern entschlossen und todesmutig entgegenzutreten, durchgesetzt, ohne die Autorität seines Sohnes zu untergraben.
Nicht, dass es noch einen Sinn gehabt hatte, dachte Rose verzweifelt. Denn wenn Alan zusammen mit den anderen Männern in die Schlacht gegen die Römer zog, würden sie den kommenden Tag nicht mehr erleben. Ihr Herz wurde so eng, dass sie kaum noch atmen konnte. Verzweifelt suchte sie Alans Blick, aber er wich ihr nun aus. Sie konnte sehen, dass sich seine Brust hob und senkte, als er machtlos zusah, wie die Geschehnisse ihren Lauf nahmen.
Die Priesterin Glynis trat in die Mitte des Platzes und baute sich neben Ronan auf. Das Gemurmel ging
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