Die Muschelsucher
Gelegenheit dazu gegeben. Sie klang großartig, gesund und optimistisch. Sie hat gesagt, daß der Arzt ihrer Ansicht nach ein Dummkopf ist, und wenn sie eine andere Frau im Haus hätte, würde sie sie wahrscheinlich umbringen. Das Haus sei zu klein, und sie würden fortwährend übereinander stolpern, und ich habe gesagt, daß das auch meine Meinung ist. Und was den Garten betrifft, so ist sie schon vor dem angeblichen Herzanfall zu dem Schluß gekommen, daß ihr die Arbeit langsam über den Kopf wächst, und sie hat sich mit der Gärtnerei im nächsten Ort in Verbindung gesetzt und dafür gesorgt, daß zwei- oder dreimal in der Woche jemand kommt. Ich glaube, schon ab nächsten Montag.«
All das trug nicht dazu bei, Nancy versöhnlich zu stimmen.
Es war, als ob Olivia und Mutter sich hinter ihrem Rücken verschworen hätten.
»Ich bin nicht sicher, daß das eine gute Idee ist. Wie sollen wir wissen, was für jemanden sie schicken? Sie hätte doch sicher einen zuverlässigen Mann aus dem Dorf finden können.«
»Alle zuverlässigen Männer aus dem Dorf arbeiten bereits in der Computerfabrik in Pudley.«
Nancy hätte noch mehr eingewandt, aber in diesem Augenblick brachte der Kellner ihre Suppe. Sie war in einer kleinen braunen Steingutschüssel und roch köstlich. Sie merkte plötzlich, wie hungrig sie war, nahm den Löffel und langte nach einem noch warmen Croissant.
Nach einer Weile bemerkte sie kühl: »Du hast nie daran gedacht, mit George und mir über alles zu sprechen.«
»Um Himmels willen, was gibt es da groß zu besprechen? Es ist einzig und allein Mamas Angelegenheit. Ehrlich, Nancy, du und dein Mann behandelt sie, als wäre sie eine senile Greisin, aber sie ist gerade erst vierundsechzig, sie ist kerngesund und kommt so gut allein zurecht wie eh und je. Hör auf, dich in ihr Leben einzumischen.«
Nancy war wütend. »Einmischen! Wenn ihr beide, du und Noel, euch etwas öfter einmischtet, um deinen Ausdruck zu gebrauchen, wäre die Last auf meinen Schultern vielleicht etwas kleiner.« Olivia wurde eisig. »Ich muß dich erstens bitten, mich nicht mit Noel in einen Topf zu werfen. Und wenn du zweitens eine Last auf deinen Schultern fühlst, bildest du sie dir ein und kannst sie jederzeit abwerfen.«
»Ich weiß nicht, warum George und ich uns soviel um sie kümmern. Wir bekommen nie einen Dank.«
»Einen Dank? Wofür denn?«
»Für vieles! Wenn ich Mutter nicht davon überzeugt hätte, daß es Wahnsinn wäre, wäre sie nach Cornwall zurückgegangen und würde jetzt in einer Fischerhütte leben.«
»Ich habe nie verstehen können, warum du es für eine so schlechte Idee gehalten hast.«
»Olivia! Hunderte von Kilometern von uns allen fort am anderen Ende des Landes. Es war absurd. Ich habe es ihr gesagt. Man kann nie zurückgehen, habe ich gesagt. Das war es nämlich, was sie wollte, zu ihrer Jugend zurückkehren. Es wäre eine Katastrophe gewesen. Außerdem war es George, der ihr Podmore’s Thatch besorgt hat. Und nicht einmal du kannst behaupten, daß es nicht ein entzückendes Haus ist, in jeder Beziehung perfekt für sie. Aber ohne George hätte sie es nie bekommen. Vergiß das nicht, Olivia. Wer weiß, wo sie jetzt ohne George wäre.«
»Ein dreifaches Hoch auf George.«
In diesem Moment wurden sie wieder unterbrochen, denn der Kellner kam, räumte Nancys Suppenschale ab und servierte ihr das Kalbsschnitzel und Olivia das Omelett. Dann schenkte er den restlichen Wein ein, und Olivia fing mit ihrem Salat an. Als der Kellner fort war, fragte Nancy streng: » Und was soll dieser Gärtner kosten? Wie man weiß, sind sie alle furchtbar teuer.«
»Also Nancy, spielt das eine Rolle?«
»Natürlich spielt es eine Rolle. Kann Mutter sich das leisten? Es ist doch sehr beunruhigend. Sie spricht nie von Geld, und andererseits ist sie so schrecklich leichtsinnig.«
»Mutter? Leichtsinnig? Sie gibt nie einen Penny für sich aus.«
»Aber sie hat in einem fort Gäste. Ihre Lebensmittel- und Weinrechnungen müssen enorm sein. Und dieser lächerliche Wintergarten, den sie angebaut hat. George hat versucht, sie davon abzubringen. Sie hätte das Geld besser für Thermopanefenster ausgeben sollen.«
»Vielleicht wollte sie keine modernen Fenster.«
»Du willst es einfach nicht begreifen, nicht wahr?« Nancys Stimme bebte vor Entrüstung. »Du willst nicht darüber nachdenken, was alles passieren kann?«
»Und was kann alles passieren, Nancy? Klär mich bitte auf.«
»Sie könnte neunzig
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