Die Moulokin-Mission: Science Fiction-Roman
waren die Gegner bereits nahe genug gekommen, daß die Toppgasten bereits Markierungen und Wimpel ausmachen konnten. Die schwache Hoffnung, es könne sich bei den Schiffen um eine große Kauffahrerflotte handeln, schwand.
Ein untersetzter Tran in grauem Pelz war auf das Steuerdeck gekommen und stand neben Ethan. Balavere Longax, der höchstgeachtete Krieger von Sofold, wies mit einem klauenbewehrten Finger zur Linken. Die Klaue war stumpf und zerklüftet, ein Fragment von abgewetztem Feldspat an der Spitze eines grauen Astes.
»Infanterie«, knurrte er. »Langsamer als Flöße, aber besser zu manövrieren. Sie versuchen, uns den Weg abzuschneiden, ehe wir den Westwind hinter uns haben.« Er griff nach dem Schwert, das an seiner Hüfte hing, eine Waffe, die viel jünger als er selbst war. Dann drehte er sich um und schrie aufs Hauptdeck: »Bogenschützen, Achtung! Schützt euch mit euren Schilden, Männer und Frauen von Sofold!«
Die Armbrustschützen, ausgerüstet mit den Waffen, die Milliken Williams vor mehr als einem Jahr zur Verteidigung Sofolds gegen die Angriffe von Sagyanak dem Tod und der Horde konstruiert hatte, bezogen ihre Posten hoch oben in der Takelage der Slanderscree.
Balavere studierte den Ansturm der Infanterie, die sich jetzt in einem weiten Bogen auf das Floß zubewegte. »Wir müssen durch sie hindurch, aber sie werden uns nicht aufhalten.« Er blickte zu Ethan und grinste dann völlig unerwartet. »Ihre Bogenschützen werden ihr Feuer hier konzentrieren, mein Freund, und versuchen, unsere Steuerleute abzuschießen. Am besten, du gehst unter Deck.«
»Wenn es dir nichts ausmacht, werde ich hier bleiben.« Sein Selbstvertrauen verblüffte ihn selbst. Das knappe Jahr auf dieser harten Welt hatte ihn beträchtlich verändert. Der Kontakt mit dem Commonwealth würde die Tran sicher verändern. Aber wenigstens einen Menschen hatte der Kontakt mit den Tran bereits verändert. Er klopfte auf das Schwert, das an seiner Seite hing. Es fühlte sich dort vertraut an, verlieh ihm Zuversicht. Aber dann hob er seinen Handstrahler und überprüfte ihn.
»Die Ladung ist schon ziemlich schwach«, erklärte er Balavere und kniff die Augen zusammen, um durch Maske und Brille die winzige Skala abzulesen. »Ich nehme an, daß es bei Skua und Milliken genauso ist. Aber der erste Bogenschütze, der zu nahe kommt, wird eine kräftige Dosis moderne Technik abbekommen.«
»Eure Messer, die mit dem langen Licht kämpfen, habe ich vergessen«, meinte der General. »Gut. Dann bleibt und helft unsere Bewegungsfreiheit schützen.« Er ging auf Ta-hoding zu, um mit ihm zu sprechen.
»Ihre Pfeile beunruhigen mich nicht so sehr«, hörte Ethan den General sagen. »Sie könnten Schlimmeres tun, wenn dieser Rakossa gut beraten ist. Er selbst ist, glaube ich, unfähig, taktische Feinheiten einzusetzen. Ihre Flöße segeln diszipliniert, also halte den Wind und versuche, uns nicht zu schnell abzuschneiden. Vielleicht versuchen sie, die Steuerkufe mit Kabeln zu stören.«
»Glaubst du, das ist meine erste Schlacht?«
So besorgt und ängstlich er auch war, wollte Ta-hoding sich doch weder von Balavere noch von sonst jemandem sagen lassen, wie er sein Schiff führen mußte. »Sorge dafür, daß kein Kabel an unser Heck herankommt, und ich bringe uns alle sicher in den Hafen.« Er murmelte einen tranischen Fluch. »Bloß noch ein paar Stunden, dann hätten wir sie leicht abhängen können. Nur…«
Aufs neue unterbrach ihn ein Ruf vom Hauptmast. »Zehn Schiffe, achtzehn Kijat Backbord!«
Inzwischen hatte sich der Eisklipper gedreht, und der Westwind begann, die Segel zu füllen. Sein Tempo nahm zu, aber man konnte auch schon auf den Decks ihrer Flöße die Matrosen der Hauptstreitmacht von Poyolavomaar erkennen.
»Dann haben sie uns abgeschnitten«, stellte Balavere fest.
»Noch nicht.« Ta-hoding brüllte neue Befehle. Über ihnen ächzte es, als litte das Holz Schmerzen. Ethan blickte nach oben: die Rahen waren so weit herumgedreht, daß die Segel jetzt fast parallel zur Kiellinie des Schiffes standen.
»Glaubst, sie werden das aushalten?« Auch Balavere blickte jetzt in das Gewebe aus singenden Tauen und Segeln hinauf. Der Vormast ächzte und schien sich ein Stück aus der senkrechten Lage zu biegen.
»Wenn nicht, hätte ich nie den Befehl erteilt«, erwiderte Ta-hoding. »Wenn wir es nicht versuchten, würden wir wahrhaft geradewegs auf diese zehn neuen Flöße prallen.«
Die Slanderscree beschleunigte ihre Fahrt
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