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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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untrennbar zu ihrem Leben gehörte, aber sie würde sich dennoch auf George berufen und nicht lange um den heißen Brei herumreden. Eine neue Schätzung durch einen Experten und eine eventuelle Höherversicherung vorschlagen. Penelope würde doch nichts gegen solche vernünftigen und fürsorglichen Ratschläge ihrer Tochter einwenden - obgleich sie, was ihre persönlichen Besitztümer anging, so schrecklich empfindlich war?
    Die kurvenreiche Straße hatte den Hügelkamm erreicht, und dort unten im Tal glitzerten die Häuser vom Temple Pudley wie Flintsteine im Sonnenlicht. Sie schaute genauer hin und sah, daß eine schwärzliche Rauchfahne im Garten ihrer Mutter aufstieg. Sie hatte sich so sehr mit dem Plan beschäftigt, die Tafelbilder zu verkaufen und Hunderttausende von nutzbringenden Pfunden zu kassieren, daß sie den eigentlichen Zweck des Wochenendes, der darin bestand, den Speicher von Podmore’s Thatch auszuräumen und das viele nutzlose Gerumpel zu vernichten, vollkommen vergessen hatte.
    Wenige Augenblicke später, als die Kirchturmuhr die halbe Stunde schlug, fuhr sie durch das niedrige Tor und hielt vor der offenen Tür. Sie sah Noels Jaguar in der Garage, ein fremdes Fahrrad an der Hauswand und einen einsamen Haufen nicht brennbarer Gegenstände, die offensichtlich auf den Abtransport warteten. Einige Babywaagen, einen Puppenkinderwagen, an dem ein Rad fehlte, ein oder zwei eiserne Bettstellen und einige abgesplitterte Emailnachttöpfe. Sie ging um den Haufen herum und trat ins Haus. »Mutter.«
    Die Küche war wie immer voller köstlicher Gerüche, nach Lammbraten, gehackter Minze, einer frischgepreßten Zitrone. Nancy erinnerte sich an ihre Kindheit und die ausgiebigen Mahlzeiten, die es damals in der riesigen Souterrainküche in der Oakley Street gegeben hatte. Das Frühstück schien auf einmal eine Ewigkeit her zu sein, und ihr wurde der Mund wäßrig. »Mutter!«
    »Ich bin hier.«
    Nancy fand sie im Wintergarten, aber sie tat dort nichts, stand nur gedankenverloren da. Sie sah, daß ihre Mutter nicht für einen festlichen Anlaß angezogen war wie sie selbst, sondern ihre ältesten Sachen anhatte. Einen abgetragenen und verwaschenen Rock aus Jeansstoff, ein Baumwollhemd mit einem durchgescheuerten Kragen und eine gestopfte Strickjacke, deren Ärmel bis über die Ellbogen hochgeschoben waren. Nancy stellte ihre Eidechsenhandtasche hin, streifte die Handschuhe ab und trat auf ihre Mutter zu, um ihr einen Kuß auf die Wange zu geben. »Was machst du hier?« fragte sie.
    »Ich überlege, wo wir essen sollen. Ich wollte gerade den Tisch im Eßzimmer decken, und dann dachte ich, es ist ein so schöner Tag, warum sollen wir nicht hier draußen essen. Und es ist angenehm warm, obgleich die Tür zum Garten offensteht. Du mußt unbedingt meine Fresien bewundern! Sind sie nicht herrlich? Wie schön, dich zu sehen, und wie schick du bist. Nun, was meinst du? Sollen wir hier essen? Noel kann in der Küche tranchieren und vorlegen, und wir können unsere Teller selbst herbringen. Ich glaube, es würde Spaß machen. Das erste Picknick des Jahres, und da ohnehin alle schmutzig sind und nachher weiterarbeiten müssen, wäre es auch viel einfacher.«
    Nancy warf einen Blick zur Obstwiese und der wabernden Rauchsäule, die sich hinter der Ligusterhecke in den jungfräulichen Himmel erhob.
    »Wie kommt ihr voran?«
    »Fabelhaft. Alle arbeiten, als ob sie dafür bezahlt würden.«
    »Du hoffentlich nicht.«
    »Ich? Ich habe nichts getan als das Essen gekocht.«
    »Und dieses Mädchen, Antonia?« Nancy sprach den Namen betont kühl aus. Sie hatte Olivia und Penelope immer noch nicht verziehen, daß Antonia hier war, und konnte nicht umhin, insgeheim zu hoffen, daß dieses Arrangement sich als uneingeschränkter Fehlschlag erweisen würde.
    Aber ihre Hoffnung wurde zunichte gemacht. »Sie ist in aller Herrgottsfrühe aufgestanden und hat gleich nach dem Frühstück angefangen, den anderen zu helfen. Noel ist oben auf dem Dachboden und gibt Anweisungen, was wohin soll, und Danus und Antonia bringen die Sachen nach unten und schaffen sie zum Feuer.«
    »Ich hoffe, sie wird dir nicht lästig, Mutter.«
    »Oh, niemals, sie ist ein solcher Schatz.«
    »Was hält Noel von ihr?«
    »Zuerst hat er gesagt, sie sei nicht sein Typ, weil sie so helle Wimpern habe. Kannst du dir das vorstellen? Wenn er nicht weiter sieht als bis zu den Wimpern, wird er nie eine Frau finden.«
    »Zuerst? Hat er seine Meinung geändert?«
    »Nur, weil

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