Die Mutter des Erfolgs - Die Mutter des Erfolgs
zwischen chinesischer Kindererziehung und Hundehaltung: Letztere ist leicht. Sie erfordert Geduld, Liebe und womöglich eine anfängliche Investition von Trainingszeit. Die Kindererziehung nach chinesischer Art gehört hingegen zum Schwierigsten, was ich mir vorstellen kann. Man muss in Kauf nehmen, gelegentlich von einem Menschen, den man liebt und der einen hoffentlich auch liebt, gehasst zu werden, und nie gibt es eine Atempause, nie einen Punkt, von dem an es leichter wird. Im Gegenteil: Die Kindererziehung nach chinesischer Art – jedenfalls wenn man sich bemüht, sie in Amerika umzusetzen – ist ein nicht endender, mühseliger Kampf, der Unverwüstlichkeit, Hinterlist und Einsatz rund um die Uhr an jedem Tag des Jahres verlangt. Man muss in der Lage sein, sich seinen Stolz zu verkneifen und jederzeit die Taktik zu wechseln. Und man muss erfindungsreich sein.
Letztes Jahr zum Beispiel veranstaltete ich für ein paar Studenten eine Feier zum Semesterende, was ich sehr gerntue. «Zu deinen Studenten bist du immer so nett», pflegen Sophia und Lulu zu sagen. «Sie haben keine Ahnung, wie du wirklich bist. Sie glauben, du bist fürsorglich und hilfreich .» Darin haben sie recht. Meine Jurastudenten (vor allem diejenigen aus asiatischen Familien) behandle ich vollkommen anders als meine Kinder.
Diesmal hielten wir uns im Tischtennisraum im zweiten Stock unseres Hauses auf, in dem Lulu auch Geige übte. Ein Student namens Ronan entdeckte ein paar Blätter mit Übungsanweisungen, die ich für Lulu aufgeschrieben hatte.
«Was ist das denn …?», sagte er, ungläubig auf die Blätter starrend. «Professor Chua, haben Sie – haben Sie das geschrieben?»
«Ronan, würden Sie das bitte wieder hinlegen? Ja, ich habe das geschrieben», gab ich standhaft zu, nachdem es keinen Ausweg gab. «Meine jüngere Tochter spielt Geige, und ich hinterlasse ihr jeden Tag solche Anweisungen, die ihr beim Üben helfen sollen, wenn ich nicht da bin.»
Ronan schien gar nicht zuzuhören. «Ach du lieber Gott! Da ist ja noch viel mehr», sagte er fassungslos. Und das stimmte: Dutzende Blätter mit Anweisungen lagen herum, manche getippt, andere von Hand geschrieben, die ich aufzuräumen vergessen hatte. «Außerordentlich. Das ist so – schräg .»
Ich fand nicht, dass meine Anweisungen schräg waren. Aber urteilen Sie selbst. Hier sind drei unredigierte Beispiele der täglichen Übungsanweisungen, die ich für Lulu aufschrieb. Ignorieren Sie die verrückten Titel; die habe ich erfunden, um Lulus Aufmerksamkeit zu erregen. Im zweiten Beispiel bedeutet das «T.» übrigens «Takt» – also ja, ich gebe Takt-für-Takt-Anweisungen.
Chow-Chow LeBœuf
Installation 1
Nur 55 Minuten!
HALLO LULU!!! Du machst es toll. Leicht!! Leicht!!!! LEICHT!!!!
APOLLO-Mission: Die Geige so halten, dass sie auch bei schwierigen Passagen handlos an Ort und Stelle bleibt.
15 Minuten: TONLEITERN. Finger hoch und leicht. LEICHTER, singender Strich.
15 Minuten: Schradieck: 1. die Finger höher und leichter. 2. Handstellung so, dass der kleine Finger immer aufragt und schwebt. Mach das Ganze einmal mit Metronom. Dann die schweren Abschnitte DRILLEN, jeweils 25 x. Dann alles noch mal von vorn.
15 Minuten: Kreutzer-Oktaven. Such dir EINE neue aus. Mach sie erst langsam – INTONATION – 2x.
HERAUSFORDERUNG DES TAGES:
10 Minuten: Kreutzer Nr. 32. Arbeite sie ALLEIN durch, mit Metronom. LANGSAM. Kurze Striche. Wenn du das kannst, bist du super.
Los Bobos di McNamara – Bruch-Konzert
ZIELE: 1. HALT DIE GEIGE HOCH! Vor allem bei den Akkorden! 2. Artikulation – achte drauf, dass die «kleinen» Töne klar und hell werden – mit schnelleren, leichteren Fingern (höher heben). 3. Abschnitte gestalten; Dynamik – fang mit langsameren Strichen an und werde schneller.
DRILLEN
SEITE 7
Einleitung: T. 18 + 19:
a)
Halber Bogendruck + schnellerer Strich bei den Akkorden. Ellbogen runter. Halt die Geige ruhig!
b)
Kleine Noten (da da dum) drillen, damit sie deutlich werden – setz die Finger schneller auf und entspann sie schneller wieder.
T. 21 a)
Triolen auf einer Saite – je 25 x!
b)
Achtelnoten deutlicher getrennt – drillen! ENTSPANN die Finger nach jedem Aufsetzen!
T. 23–26:
Wieder halber Bogendruck bei den Akkorden und deutlicherer, schnellerer Fingeraufsatz bei den kurzen Noten.
T. 27–30:
WICHTIG: Diese Zeile ist zu schwer, und
Weitere Kostenlose Bücher