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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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deinem Vater?»
    Er antwortete nicht, riss die erste Packung auf und schob eine Schale in die Mikrowelle.
    «Ich will das Geld wiederhaben! Das heißt nicht, dass ich alles ausgebe. Ich will es nur haben, damit ich jemanden engagieren kann, wenn ich allein nicht weiterkomme. Wenn du es mir nicht zurückgibst, gehe ich morgen zur Bank, und dann hole ich mir zwanzigtausend.»
    «Keine müde Mark, Vera. Sie werden keinen Scheck mehr einlösen, den du ausgestellt hast. Es tut mir Leid, aber ich kann nicht zulassen, dass du mich in Schwierigkeiten bringst.»
    «Wer ist hier in Schwierigkeiten? Du sitzt doch warm und gemütlich. Du musst nicht befürchten, dass dir irgendein Dreckskerl zwischen die Beine greift.»
    «Du auch nicht», sagte er, hielt den Blick auf die Mikrowelle gerichtet. «Und du musst es auch nicht für Rena befürchten.» Er atmete tief durch. «Vera, sie ist nicht in Frankfurt, sie ist auch nicht in London. Ich hätte dir das am Samstag schon sagen sollen. Aber ich dachte   … Ach, Scheiße! Es ist doch alles egal! Sie ist nicht eingestiegen, Vera. Sie ist – irgendwo hier in der Nähe, meint Klinkhammer.»
    Wenn er nur nicht so ruhig gewesen wäre oder so kalt.
    «Hier in der Nähe?», schrie ich. «Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Was versuchst du mir einzureden? Dich hat doch nie interessiert, was aus ihr wurde. Sie hat um deine Anerkennung gebettelt und du hast sie geflissentlich übersehen. Sie war ja nur unser Problemkind. Es hätte ein paar Mark gekostet, ihr die Nachhilfestunden zu gönnen. Sie hätte sie dringend gebraucht und sie wollte sie. Und es wäre – verdammt nochmal – auch nicht so teuer geworden, dass du dir den BMW hättest verkneifen müssen. Ich will das Geld. Gib mir das Geld zurück.»
    «Vera!» Es war ein ganz neuer Ton. Danach herrschte sekundenlang Stille. Er versuchte meinen Blick einzufangen. Ich schaute zum Küchenfenster hinaus. «Ich warne dich, Vera. Reiß dich zusammen. Wenn du so weitermachst, frage ich die Jankowik beim nächsten Termin, ob sie mir ihren Anwalt empfehlen kann.»
    Anne kam über den Hof geradelt, fuhr in die Scheune, kam Sekunden später wieder zum Vorschein. Sie warf einen Blick zum verhangenen Himmel hinauf, rümpfte die Nase, setzte sich in Bewegung.
    «Du?», fragte ich. «Zum Anwalt? Das glaube ich erst, wenn ich es schriftlich bekomme. Aber von mir aus gerne. Lass uns doch kurz durchrechnen, wie wir am Ende dastehen. Der Hof gehört meinem Vater, der BMW gehört der Bank. Der Fiesta gehört mir. Bleibt für dich die Praxis. Wenn ich weiter für dich arbeiten soll, über mein Gehalt werden wir uns sicher einig. Ich will nicht kleinlich sein. Ich kriege zwanzigtausend für die beiden Jahre. Du hast mehr als das Dreifache von der Steuer abgesetzt, das weiß ich. Und du willst doch sicher keine Schwierigkeiten mit dem Finanzamt.»
    Jürgen schürzte die Lippen und nickte bedächtig. Die Haustür ging auf und verhinderte, dass er mir antwortete. Schon in der Diele sprudelte Anne los.
    «Gut, dass ihr da seid. Papa, du musst mir einen Gefallen tun. Neulich habe ich Udo von Wirth in der Stadt getroffen. Es ist schon über eine Woche her. Das war der Freitag, wo es so geregnet hat. Ich habe es Mutti erzählt. Er fragte, ob er mich mitnehmen kann. Ich habe mir nichts dabei gedacht und bin eingestiegen. Aber ich glaube, das war ein Fehler. Seitdem   …»
    Mitten in der Küche versiegte der Wasserfall. Anne stutzte, ließ den Blick von seinem zu meinem Gesicht wandern. «Was ist los? Ihr seht so komisch aus.»
    Jürgen grinste unfroh. «Das kommt vom komischen Leben. Es war doch eine lustige Nacht.» Etwas ruhiger fügte er hinzu: «Ich denke, Udo hat sein Auto zu Schrott gefahren.»
    Anne zögerte kurz, ehe sie erklärte: «Er fährt im Moment das von seinem Schwager. Einen blauen Kombi. Er meinte, es sei Platz genug für mein Rad und sein Schwager hätte bestimmt nichts dagegen.»
    Jürgen grinste weiter. «Das kann ich mir auch nicht vorstellen. Kuhlmann ist ein großzügiger Mensch. Vielleicht leiht er mir seinen Wagen später auch mal.»
    Anne wusste mit dieser Bemerkung nichts anzufangen, stellte fest: «Du nimmst mich nicht ernst», und beteuerte eilig: «Für mich wird das zum Problem, Papa. Mir tut es Leid, dass ich an dem Freitag mit ihm gefahren bin. Für ihn heißt das wahrscheinlich schon, dass wir jetzt dicke Freunde sind. Aber was meinst du, was Patrick mir erzählt, wenn ich mich ständig von einem anderen heimfahren

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