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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Erfahrung diktierten Gewißheit gesagt, daß dies der vernünftigste Rat sei, den man geben könne. Statt dessen hatte sie offenbar das Gegenteil von dem bewirkt, was sie erreichen wollte, und irgend etwas zerstört. Der Plan war fehlgeschlagen. Antonias tapfere Geste, ihre Aufrichtigkeit, hatte die Lage nicht geklärt, sondern zu einer Auseinandersetzung geführt, vermutlich zu einem Streit, bei dem Dinge gesagt worden waren, die nicht rückgängig gemacht werden konnten, und nun waren die beiden zu dem Ergebnis gekommen, daß sie keine andere Möglichkeit hatten, als sich zu trennen.
    Es konnte keine andere Erklärung geben. Sie merkte, daß sie den Tränen nahe war. »Es ist meine Schuld«, sagte sie laut. »Es ist alles meine Schuld.«
    »Nein. Was geschehen ist, hat nichts mit Ihnen zu tun.«
    »Aber ich war es, die Antonia gesagt hat.«
    Er unterbrach sie. »Sie hatten recht. Und wenn sie gestern abend nichts gesagt hätte, hätte ich es getan. Gestern, ich meine der Tag, den wir zusammen verbracht haben, war nämlich wie ein Katalysator. Er hat alles geändert. Es war, als hätten wir eine Wasserscheide überschritten. Auf einmal wurde alles ganz einfach und klar.«
    »Sie liebt Sie, Danus. Sie müssen sich dessen bewußt sein.«
    »Ja. Und deshalb muß ich fort.«
    »Bedeutet sie Ihnen so wenig?«
    »Nein. Im Gegenteil. Ganz im Gegenteil. Es ist mehr als Liebe. Sie ist mit mir verwachsen. Ich weiß, daß ich mir gleichsam die eigenen Wurzeln herausreiße, wenn ich fahre. Aber ich muß.«
    »Ich kann mir keinen Reim darauf machen.«
    »Das ist verständlich.«
    »Was ist gestern geschehen?«
    »Ich glaube, wir sind beide jäh gereift. Oder das, was sich zwischen uns entwickelt hat, ist gereift. Bis gestern war alles, was wir zusammen unternommen haben, unwichtig und ohne Belang, vollkommen harmlos. Im Garten von Podmore’s Thatch arbeiten und an den Klippen von Penjizal baden und all das. Nichts Wichtiges. Nichts Ernstes. Es wird wohl meine Schuld gewesen sein. Ich wollte keine echte Beziehung. Das war das letzte, was ich wollte. Und dann sind wir gestern nach Manaccan gefahren. Ich hatte Antonia vorher erzählt, daß ich eines Tages gern eine Gärtnerei oder etwas Ähnliches aufmachen würde, und wir hatten ein paarmal darüber gesprochen, wie man über irgendeine ferne Möglichkeit oder einen Wunschtraum spricht, und ich hatte keine Ahnung, welche Bedeutung sie alldem beimaß. Dann hat Everard Ashley uns in seinem Gartencenter herumgeführt, und während wir uns alles ansahen, geschah etwas sehr Sonderbares. Wir wurden ein Paar. Es war, als würden wir von nun an alles gemeinsam tun, was es auch wäre. Antonia war genauso begeistert und interessiert wie ich und stellte eine Frage nach der anderen, und dann - wir waren gerade in einem Gewächshaus mit Tomaten - wußte ich auf einmal, daß sie ein Teil meiner Zukunft ist. Ein Teil meiner selbst. Ich kann mir nicht vorstellen, ohne sie zu leben. Was ich auch tue, ich möchte es zusammen mit ihr tun, und was mir auch widerfahren mag, ich möchte, daß sie es mit mir teilt.«
    »Und warum sollte es nicht so sein?«
    »Aus zwei Gründen. Der erste ist praktischer Natur. Ich kann Antonia nichts bieten, gar nichts. Ich bin vierundzwanzig, und ich habe kein Geld, kein Haus, nichts als das, was ich verdiene, und das ist ein Hilfsarbeiterlohn. Eine Gärtnerei, ein eigenes Geschäft ist nichts weiter als ein Traum. Everard Ashley ist bei seinem Vater eingestiegen, aber ich müßte etwas kaufen, und ich habe kein Kapital.«
    »Es gibt Banken, bei denen man einen Kredit aufnehmen kann. Oder vielleicht Förderungsmittel von der Regierung?« Sie dachte an seine Eltern. Nach den wenigen Bemerkungen zu urteilen, die er dann und wann gemacht hatte, war seine Familie vielleicht nicht gerade wohlhabend, aber zumindest gutsituiert. »Könnten Ihre Eltern Ihnen nicht helfen?«
    »Ich glaube nicht, jedenfalls nicht in dem Maße.«
    »Haben Sie Ihren Vater gefragt?«
    »Nein.«
    »Haben Sie mit Ihren Eltern über Ihre Pläne gesprochen?«
    »Noch nicht.«
    Ein solcher Kleinmut war unerwartet und entnervend. Sie war enttäuscht von ihm und merkte, daß sie drauf und dran war, die Geduld zu verlieren. »Es tut mir leid, aber ich verstehe nicht, warum Sie immerzu solche Hürden errichten. Sie und Antonia haben sich gefunden. Ihr liebt euch, und ihr möchtet den Rest eures Lebens zusammen verbringen. Wenn man das Glück findet, muß man es festhalten und darf es nie wieder loslassen.

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