Die Muschelsucher
ziemlich unerwartet, nicht?«
»Ja. Aber er konnte nichts daran ändern. Und wir haben fünf wundervolle Tage zusammen verbracht.«
»Nur darauf kommt es ja auch an. Haben Sie Ihre alte Freundin besucht?«
»Doris Penberth? Ja, natürlich. O Mrs. Plackett, ich kann Ihnen sagen, wir haben geredet und geredet.«
Mrs. Plackett goß den Tee auf. Penelope setzte sich an den Tisch und nahm einen Teekuchen. »Sie sind wirklich ein Engel, daß Sie extra herkommen und uns einen solchen Empfang bereiten.«
»Na ja, ich hab zu Linda gesagt, eigentlich sollte ich hinfahren. Das Haus lüften. Und ein paar Blumen hinstellen. Ich weiß ja, daß Sie es nicht mögen, wenn im Haus keine Blumen auf dem Tisch stehen. Ach, noch eine Neuigkeit. Lindas Darren hat angefangen zu laufen. Er ist neulich allein durch die ganze Küche gewackelt!« Sie schenkte den Tee ein. »Er hat am Montag Geburtstag. Ich habe Linda gesagt, ich würde ihr ein bißchen helfen und Sie fragen, ob es Ihnen etwas ausmacht, wenn ich dafür erst Dienstag komme. Und ich habe die Fenster geputzt und die Post auf den Sekretär gelegt.« Sie zog einen Stuhl zurück, setzte sich und stützte sich mit ihren kräftigen verschränkten Armen auf die Tischplatte. »Es lag ein ganzer Haufen auf dem Vorleger, als ich kam.«
Schließlich verabschiedete sie sich und radelte auf ihrem ehrwürdigen alten Fahrrad heim, um Mr. Plackett seinen Tee zu kochen. Während Penelope und sie sich unterhalten hatten, hatte Antonia die Sachen aus dem Auto geholt und die Koffer nach oben gebracht. Jetzt war sie vermutlich beim Auspacken, denn sie war nicht wieder heruntergekommen, und deshalb tat Penelope, als Mrs. Plackett fort war, endlich das, was sie hatte tun wollen, seit sie ins Haus gekommen war. Zuerst der Wintergarten. Sie ließ eine Gießkanne vollaufen und goß alle Topfpflanzen. Dann nahm sie eine Rosenschere und ging hinaus in den Garten. Das Gras mußte dringend gemäht werden, die Iris waren aufgeblüht, und das andere Ende der Rabatte hatte sich in ein Meer von roten und gelben Tulpen verwandelt. Die ersten Frührhododendren blühten ebenfalls; sie pflückte eine einzelne bestielte Blüte, bewunderte ihr vollkommenes, von kräftigen dunkelgrünen Blättern eingefaßtes Blaßrosa und kam zu dem Schluß, keine menschliche Hand könne so ein wunderbares Arrangement von Blütenblättern und Staubgefäßen schaffen. Nach einer Weile ging sie mit der Blume zur Obstwiese, wo weiße und rosa Blüten schimmerten, und trat durch die Pforte ans Flußufer. Der Windrush glitt zwischen den überhängenden Weidenzweigen still dahin. Sie entdeckte blühende Schlüsselblumen und einige Malven, und als sie ein paar Schritte weiter gegangen war, kam eine Stockente aus dem dichten Schilfgürtel und schwamm, gefolgt von einem halben Dutzend flaumiger Küken, den Fluß hinunter. Penelope war entzückt. Sie ging bis zur Holzbrücke und spazierte dann, da sie sich fürs erste an allem sattgesehen hatte, langsam zum Haus zurück. Als sie den Rasen überquerte, rief Antonia oben aus dem Schlafzimmerfenster.
»Penelope!« Sie blieb stehen und schaute hinauf. Antonias Kopf und Schultern waren von einem Gewirr von Geißblattzweigen umrahmt. »Es ist kurz nach sechs. Hast du was dagegen, daß ich Danus anrufe? Ich habe versprochen, ihm Bescheid zu sagen, daß wir gut zurückgekommen sind.«
»Aber bitte. Du kannst den Apparat in meinem Schlafzimmer benutzen. Und bestell ihm liebe Grüße von mir.«
»Das werde ich.«
Sie ging in die Küche und nahm einen kleinen Krug aus Lüsterporzellan, füllte ihn mit Wasser und stellte die Rhododendronblüte hinein. Sie ging damit ins Wohnzimmer, das schon Mrs. Placketts ungeübte, aber liebevolle Hände mit Blumen geschmückt hatten. Sie stellte den Krug auf ihren Sekretär, griff nach der Post und setzte sich in ihren Ohrenbackensessel. Die langweiligen gelbbraunen Umschläge, die höchstwahrscheinlich Rechnungen enthielten, landeten auf dem Teppich. Die anderen. Sie sah sie durch. Ein dicker weißer Umschlag sah interessant aus. Sie erkannte Rose Pilkingtons krakelige Handschrift. Sie schlitzte den Umschlag mit dem Daumen auf. Da hörte sie, wie ein Wagen die Einfahrt hochkam und vor der Haustür hielt.
Sie rührte sich nicht aus ihrem Sessel. Ein Fremder würde läuten, ein Freund einfach hereinkommen. Eben das tat dieser Besucher. Schritte in der Küche, in der Diele. Die Wohnzimmertür wurde geöffnet, und Noel kam hereinspaziert.
Ihre Überraschung
Weitere Kostenlose Bücher