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Die Mutter des Erfolgs - Die Mutter des Erfolgs

Titel: Die Mutter des Erfolgs - Die Mutter des Erfolgs Kostenlos Bücher Online Lesen
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Selbstvertrauen mit auf den Weg zu geben, die ihnen keiner je nehmen kann.

12     Die Kadenz
     
     
    Lulu und ich in einem Hotelzimmer (die Noten sind an den Fernseher geklebt)
     
    Lulu saß hinten im Auto und seufzte. Wir waren zu dritt auf dem Heimweg von der Schule, und meine Laune war im Keller. Sophia hatte mich soeben daran erinnert, dass das Mittelalterfest der sechsten Klasse bevorstand, und nichts ist mir verhasster als all diese Feste und Projekte, die eine Spezialität der Privatschulen zu sein scheinen. Statt dafür zu sorgen, dass die Kinder aus Büchern lernen, versuchen sie ständig, das Lernen zu einem Spaßerlebnis zu machen, indem sie den Eltern die gesamte Arbeit aufbürden.
    Für Lulus Projekt «Reisepass um die Welt» zum Beispiel hatte ich ein ecuadorianisches Gericht kochen (vier Stunden in Achiotepulver geschmortes Huhn mit gebratenen Bananen), ihr ein ecuadorianisches Artefakt mitgeben (ein geschnitztes Lama, aus Bolivien, was allerdings niemandmerkte) und einen echten Ecuadorianer ausfindig machen müssen, damit Lulu ihn interviewen konnte (einen Doktoranden, den ich angeheuert hatte). Lulus Aufgabe bestand darin, den Pass herzustellen – ein doppelt gefaltetes Stück Papier mit der Aufschrift «Reisepass» – und zum internationalen Essensfest zu erscheinen, auf dem es, von allen Eltern gekocht, Gerichte aus hundert Ländern gab.
    Aber das war nichts im Vergleich zum Mittelalterfest, dem Höhepunkt im sechsten Schuljahr. Dafür brauchte jeder Schüler ein selbstgenähtes mittelalterliches Kostüm, das nicht geliehen sein und nicht zu teuer aussehen durfte. Jeder Schüler musste ein authentisch zubereitetes mittelalterliches Gericht mitbringen. Und schließlich musste jeder Schüler eine mittelalterliche Behausung errichten.
    Folglich war ich an diesem Tag in miserabler Stimmung und zerbrach mir den Kopf, wer als Baumeister zu gewinnen wäre – und wie ich sicher sein konnte, dass es keine Mitschülereltern waren –, als Lulu wieder seufzte, tiefer diesmal.
    «Meine Freundin Maya hat’s so gut», sagte sie wehmütig. «Sie hat so viele Haustiere. Zwei Papageien, einen Hund und einen Goldfisch.»
    Ich gab keine Antwort. Mit Sophia hatte ich das alles schon viele Male durchexerziert.
    «Und zwei Meerschweinchen.»
    «Vielleicht ist sie deshalb mit der Geige erst bei Band eins», sagte ich. «Sie braucht zu viel Zeit für ihre Haustiere.»
    «Ich möchte auch ein Haustier …»
    «Du hast schon eins», fuhr ich sie an. «Dein Haustier ist die Geige.»
    Ich konnte mit Tieren nie viel anfangen und hatte auch keins als Kind. Zwar habe ich keine stichhaltige statistischeErhebung durchgeführt, aber ich schätze, dass die meisten chinesischen Einwandererfamilien in den USA keine Haustiere halten. Chinesische Eltern haben alle Hände voll zu tun, ihre Kinder an die Kandare zu nehmen, und für Haustiere keine Zeit. Auch müssen sie meist aufs Geld achten – mein Vater trug acht Jahre lang dieselben Schuhe zur Arbeit –, und ein Haustier ist Luxus. Und nicht zuletzt haben Chinesen eine andere Einstellung zu Tieren, zumal zu Hunden.
    Während Hunde im Westen von alters her als treue Gefährten gelten, stehen sie in China auf dem Speiseplan. Das ist so empörend, dass man dabei erst einmal an eine rassistische Verunglimpfung glaubt, aber es ist leider wahr. Hundefleisch, speziell Welpenfleisch, ist in China und mehr noch in Korea eine Delikatesse. Ich selbst würde niemals Hundefleisch essen. Lassie habe ich geliebt, und Caddie Woodlawns kluger und treuer Hund Nero, der aus eigener Kraft von Boston nach Wisconsin zurückfindet, ist einer meiner liebsten Charaktere in der Literatur. Aber es ist doch ein großer Unterschied zwischen Hundefleisch auf dem Teller und dem Zusammenleben mit einem Hund, und ich wäre nicht im Traum auf die Idee gekommen, selbst einen Hund zu halten. Ich hätte nicht gewusst, wozu.
    Unterdessen wurden meine Geigenübungen mit Lulu immer qualvoller. «Steh nicht so dicht hinter mir», sagte sie. «Du bist wie Lord Voldemort. Ich kann nicht spielen, wenn du so an mir dranklebst.»
    Im Unterschied zu westlichen Eltern machte es mir nichts aus, wenn mich mein Kind mit Lord Voldemort verglich. Ich versuchte nur, bei der Sache zu bleiben. «Tu mir einen Gefallen, Lulu», sagte ich sachlich. «Einen kleinen Gefallen: Spiel diese Zeile noch mal, aber diesmal mit absolut gleichmäßigem Vibrato. Und sieh zu, dass der Wechsel von derersten zur dritten Lage nahtlos verläuft.

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