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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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dünner
als die aurora borealis.
    Das Triebwerk ist zwar nicht gerade sparsam – aber die
Temperatur des ›Abgasstrahls‹ beträgt etwa eine
Viertelmilliarde Grad Celsius, und hohe Abgastemperaturen sind
gleichbedeutend mit Schnelligkeit des Schiffes.
    Aber obwohl es das beste jemals entwickelte Triebwerk ist und von
vielen Gigawatt der lunaren Kraftwerke befeuert wird, reicht es
dennoch nicht aus. Mit diesem Motor allein würde der Flug nach
2026RU viereinhalb Jahre dauern. Außerdem würde nach zirka
5 AE der Wirkungsgrad der Energieübertragung vom Mond abnehmen,
so daß die effektive Flugdauer sich dann auf sechs bis sieben
Jahre belaufen würde. Rivera, Hardshaw und ihre Berater sind
nicht der Ansicht, daß die Erde so lange Zeit hätte; Louie
Tynan, dessen mentale Kapazität der ihren tausendfach
überlegen ist, schließt sich dieser Ansicht an.
    Das Problem besteht eigentlich darin, daß das Material die
erforderlichen Tätigkeiten ausführt. Um das Sonnenlicht
wirksam auszublenden, muß der Schild, der den Schatten wirft, niedrig über der Erde positioniert werden. Um das
Material effektiv einzusetzen, muß der Schild breit und flach
sein. Und um den maximalen Wirkungsgrad zu erreichen, muß der
Schild sich langsam bewegen, um die strategische Zone des Pazifik
lange genug in Dunkelheit zu tauchen.
    Deshalb verbietet es sich, einfach einen riesigen Reflektor im
geosynchronen Orbit zu stationieren; der Schild müßte
stabil sein und dürfte nicht von seiner Position abweichen, und
es existiert kein hinreichend fester Werkstoff, um einen derart
großen Reflektor zu konstruieren, welcher der enormen
Gravitationswirkung des Mondes und der Sonne standhielte. Also
muß der Schild in geringer Höhe positioniert werden…
aber dann würde er sich so schnell um die Erde drehen, daß
er überhaupt nichts bewirkt. Außerdem würde er gar
nicht im Orbit bleiben. Die dünnen Ausläufer der
Erdatmosphäre im Zusammenwirken mit dem Sonnenwind würden
die Schilde nämlich binnen kurzem abstürzen lassen.
    Deshalb basieren Kliegs Ballons und Louies Konzept nicht auf einem
im Orbit stehenden Satelliten, sondern auf dem Einsatz Tausender
Projektile. Die Verantwortlichen haben vor, Kliegs Angebot zu
akzeptieren – und ihm alles zu versprechen, was er verlangt
–, denn so besteht zumindest eine reelle Chance, einige
Wirbelstürme zu neutralisieren, zumal sie auch wissen, daß
er nicht für immer obenauf sein wird. Louie indes genießt
alle Vorteile – er muß nichts von der Erde ins All
befördern, sondern nur etwas hinunterbringen. Und wenn er erst
einmal das notwendige Material hat, ist es ein Kinderspiel.
    Was den Einsatz von 2026RU nahelegt. Er nähert sich schnell,
zumindest für einen Kometen, und wäre bei seinem
›fahrplanmäßigen‹ Erscheinen im Jahre 2047 einer
der spektakulärsten Kometen des einundzwanzigsten Jahrhunderts
gewesen; aber die Präsentation muß jetzt vorgezogen
werden. Er nimmt bereits mit beachtlicher Geschwindigkeit Kurs auf
das innere Sonnensystem, und elektromagnetische Katapulte auf seiner
eisbedeckten Oberfläche werden die Rettung der Erde noch
beschleunigen, indem sie Eispakete ins Erde-Mond-System schicken.
Diese Pakete bestehen aus zirka zwei Millionen Tonnen Eis und haben
die Form einer sechzehnhundert Meter durchmessenden und einen Meter
dicken Frisbee-Scheibe. Dieses Eis weist interne strukturelle
Verstärkungen auf, wobei eine millimeterdicke reflektierende
Schicht aufgesprüht wurde, um das Schmelzen zu vermeiden. Zudem
sind diese ›Frisbees‹ mit einem Antriebs- und Leitsystem
bestückt, und bei ihrer Annäherung an die Erde wird Louie
– der dann schon wieder zu Hause ist – das Leitsystem
übernehmen und die Scheiben in einem extrem spitzen Winkel
über den Pazifik schicken, so daß sie fast parallel zur
Erdoberfläche hereinkommen. Dann sinken die ›Frisbees‹
bis auf eine Höhe von etwa dreißig Kilometern ab, bevor
sie durch den Luftwiderstand abgebremst werden, das schmelzende Eis
auseinanderbricht und die Fragmente verdampfen.
    Jede dieser sechzehnhundert Meter durchmessenden Scheiben wird
einen entsprechend großen Schatten werfen, aber es sind nicht
nur diese Schatten, die ›Clem‹ den Garaus machen.
Während die gigantischen Eisscheiben rotierend in die
Stratosphäre eintauchen und explosionsartig verdampfen, wird der
Wasserdampf in der kalten, dünnen Luft sofort zu Wolken von
Eiskristallen gefrieren, analog zu den bekannten Cirrus-Wolken, die
oft einem Sturm

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