Die Moselreise - Roman eines Kindes
würden. Papa sagte, dass wir heute Abend in Traben-Trarbach übernachten und morgen dann mit dem Zug nach Trier fahren würden. Er zeigte mir auch die Karte von der Mosel, damit ich verstand, warum wir nicht auch noch die restlichen Orte der Mosel bis nach Trier besuchten. Papa sagte nämlich, dass es nicht in allen Orten zwischen Traben-Trarbach und Trier eine Eisenbahn gebe, wohl aber in Traben-Trarbach, so dass wir von Traben-Trarbach aus in einem Stück nach Trier fahren könnten. Dass wir die restlichen Orte an der Mosel nicht alle noch sehen würden, sei aber nicht schlimm, schließlich wisse ich ja nun genau, wie es an der Mosel ausschaue, ja, das wisse ich jetzt ziemlich genau. Statt alle restlichen Orte an der Mosel anzuschauen, wollten wir lieber noch zwei, drei Tage in Trier verbringen. In Trier gebe es nämlich sehr viel zu sehen, denn Trier sei die Hauptstadt des Mosellandes und außerdem sei Trier eine uralte römische Stadt mit einem großen, mächtigen Dom und mit vielen anderen interessanten Bauten, von denen wir uns einige ansehen würden.
Schließlich aber sagte Papa noch, dass er überlege, ob wir uns morgen früh nicht doch noch einen einzigen Moselort anschauen sollten. Dieser Ort heiße Bernkastel-Kues, und es sei ein Ort, der eigentlich aus zwei Orten, nämlich aus Bernkastel und Kues, bestehe. Ich fragte Papa, warum wir uns Bernkastel-Kues noch anschauen sollten, da sagte Papa, dass in Bernkastel-Kues einer der wichtigsten Männer des
Mittelalters geboren worden sei. Dieser Mann heiße Nikolaus von Kues, und er sei später ein großer Kardinal in Rom in der Nähe des Papstes gewesen. In Kues stehe das Geburtshaus dieses großen Mannes, und es reize ihn sehr, dieses Geburtshaus zu sehen, auch wenn das Geburtshaus zu sehen für mich vielleicht etwas langweilig sei.
Ich sagte Papa, dass ich mir das Geburtshaus des großen Mannes auch gern einmal anschauen würde und dass ich in Bernkastel-Kues dann weiter in dem Buch »Der Knabe im Brunnen« lesen werde, während Papa sich dann alles um das Geburtshaus herum noch genauer anschauen könne. Papa sagte, er lasse sich das alles noch einmal durch den Kopf gehen und außerdem müsse er sich erkundigen, wie wir von Traben-Trarbach nach Bernkastel-Kues kämen und dann wieder zurück. Zu Fuß könnten wir die Strecke morgen jedenfalls nicht gehen, denn zu Fuß sei eine solche Strecke zu weit.
Der große Mann aus Kues
Papa interessiert sich sehr für den großen Mann aus Kues. Wie von dem römischen Dichter Ausonius, so hat er auch von dem großen Mann aus Kues ein kleines Buch dabei. Auch das Buch des großen Mannes aus Kues ist lateinisch. Es heißt »De visione Dei«, und das heißt auf Deutsch: »Das Sehen Gottes.« Ich habe Papa gefragt, ob »Das Sehen Gottes« ein schwieriges Buch sei, da hat Papa geantwortet, »nein, gar nicht«. Und weiter hat er gesagt, dass er mir einige Stellen aus dem Buch des großen Mannes aus Kues vorlesen werde, und zwar solche, die ich sofort verstehen und für immer behalten werde.
Wir haben ziemlich lange in dem Campinghaus gesessen, und ich habe viel in dem Buch von Stefan Andres gelesen. Dann aber wurde es draußen immer klarer und heller, und so haben wir uns von den Campern verabschiedet und sind wieder auf die Fahrräder gestiegen. Ich habe Papa gefragt, ob wir auch einmal irgendwo campen würden, da aber hat Papa gesagt: »auf gar keinen Fall, nein, das nicht.« Ich hatte eigentlich auch keine große Lust zum Campen, wohl aber zum Zelten, deshalb habe ich Papa gefragt, ob wir nicht wenigstens einmal irgendwo zelten könnten. Da hat Papa geantwortet, Zelten sei etwas anderes, zelten würden wir schon bald einmal zusammen, aber wir würden nicht auf einem Campingplatz zelten, sondern in der freien, stillen Natur.
Zelten
Ich freue mich sehr auf das Zelten. Papa und ich werden in das Zelt hinein kriechen und uns auf den Rücken legen und an die Decke des Zeltes schauen. Dann werden wir uns etwas erzählen. Wir werden unter dicken Decken und auf einer Luftmatratze liegen, und wir werden alle Geräusche der Natur genau hören. Vielleicht werden wir vor unserem Zelt auch ein Lagerfeuer machen, dann werden wir zelten wie die Indianer, und ich werde Papa Indianer-Geschichten vorlesen. Ich werde meine schönen Indianer-Fotos zum Zelten mitnehmen, ich meine die alten Fotos, auf denen die Indianer auf einem Berg stehen und in eine Schlucht blicken und etwas in die Schlucht rufen.
Wir sind dann auf unseren
Weitere Kostenlose Bücher