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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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linke Hand gestikulierte wild, er schüttelte den Kopf, nickte gleichzeitig und stieß ein paar Silben hervor, die entweder nur oder Uhr oder beides heißen sollten.
    Und plötzlich war das Bild nicht mehr tot. Ich sah und hörte den Montagmorgen in Frankfurt. Rena und Nita sind allein im Bus. Nita geht es schlecht, sie hat Entzugserscheinungen, braucht dringend einen Schuss. Rena tröstet und beruhigt sie, versucht zu helfen, so gut sie kann.
    Menke kommt zurück. Zusammen mit einem Fremden. Der Fremde sieht die beiden Mädchen. Ohne weißen Puder und rote Augenringe mochte auch Nita hübsch sein. Sie bekommt ihre Prise und der Mann bekommt sie. Aber danach geht er nicht. Er will Rena.
    Da fiel mir siedend heiß ein, dass sie zum Zeitpunkt des Überfalls wirklich nicht im Bus gewesen sein konnte. Sie musste ihn zusammen mit Menke verlassen haben, bevor der Fremde anfing, sich mit Nita zu vergnügen. Das war meine Prise, ein Tröpfchen LSD im grauen Chaos, mein Hoffnungsfunke. Es gab noch nichts, woran ich ihn festmachen konnte, aber ich war mir sicher.
    Rena und Menke warten draußen! Rena hat Angst, sie könnte die Nächste sein. Menke sagt: «Ich schau mal nach, wie lange das noch dauert.» Er steigt in den Bus und Rena nutzt die Gelegenheit. Sie läuft davon! Zum Bahnhof! Aber Nita wusste das nicht. Nita sah nur, wie der Fremde über Menke herfiel und dass Rena nicht mehr da war. Und da dachte Nita   …
     
    Am Montag bestand Jürgen darauf, dass ich mit ihm in die Praxis fuhr. Er fand, es würde allmählich Zeit, dass wir zum normalen Alltag zurückkehrten. Sandra Erken könne sich nicht teilen zwischen Labor und der Assistenz am Stuhl und sei auf Dauer auch nicht bereit, zusätzlich nachmittags zu arbeiten.
    Wir hatten eine kurze Nacht hinter uns, stundenlang geredet, gestritten und geflucht. Ich wollte wissen, was er am Samstag von Klinkhammer erfahren hatte, ob da noch mehr gewesen war als diese Bänder. Er wollte es mir nicht sagen. Ich wollte wissen, was Westminster und Big Ben bedeuteten, ob die Möglichkeit bestand, dass Rena in England war. Jürgen wollte mir eine Pille aufzwingen. Ich schlug sie ihm aus der Hand und schloss mich im Bad ein. Er trommelte gegen die Tür, brüllte: «Komm raus, Vera. Mach keinen Blödsinn. Was tust du da? Jetzt mach die Tür auf, verdammt, oder ich trete sie ein.» Er brüllte so lange, bis Anne erschien und sich ängstlich erkundigte, was los sei.
    Jürgen sagte: «Jetzt ist sie völlig durchgedreht. Sie will nach London. Sprich du mit ihr. Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll.»
    Das wusste Anne auch nicht. So standen sie vor der Tür und unterhielten sich im Flüsterton über das, was ich möglicherweise aufgeschnappt und natürlich wieder in den falschen Hals bekommen hatte. Über den Wahnsinn, der einem abverlangt wird, den Mund halten zu müssen, während die Leute, die diesen Befehl erteilen, das Maul zu weit aufreißen.
    Ich verstand nicht alles. Und aus dem bisschen ließ sich nicht erkennen, über wen sie sprachen. Nach einer halben Stunde schickteJürgen Anne zurück ins Bett. Ich wickelte mich in seinen und meinen Bademantel und weinte mich auf dem Wannenvorleger in den Schlaf.
    Kurz nach sechs klopfte Jürgen wieder an die Tür, dezent diesmal, er brüllte auch nicht. «Mach auf, Vera. Lass mich rein, ich muss mal aufs Klo.» Zwei Stunden später saßen wir im Auto.
    Wie an den Vormittagen üblich, nahmen wir den BMW. Um halb neun waren wir in der Praxis. Im Wartezimmer saßen zwei Frauen, Jasmin füllte hinter der Anmeldung irgendein Formular aus, Sandra Erken war im Labor mit einer Urinprobe beschäftigt. Jürgen schickte mich, ihr auf die Finger zu schauen, was völlig überflüssig war. Er ging ins Sprechzimmer.
    Es gab im Labor nichts zu sehen. Sandra verstand ihre Arbeit besser als ich. Positiv! Sie las das Ergebnis vom Test ab und sagte: «Das gibt bestimmt Ärger. Letztes Jahr hat sich der Mann von der Jankowik sterilisieren lassen. Und jetzt ist sie schwanger. Jede Wette, sie will’s weggemacht haben.»
    Freda Jankowik ging mich nichts an, ihr sterilisierter Mann ebenso wenig. Aber es war zu viel, zu persönlich. Ich schaffte es mit steifem Gesicht bis ins Sprechzimmer. Jürgen saß nicht hinter seinem Schreibtisch. Er stand davor, mit dem Rücken zur Tür, sodass er mich nicht sofort bemerkte.
    Er telefonierte und sagte gerade: «Sie haben Nerven, Mann! Und warum verzögert sich das? – Ja, natürlich werde ich dafür sorgen, was bleibt mir

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