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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Mann! Er mochte in meinem Alter sein, hatte volles, dunkles Haar und anscheinend keine Zeit für regelmäßige Friseurbesuche. Bekleidet war er mit einer Jeanshose und einem dicken Pullover.
    So stellt man sich keinen Polizisten vor. Er kam aufs Haus zu – langsam, bedächtig und mit einem Blick, als wolle er sich hier niederlassen und nur feststellen, ob das Dach dicht sei. Anne ging in die Diele, um ihm zu öffnen.
    Ich hörte eine Männerstimme. «Klinkhammer.»
    Anne sagte: «Bitte.»
    Sie kamen in die Küche. Er nannte seinen Namen noch einmal, erklärte, sein Kollege habe draußen etwas gesehen. Scherers Traktor hatte sein Kollege gesehen und war ihm ein Stück entgegengegangen. Er kam ein paar Minuten später mit Jürgen und Scherer ins Haus. Sie hatten den gesamten Weg bis zu Hennessen kontrolliert und Rena nicht gefunden, keine Spur von ihr, weder ihr Fahrrad noch eine Tüte mit Kleidung, die sie ebenfalls bei sich gehabt haben musste.
    Der zweite Polizist hieß Olgert. Er war auch in Zivil, allerdings trug er einen grauen Anzug, ein hellblaues Hemd und eine dezent gemusterte Krawatte. Er war etwas jünger als Klinkhammer, und es war nicht allein das gepflegte Aussehen, das ihn von seinem Kollegen unterschied. Er war auch entschieden forscher. Einer, der eine Sache in die Hand nimmt und sie zügig vorantreibt.
    Er wollte von Scherer wissen, ob es möglich sei, noch ein paar Männer mit Traktoren für eine größere Suchaktion zu mobilisieren. Zu Klinkhammer sagte er: «Draußen kommt man keine zehn Schritte weit, dann zieht es einem die Schuhe aus. Hunde brauchenwir nicht anzufordern. Die beste Spürnase hat keine Chance nach dem Regen.»
    Hunde! Daran hatte ich auch gedacht. Doch als Olgert das Wort aussprach, hingen sie mir an der Kehle. Klinkhammer winkte mit einer Geste, nun mal langsam. Er begann mit seinen Fragen und machte deutlich, dass er das Sagen hatte und sich seine Sichtweise von niemandem verbiegen ließ. Alles hakte er ab, was ein junges Mädchen veranlassen konnte, aus freien Stücken nicht mehr heimzugehen. Doch alles, was er fragte, hatte es bei uns nicht gegeben. Keine Drogen, keine Prügel, keinen Freund, den wir Rena verboten hatten. Keinen Streit, keinen Druck. Keinen Grund!
    Gut, es war nicht alles eitel Sonnenschein gewesen. Ein paar kleinere Querelen hatte es wohl gegeben. Aber nur in den ersten Wochen nach dem Umzug. Wo läuft schon auf Anhieb alles glatt, wenn drei Generationen unter ein Dach ziehen? Ich hatte ja auch ein paar Bedenken gehabt, als Jürgen den Vorschlag machte, dass meine Eltern zu uns ziehen könnten, weil das Anwesen so groß sei und so einsam läge, einen Kilometer vom Dorf entfernt.
    Vater hatte die Idee begeistert aufgegriffen, fand ebenso wie Jürgen, es sei eine ideale Lösung. Aber wenn sechs Menschen zusammenleben, sind sie nicht alle derselben Meinung. Jeder hat seine Eigenheiten, seine Vorlieben, seine Ansichten.
    Anfangs hatte Mutter keine Gelegenheit versäumt, unsere Erziehung zu kritisieren. Nicht, soweit es Anne betraf, aber Rena – «Das ist doch keine Art! Das Kind hat zu viel Freiheit.»
    Wenn Rena sonntags in alten Jeans und einem fleckigen Shirt am Mittagstisch erschien, fühlte Mutter sich in ihrer persönlichen Ehre gekränkt. Sie bemängelte Renas Musikgeschmack und ihre Essgewohnheiten. Morgens mäkelte sie über die Ohrstecker des Walkmans, die Rena häufig auch beim Frühstück trug. Mittags regte sie sich auf, wenn Rena an ihrem Bratenstück herumsäbelte und gut die Hälfte vom Fleisch auf den Tellerrand schob, mit der Begründung, es sei Fett.
    Im Gegenzug beschwerte sich Rena, wenn Vater spätabends noch Wagner hörte. «Wie soll ich denn bei dem Krach schlafen?»
    «Nimm die Ohrstöpsel, Anne tut das auch.»
    «Dann höre ich morgen früh den Wecker nicht.»
    «Großmutter weckt euch doch.»
    «Sie weckt Anne. Bei mir klopft sie nur. Und das hör ich mit Ohrstöpseln auch nicht.»
    Dass Vater sich in seinem Alter noch für eine Fahrt auf der Autobahn hinters Lenkrad setzte, hielt Rena für bodenlosen Leichtsinn. Und sie hätte niemals zugegeben, dass sie es nur kritisierte, weil sie fürchtete, ihrem Großvater könne etwas zustoßen. «Ob du es glaubst oder nicht, Mutti, ich finde, er sieht nicht mehr so gut. Es sagt ja keiner was, wenn er im Dorf rumfährt oder mal zum Einkaufen in die Stadt. Aber auf der Autobahn, wo alle rasen, sollte er es lassen. Nachher passiert mal was.»
    Dass Mutter sich eine weiße Schürze vor ihr Kleid

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