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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Triumph: Gretchens Sohn, der rotznasige Bastard, dem die Kühe mit den Schwanzquasten die Tränen abwischten, weil sich sonst niemand um ihn kümmerte, kehrt als gemachter Mann ins Dorf zurück. Der Herr Doktor mit Frau, den piekfeinen Schwiegereltern und zwei wohlgeratenen Töchtern.
    Wir sprachen beide nicht. Auch als wir endlich Gretchens Haus erreichten, sagte Jürgen kein Wort. Er schaute mich an, peinlich berührt oder verlegen, dabei grimmig und wild entschlossen.
    Auf dem ganzen Weg hatte es kein erleuchtetes Fenster mehr gegeben. Auch bei den von Wirths war alles dunkel gewesen, Jürgen hatte mich auf das große Anwesen in der letzten Querstraße vor der Spar- und Darlehenskasse aufmerksam gemacht. Halb drei in der Nacht! Aber bei Gretchen brannte Licht. Es fiel durch ein paar Schlitze in den heruntergelassenen Rolläden. Jürgen klopfte an die Haustür, ließ mich nicht aus den Augen und rief: «Mach auf, Mutter, ich bin’s.»
    Zwei Sekunden später stand sie in der offenen Tür. Sie trug ein Wollhemd. Nur ein Wollhemd, von dem sie in der Eile erst zwei Knöpfe in der Mitte geschlossen hatte. Am Hals und über den Schenkeln klaffte es auseinander. Dass sie keine Unterwäsche trug, war nicht zu übersehen. Ihre Beine waren nackt, die Füße auch. Jürgen löste den Blick von mir und schaute sie an. Er öffnete den Mund, wollte etwas fragen.
    Sie kam ihm zuvor. «Nein, so was! Der Doktor nebst Gemahlin. Wie zwei begossene Pudel! Für ’n Mondscheinspaziergang war das aber nicht das richtige Wetter. Was verschafft mir die Ehre?»
    Jürgen fragte knapp: «Ist Rena bei dir?»
    Sie grinste, fasste an den Hemdkragen, schloss den oberen Knopf und noch einen und noch einen. «Rena?», fragte sie dabei, als habe sie den Namen noch nie gehört. Zwei Sekunden Pause, das Grinsen verstärkte sich, als sie mit einem Finger an die Stirn tippte. «Ach, jetzt erinnere ich mich. Du hast ja zwei von der Sorte. Rena, ist das die mit dem braunen Hengst zwischen den Beinen?»
    «Mutter!» Jürgen beherrschte sich nur mit Mühe. «Wir stehen hier nicht zum Spaß. Sie ist nicht nach Hause gekommen. Ist sie bei dir?»
    Ihr Grinsen erlosch, machte einer neutralen Miene Platz. «Nein.» Es klang scharf wie ein Schuss. Ich dachte, sie hätte uns die Tür vor der Nase zugeschlagen. Aber sie trat einen Schritt zurück, winkte mit dem Kopf, wir sollten hereinkommen. Jürgen trat einen Schritt vor.
    «Ich warte hier», sagte ich.
    Er griff nach meinem Arm. «Stell dich nicht so an, Vera.» Er zog mich an sich vorbei in einen schmalen Flur und schloss die Tür hinter sich.
    Gretchen ging vor uns her zu einer offenen Tür. Schon dabei wollte sie wissen: «Seit wann ist sie überfällig?»
    «Seit zehn», sagte Jürgen.
    Sie fuhr zu ihm herum. «Und wo war sie bis um zehn?»
    «Bei Hennes.»
    «Ach so. Ich nehm an, bei dem wart ihr schon.»
    «Natürlich.»
    «Und bei den von Wirths?»
    «Habe ich angerufen.»
    «Wart ihr auch bei Kuhlmann? Ich könnt mir vorstellen, dass Udo mal nach dem Vieh sehen musste und sie mitgenommen hat.»
    Jürgen berichtete, dass er von Udos Vater gehört habe, Udo sei bei seinem Schwager im Krankenhaus.
    Gretchen musterte ihn von Kopf bis Fuß. Mich beachtete sienicht. «So wie du aussiehst, seid ihr auch schon durchs Feld gekrochen.» Auf eine Antwort wartete sie nicht. Sie ging durch die Tür in ein kleines Wohnzimmer.
    Der Fernseher lief, auf der Couch lag ein Mann. Er mochte Ende sechzig sein, rundlich rosiges Gesicht und Glatze. Es war der Mann, mit dem Mutter sie einmal bei der Einfahrt gesehen hatte. Er hatte sich eine Wolldecke bis zum Hals gezogen. Auf dem Fußboden vor der Couch lagen ein paar Kleidungsstücke, in einem Sessel noch ein paar, obenauf ein Büstenhalter und ein Schlüpfer.
    Es war peinlich, einfach nur peinlich. Auf dem Bildschirm wippten ein Paar nackte Brüste in Übergröße, gehalten von zwei Händen, umrahmt von eindeutigen Geräuschen. Auf dem Tisch standen zwei Bierflaschen. Ich wusste nicht, wohin ich schauen sollte, betrachtete die Flaschen und einen halb gefüllten Aschenbecher.
    «Mach mal die Kiste aus, Otto», verlangte Gretchen. «Heb deinen Arsch in die Hose und mach was von der Brühe heiß.»
    Zu mir sagte sie: «Setz dich», und zeigte auf den zweiten freien Sessel. «Du siehst aus, als würdest du gleich aus den Stiefeln kippen.»
    Otto erhob sich, wickelte sich im Aufstehen die Decke um den Leib und grinste verlegen. Er ging hinaus. Gretchen nahm den Schlüpfer vom

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