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Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Titel: Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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freute Herodes sich am meisten auf die Benutzung dieser einen.
    Der Palast erhob sich an der Felsenküste des Mittelmeers, eine hoch aufragende beigefarbene Steinmasse mit Mauern, die zum Teil sechzig Meter emporragten. Architektonisch war er einfach gehalten – in der Mitte ein riesiger Würfel aus Kalkstein, umgeben von einer Handvoll kleinerer Backsteingebäude. »Ein großer, langweiliger Klotz am Strand«, wie Herodes zu sagen pflegte. Der Palast war nicht von einer Mauer umgeben. Es gab keine Wachtürme. Das Meer bot eine natürliche Barriere auf der einen Seite, und die flache, endlose Wüste auf den anderen. Es gab praktisch keine Einheimischen, die ferngehalten werden mussten. Bloß die Ägypter im Süden, das Meer im Westen und ein paar wandernde Beduinen im Norden und Osten. Die Wachen auf dem Palastdach würden jeglichen Menschen erspähen, von einem Heer oder einer Flotte, die aus vielen Meilen Entfernung kämen, einmal ganz zu schweigen.
    Am Fuß der Küstenmauer des Würfels verlief eine marmorne Terrasse, auf der sich Herodes in seinen gesünderen Tagen mit ausgewählten Mitgliedern seines Harems gesonnt hatte. Eine breite Marmortreppe führte elegant von dieser Terrasse bis nach unten ans Meer, wo sie auf eine lange hölzerne Hafenanlage stieß. Diese Planken waren das Erste, was Herodes und seine Gäste begrüßte, wenn sie per Schiff aus dem Norden eintrafen. Heute wimmelte es dort allerdings von römischen Kriegsschiffen, die sich dank der beträchtlichen Wellen, die der herannahende Sturm aufpeitschte, auf und ab bewegten.
    Die römische Marine war an Judäas Küste entlang nach Süden gesegelt, um sich mit dem Heer zusammenzuschließen. Die Flotte wurde von dem legendären Admiral Lucius Arruntius angeführt, der maßgeblich daran beteiligt gewesen war, dass sein Freund Augustus die alleinige Herrschaft über das Reich errungen hatte. Der Kaiser hatte seinen getreuesten Admiral ausgesandt, damit dieser seinen kostbaren Magier und seinen vielversprechenden, aber bisher noch nicht auf die Probe gestellten jungen Offizier Pontius Pilatus im Auge behalten konnte.
    Während Balthasar, die Handgelenke mit einem Seil zusammengebunden, in Richtung des fernen Palastes gezogen wurde, konnte er die Oberseiten etlicher Schiffe auf und ab hüpfen sehen. Die nackten Masten schaukelten wie Schilf in der Brise. Es regnete jetzt stärker – jeder Tropfen war eine willkommene Wohltat gegen die Schürfwunden und Stachel, die seine Haut überzogen. Als sie das Palastgelände erreichten, wurde er grob von dem Hauptzug weg durch einen kleinen Nebeneingang geschleift. Und statt des grauen verregneten Himmels hatte er auf einmal die Decke eines tintenschwarzen Ganges über sich, dessen Dunkelheit nur vom flackernden Fackelschein an den Wänden durchdrungen wurde. Er befand sich in einem Kerker. Würde nie wieder den Himmel sehen.
    Er wurde in die Mitte einer großen dunklen Zelle gebracht. Regenwasser sickerte durch winzige Spalten in der Decke und fiel tropfenweise auf den Steinboden, ein Geräusch, das von den glatten Kerkerwänden widerhallte. Um seine Handgelenke wurde je ein Seil gebunden, und beide Seile wurden an einem riesigen Holzbalken befestigt, der über seinem Kopf von einer Wand zur anderen verlief. Als diese Seile fest gespannt waren, hing Balthasar an den Handgelenken, seine Zehen baumelten wenige Zentimeter über dem Boden. Seine Knöchel waren gefesselt, und um seine Taille war ein Tuch gebunden – das einzige Zugeständnis an sein Schamgefühl.
    Beziehungsweise wohl eher das seiner Peiniger.
    Im Gegensatz zu den kühlen Tropfen, die draußen vom Himmel fielen, war der Kerker heiß. Unerträglich heiß. Ein Feuer wütete in einem Backsteinofen, der in eine der Zellwände eingelassen war. Verschiedene Metallinstrumente lagen bereits in den Flammen aufgereiht und würden bald glühend heiß sein. Balthasar ging davon aus, dass es sich um metallene Schürhaken, Brandeisen und dergleichen handelte, auch wenn es sich nicht mit Sicherheit sagen ließ, da von dort, wo er hing, nur die Holzgriffe zu sehen waren.
    Worum auch immer es sich handelt, es wird mir überhaupt nicht gefallen. Kein bisschen.
    Ebenso wenig würden ihm die scharfen Instrumente gefallen, die man nicht weit vom Schein des Ofens ordentlich auf einem kleinen Tisch an der Wand aufgereiht hatte. Wiederum konnte er nicht genau erkennen, worum es sich handelte, doch der Schauplatz erinnerte ihn an den Tisch eines Arztes – Skalpelle und

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