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Die Moselreise - Roman eines Kindes

Titel: Die Moselreise - Roman eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns-Josef Ortheil
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darüber nachgedacht hat, was die Mama sich wohl außer den römischen Überbleibseln noch alles anschauen möchte.
    Was Mama sich gerne anschaut
    Papa schaut sich gerne römische Überbleibsel und andere Sehenswürdigkeiten an. Mama schaut sich das alles auch gerne an, aber nicht so genau und nicht so lange. Mama schaut sich lieber die Stadt an, die Straßen, die Häuser, Mama geht gern
ohne Plan durch eine Stadt spazieren. Dann geht sie in Kaufhäuser und in viele kleine Läden, aber sie will in den Kaufhäusern und kleinen Läden gar nichts kaufen. Mama schaut sich nur gerne an, was es alles zu kaufen gibt, aber Mama kauft nur sehr selten etwas von dem, was sie sieht. Sehr gern schaut Mama sich Gärten und Blumen an. Seltene Blumen kauft Mama manchmal sogar sofort, und dann müssen Papa und ich die seltenen Blumen in den Westerwald bringen, wo Mama sie im großen Garten unseres Ferienhäuschens einpflanzt.
    Wir sind dann auf eine breite, große Straße eingebogen, und da haben wir plötzlich ein großes, dunkles, sehr seltsames Tor mit vielen Bögen und Durchblicken gesehen. Da ist Papa stehen geblieben und hat gesagt, dass dies die berühmte »Porta Nigra« sei und dann hat er die »Porta Nigra« so angeschaut, als wolle er vor der »Porta Nigra« gleich den Hut ziehen. Das jedenfalls hat die Mama gesagt, die Mama hat nämlich zu Papa gesagt »Du stehst da, als wolltest Du vor der Porta Nigra den Hut ziehen«, und dann hat sie noch gesagt: »Wir gehen jetzt erst einmal frühstücken, und dann schauen wir uns die Porta Nigra an und ziehen vor der Porta Nigra den Hut.« Ich habe gleich bemerkt, dass Papa das nicht ganz recht war, Papa hat aber zunächst einen Moment geschwiegen, und erst als wir weiter gegangen sind, hat er gesagt: »Wir sollten uns erst die Porta Nigra anschauen und dann frühstücken gehen. Jetzt ist nämlich noch kein Mensch in der Porta Nigra, jetzt haben wir sie noch ganz für uns allein.« Da aber hat Mama den Kopf geschüttelt und gesagt: »Nein, Josef, jetzt sei bitte nicht stur: Wir frühstücken jetzt schön zusammen, und dann tun wir Dir jeden Gefallen.«
Während sie das gesagt hat, hat sie sich aber bei Papa eingehängt, und da hat Papa nichts mehr gesagt, und wir sind zusammen zu einem Café am Marktplatz gegangen und haben dort draußen, vor dem Café, unter einem Sonnenschirm gefrühstückt. Mama hat sehr dunklen Tee getrunken und dazu ein Hörnchen mit Marmelade gegessen, und Papa hat Kaffee getrunken und ich habe eine warme Milch getrunken, und wir haben alle keine Brötchen und kein Brot, sondern lauwarme, sehr gute Hörnchen mit etwas Butter oder mit Marmelade gegessen. Papa hat dann noch kurz in einigen Zeitungen geblättert, während Mama ihren Tee ganz langsam zu Ende getrunken hat. Dann aber haben wir bezahlt und sind zur »Porta Nigra« gegangen, um uns die »Porta Nigra« in Ruhe anzuschauen.
     
    Wir haben uns also direkt vor die »Porta Nigra« gestellt, und Papa hat angefangen, uns die »Porta Nigra« zu erklären. Da Papa die »Porta Nigra« schon einmal gesehen hatte, wusste er bereits viel über sie, und so hat Papa uns erklärt, dass die »Porta Nigra« einmal ein römisches Stadttor war und dass sie aus Sandstein gebaut ist und dass der Sandstein in den Jahrhunderten nach ihrem Bau immer dunkler geworden ist und dass die »Porta Nigra« wegen ihrer dunklen Steine »Porta Nigra« genannt wurde. »Na, dann gehen wir doch mal hinein in Deine Porta Nigra«, hat Mama da gesagt, und Papa hat Mama einen Moment lang angeschaut, weil er sich gewundert hat, dass Mama es so eilig hatte damit, in die »Porta Nigra« hinein zu gehen.

     
    Innen in der »Porta Nigra« wanderten Reisegruppen herum, und jede Gruppe folgte einer Reiseführerin oder einem Reiseführer. Deshalb war es in der »Porta Nigra« sehr unruhig und laut, was Papa anscheinend ärgerte, denn er sagte »gehen wir mal auf die andere Seite, da ist es ruhiger«, doch als wir auf der anderen, ruhigeren Seite angekommen waren, wurde es dort gerade unruhig, so dass Papa gleich wieder sagte »wir sind auf der falschen Seite, die andere Seite ist ruhiger«. Mama aber sagte gar nichts, sondern lehnte sich einfach etwas hinaus aus einem Bogen und schaute sich die Innenstadt von Trier von der Höhe aus an. Papa wollte dauernd weiter erklären und sagen, wie die »Porta Nigra« gebaut und konstruiert worden sei und wie man die Steine aufeinander getürmt und warum man keinen Mörtel verwendet habe, Mama aber drehte sich

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