Die Nacht am See
vergleichen. Es waren die inneren Werte eines Menschen, auf die es ankam.
Sie warf die Zeitschrift auf den Tisch und dachte wieder an Donovan und die Art, wie er mit ihr flirtete.
Wie lange war es schon her, dass sie mit einem Mann verabredet gewesen war?
Ewigkeiten. Sicher, sie ging mit ihren männlichen Kollegen hin und wieder ein Bier trinken, doch das waren keine Verabredungen. Sie behandelten sie alle wie einen Kumpel.
Es war diese Sache mit den weiblichen Signalen.
Sie hatte keine Ahnung, wie man die aussandte.
Doch auf irgendetwas reagierte Donovan …
Die Tür seines Büros wurde geöffnet, und eine Frau mittleren Alters kam gefolgt von Donovan heraus. Sie blieb an der Rezeption stehen, um mit der Schwester zu sprechen, und lachte über etwas, was Donovan zu ihr sagte.
Mit dem Clipboard in der Hand drehte er sich um und meinte noch: „Viel Spaß beim Golfturnier, Marion.”
Er war wirklich charmant und sehr nett zu seinen Patienten. Ganz anders als Tom. Kein Wunder, dass alle ihn mochten.
Er ging durch das Wartezimmer und schaute zu Jocelyn - die wie die anderen Patienten auf einem Stuhl saß - und zwinkerte ihr zu.
Eine Hitzewelle jagte durch ihren Körper. Jocelyn zwang sich zu einem höflichen Lächeln und schlug eine andere Zeitschrift auf. Verflixt! Er war so umwerfend! Sie bekam keine Luft mehr und wusste nicht, worauf sie starrte. Anzeigen? Artikel? Kleine grüne Männchen?
Jocelyn räusperte sich und versuchte, ihr laut pochendes Herz wieder zu beruhigen, doch es funktionierte nicht. Sie schaute sich vorsichtig in dem Raum um, in dem es ganz ruhig war, und überlegte, ob jemand anderes es hören konnte.
Anscheinend nicht.
Sie beobachtete, wie Donovan den nächsten Patienten hineinbat - einen älteren Herrn mit Stock. „George, wie geht es Ihnen heute?” fragte er den Mann, bevor er die Tür hinter ihm schloss.
Jocelyn ließ die Zeitschrift sinken, während sie innerlich immer wiederholte: Er ist nur dein Klient, du Närrin. Vergiss das nicht!
Im Gegensatz zu Donovans sonstiger Routine fuhren sie nun mit dem Wagen, denn Jocelyn hielt es nicht für sicher, jeden Tag zur gleichen Zeit die U-Bahn zu nehmen. Außerdem war es viel zu unsicher in den überfüllten Waggons, wo jeder ein Messer zücken und blitzschnell verschwinden konnte.
Nach der Arbeit unterzog Jocelyn Donovans Wagen auf dem Parkplatz einer gründlichen Inspektion, bevor sie ihm erlaubte einzusteigen. Er setzte sich ans Steuer, und sie machten sich auf den Heimweg.
„Wollen wir heute Abend zusammen essen und anschließend ins Theater gehen?” fragte er.
Die Frage überraschte sie. Klienten luden sie normalerweise nicht zum Essen ein -
jedenfalls drückten sie es nicht so aus. Es wurde einfach nur erwartet, dass sie mitging.
Er warf ihr einen aufmerksamen Seitenblick zu. „Entschuldigung. Was ich hätte sagen sollen, ist dies: Ich gehe heute Abend essen und schaue mir hinterher ein Theaterstück an. Sie müssen leider länger arbeiten.”
Jocelyn lächelte über die Neuformulierung seiner Einladung. „Ja, Sir.”
„Ich möchte in ein vornehmeres Restaurant gehen; wenn Sie also nicht auffallen wollen, dann sollten Sie etwas anderes als das da tragen.”
Sie schaute auf ihren Anzug. „Oh, ich habe gar nichts dabei, das …”
„Wir werden Ihnen auf dem Nachhauseweg etwas besorgen.”
„Nein, Sie müssen mir keine Sachen kaufen”, widersprach Jocelyn. „Wir können zu meiner Wohnung fahren, und ich hole mir schnell etwas.”
„Sie leben auf der anderen Seite der Stadt. Dies hier ist viel schneller. Ich kenne einen ausgezeichneten Laden.”
Widerwillig stimmte sie zu, und kurz darauf hielten sie vor einem exklusiven Damenmodengeschäft.
Eine ältere Dame begrüßte sie. „Dr. Knight, was für eine Freude. Was kann ich für Sie tun?”
Sie kannten ihn hier?
„Doris, Sie können meiner Freundin helfen. Wir werden heute Abend ins ‘La Perla’ gehen.”
„Wunderbar.” Lächelnd wandte sie sich an Jocelyn, die sich in diesem teuren Laden völlig fehl am Platze vorkam. Allein wäre sie niemals hierher gekommen.
„Ich habe ein paar fantastische Kleider hier drüben, die Ihnen hervorragend stehen würden”, sagte Doris. Sie bedeutete Jocelyn, ihr zu folgen. Donovan kam ebenfalls hinterher.
Doris nahm ein goldfarbenes, mit Pailletten besticktes Kleid vom Ständer. „Wie wäre es hiermit?”
Jocelyn sah verstohlen auf das Preisschild. Neunhundertundfünfzig Dollar! „Äh, das ist ein wenig zu
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