Die Muschelsucher
Herz aus. »Ich möchte euch diese Wochen einfach nicht verderben. Ihr steht euch offensichtlich sehr nahe, und ich kann nicht glauben, daß sie mich nicht als einen Eindringling empfinden wird, der ihr einen Teil von deiner Zuneigung nimmt. Sie ist schließlich erst dreizehn. Es ist ein schwieriges Alter, und ein bißchen Eifersucht wäre die normalste und natürlichste Reaktion von der Welt.«
Er seufzte. »Wie kann ich dich bloß davon überzeugen, daß es nicht so sein wird?«
»Selbst in den besten Augenblicken kann einer von uns zuviel sein. Manchmal wird sie dich ganz allein für sich haben wollen, und ich werde es vielleicht nicht rechtzeitig spüren und mich nicht zurückziehen. Gib zu, daß ich allen Grund zu Befürchtungen habe.«
Er dachte darüber nach und antwortete nicht gleich. Schließlich sagte er mit einem neuen Seufzer: »Es gibt anscheinend kein Mittel, dich davon zu überzeugen, daß nichts von dem, was du befürchtest, passieren wird. Lassen wir uns also etwas einfallen. Wie wäre es, wenn wir noch jemanden einladen, solange Antonia hier ist? Das Haus voller Gäste, sozusagen. Würde dich das beruhigen?«
Dieser Vorschlag rückte die Situation in ein neues Licht. »Ja. Ja, das würde es. Du bist genial. Aber wen sollen wir einladen?«
»Irgend jemanden, den du magst, vorausgesetzt, es ist kein junger, gutaussehender und scharfer Mann.«
»Wie wär’s mit meiner Mutter?«
»Würde sie kommen?«
»Auf der Stelle.«
»Sie wird doch nicht erwarten, daß wir in getrennten Zimmern schlafen, oder? Ich bin zu alt, um nachts durch den Flur zu schleichen, ich würde bestimmt die Treppe runterfallen.«
»Meine Mutter macht sich keine Illusionen über andere Leute, schon gar nicht über mich.« Sie setzte sich auf und war auf einmal aufgeregt wie ein Kind. »O Cosmo, du wirst sie anbeten. Ich kann es nicht erwarten, daß du sie kennenlernst.«
»In dem Fall sollten wir keine Zeit verlieren.« Er stemmte sich hoch und langte nach seinen Jeans. »Los, Mädchen, beweg dich. Wenn deine Mutter will und Antonia rechtzeitig ihre Siebensachen packt, könnten sie sich doch in Heathrow treffen und mit derselben Maschine kommen. Antonia ist immer ein bißchen ängstlich, wenn sie allein fliegen muß, und ich glaube, ihre Gesellschaft wird deiner Mutter Spaß machen.«
»Aber wohin willst du?« fragte Olivia, während sie ihr Hemd zuknöpfte.
»Wir gehen ins Dorf und benutzen Pedros Telefon. Hast du die Nummer von Podmore’s Thatch?«
Er zog den Namen genießerisch in die Länge, so daß er in ihren Ohren noch peinlicher klang als sonst, und sah auf die Uhr. »In England ist es jetzt halb sieben. Wird sie zu Hause sein? Was macht sie normalerweise abends um halb sieben?«
»Sie arbeitet sicher im Garten. Oder sie kocht für zehn Gäste. Oder sie schenkt jemandem einen Whisky ein.«
»Ich kann es nicht erwarten, sie hierzuhaben.« Die Maschine aus Valencia, wo die Londoner Passagiere umsteigen mußten, sollte um Viertel nach neun landen. Maria, die es kaum erwarten konnte, Antonia wiederzusehen, hatte von sich aus angeboten, zu kommen und das Abendessen zu machen. Sie ließen sie bei ihren Vorbereitungen für das Festmahl allein und fuhren zum Flughafen. Obgleich sie es nicht zugegeben hätten, waren sie beide nervös und brachen deshalb viel zu früh auf, so daß sie auch zu früh ankamen und eine gute halbe Stunde in der menschenleeren Ankunftshalle warten mußten, ehe eine knisternde weibliche Lautsprecherstimme bekanntgab, daß die Iberia-Maschine aus Valencia gelandet sei. Sie warteten weiter, während die Passagiere von Bord gingen, die Paßkontrolle passierten und auf ihr Gepäck warteten, doch endlich öffneten sich die Türen, und ein Strom von Menschen flutete in die Halle. Blasse und flugmüde Touristen, einheimische Familien mit vielen Kindern, sonderbar bebrillte Herren, deren Anzüge eine Spur zu gut geschnitten waren, ein Priester und zwei Nonnen, und dann endlich, als Olivia schon zu befürchten begann, sie hätten die Maschine verpaßt, Penelope Keeling und Antonia Hamilton.
Sie hatten einen Wagen für ihr Gepäck gefunden, aber es war einer mit defekten Rädern, der partout nicht in die Richtung fahren wollte, in die sie ihn schoben, was sie aus irgendeinem Grund sehr lustig fanden, und sie waren so sehr damit beschäftigt, aufeinander einzureden, zu kichern und zu lachen und das widerspenstige Ding zu meistern, daß sie Cosmo und Olivia nicht gleich bemerkten. Olivias nervöse
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