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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett Mcbean
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musste ja nicht heißen, dass sie nie Kinder gehabt hatte.
    »Ich will meinen Sohn nur beschützen«, sagte Bill, und seine Brust verkrampfte sich. »Mein Gott, ich verdiene fest doppelt so viel wie Gloria, aber weil sie die Mutter ist, hat sie das Sorgerecht für Mark. Mir ist egal, was Sie denken, aber das ist nicht richtig. Und wenn ich ihr wirklich nachweisen kann, dass sie ihn misshandelt, dann wird Mark bei mir leben, und das wird mich zum verdammt noch mal glücklichsten Vater der Welt machen.«
    »Ich bewundere Ihre Hingabe für Ihren Sohn. Darum geht es doch beim Elternsein: für die Kinder da zu sein, wenn sie dich brauchen, sie bedingungslos zu lieben, ihnen das beste Leben zu ermöglichen und zu hoffen, dass sie glücklich werden und dich am Ende überleben.«
    »Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als dass Eltern den Tod ihrer Kinder erleben«, sagte Bill. »Das ist unnatürlich und grausam. Ich glaube nicht, dass ich noch weiterleben könnte, wenn Mark irgendetwas passiert. Ich frage mich, wie die Eltern der Teenager von diesem Verkehrsunfall das verkraften - wie sollen sie denn damit fertig werden?«
    »Sie werden damit fertig werden. Sie müssen. Jeder findet seinen eigenen Weg, mit Schmerz und Tragödien umzugehen. Ihr Sohn lebt bei Ihrer Ex, Sie sehen ihn nur ein Viertel des Jahres, aber irgendwie werden Sie damit fertig, oder nicht?«
    Bill nickte. »Aber das ist etwas anderes. Ich spreche ja fast jeden Abend mit ihm. Und ich weiß immer, dass ich ihn bald sehe. Es ist vielleicht kein perfektes Leben, aber immerhin weiß ich, dass er lebt, und ich bete, dass es ihm gut geht.« »Ich werde damit fertig, indem ich trampe.« »Eine gefährliche Wahl, wenn Sie mich fragen.« Joan tat die Anmerkung mit einem Schulterzucken ab. Vermutlich war sie schon tausendmal über die Gefahren des Trampens belehrt worden. »Es ist eine gute Möglichkeit, die Vergangenheit und den Schmerz hinter sich zu lassen.« »Müssen Sie denn so viel Schmerz hinter sich lassen?« »Er reicht für ein ganzes Leben.« »Und funktioniert es? Sind Sie schon schmerzfrei?« Joan nahm ihre Brille ab und schaute Bill in die Augen. Er hatte seine Antwort.
    »Aber ich bin fest fertig«, sagte sie dann. »Bald wird mein Schmerz Vergangenheit sein. Da bin ich sicher.«
    »Und wenn es vorbei ist, was werden Sie dann tun? Weitertrampen?«
    Joan kaute auf ihrer Unterlippe, während sie nachdachte. Es dauerte lange, bis sie etwas erwiderte. »Das kann ich Ihnen nicht beantworten«, sagte sie schließlich. »Ich wünschte, ich könnte es.«
    Bill wischte sich mit dem immer nasser werdenden Hemd den Schweiß von der Stirn. Er sah auf die Uhr. Es war beinahe eins. Er drehte sich zu Joan um; sie hatte die Sonnenbrille wieder aufgesetzt und ihre Augen versteckt. »Dieses ganze tiefgründige, bedeutungsschwangere Gerede hat mir Appetit gemacht. Haben Sie Hunger?«
    Sie nickte.
    »Zehn Minuten von hier ist ein McDonald's. Eigentlich sogar zwei, direkt gegenüber voneinander. Die Leute strömen da in Scharen hin, meinte Glen. Ich könnte uns ein paar Cheeseburger und Getränke holen.«
    Joan erschauderte.
    Bill fand das merkwürdig, aber da Joan sich ihrer Reaktion gar nicht bewusst zu sein schien, entschied er sich, sie nicht darauf anzusprechen.
    »Ich glaube, ich passe.«
    »Also, ich glaube, nebenan ist eine Tankstelle. Ich könnte Ihnen auch von da was mitbringen, wenn Ihnen das lieber ist.«
    »Wenn ich recht darüber nachdenke, bin ich eigentlich gar nicht so hungrig. Gehen Sie ruhig, ich bleibe solange hier.«
    »Wie Sie meinen.« Bill dachte über den Spaziergang zum Fast-Food-Restaurant und zurück nach. Der Laden hatte sicher eine Klimaanlage, aber auf dem Weg dahin musste er sich durch 41 Grad Hitze oder mehr quälen - eine nicht sonderlich verlockende Aussicht. Er entschied aber, dass er bei seiner Wanderung über den Freeway auf jeden Fall auf sein klammes Hemd verzichten konnte. Wenn draußen auch nur eine leise Brise geweht hätte, hätte sich das nasse Hemd einfach herrlich auf seiner Haut angefühlt; aber die Luft war ebenso windstill wie heiß, sodass das Hemd sich schlicht beengend anfühlte. Er beschloss, sein weißes Nike-Hemd auszuziehen, hielt es aber für höflicher, Joan zu fragen.
    »Stört es Sie, wenn ich mein Hemd ausziehe? Ich schwitze wie ein Schwein.«
    »Bitte sehr«, sagte Joan.
    Bill steckte die Zigarettenschachtel aus seinem Hemd in die Tasche seiner Shorts, beugte sich dann nach vorne und zog es aus. Es

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