Die Nacht des einsamen Träumers.
hat, der, der angerufen hat!«
»Und das wusstest du nicht? Hast du nicht gesagt, er hätte dir seine Adresse gegeben?«
» Sissi , Dottore, er hat mir seine Adresse gegeben, aber ich hab nicht kapiert, wo die Adresse ist. Dottore, jedenfalls ist das kleine Haus vom Scillicato ein bisschen mehr als ein Kilometer vom Banbunker weg.«
»Interessant.«
»Das finde ich auch. Dottore, Scillicato ist ein Wilder.«
»Wie meinst du das?«
»Dottore, in seinem Haus ist zwar ein Fernseher, in seinem Haus ist zwar ein Kühlschrank, er hat zwar ein Handy, er hat zwar dieses Dings, jetzt fällt mir grad nicht ein, wie es heißt, es macht zzzzzzzzz und sticht...«
»La vespa, eine Wespe?«
»Nonsi, Dottore, die Cousine von der Wespe.« Die Cousine. Was konnte das sein? »L'ape, eine Biene?«, fragte Montalbano zögernd.
»Genau, ganz genau! Ein Ape hat er zwar auch, und er hat zwar...«
»Catarè, sag mir, was nicht in Ordnung ist, nicht, was er für tolle Sachen hat.«
»Dottore, er zieht sich zwar an wie einer, der betteln muss, er hält zwar seine Hosen mit einer Schnur zusammen, er hat zwar in einer Hosentasche die Salami und in der anderen das Brot, er hat zwar...« Er fing eine neue Litanei an.
»Catarè, komm zur Sache.«
»Dottore, es gibt mindestens drei Sachen. Die erste Sache ist die, dass wie ich ihm das Foto gezeigt hab, hat er gesagt, dass er die Frau nur tot gesehen hat, wie er sie im Banbunker gefunden hat und uns angerufen hat.«
»Ja und?«
»Dottore, ah, Dottore! Wie er die Leiche gesehen hat, war es doch draußen schon so dunkel, und dann erst im Banbunker drin! Er hat allerhöchstens die Leiche gesehen, aber nicht, wie das Gesicht ausgesehen hat! Und die Hunde und die Mäuse haben doch das Gesicht von dem armen Mädchen aufgegessen! Wenn er sie erkannt hat, dann nur, weil er sie vorher gesehen hat!«
»Weiter!«, sagte Montalbano höchst interessiert.
»Die zweite Sache ist die, dass ich's nicht mehr ausgehalten hab.«
»Mit Scillicato hast du's nicht mehr ausgehalten?«
»Nein, ich musste mal dringend. Und deshalb hab ich ihn gefragt, wo das Klo ist. Er hat geantwortet, dass er kein Klo im Haus hat. Wenn ich pinkeln muss, soll ich halt rausgehen und irgendwohin pinkeln, er macht das auch.«
»Na ja, Catarè, ich finde nicht...«
»Ich bitte um Verzeihung, Dottore. Aber wenn einer dran gewöhnt ist, dass er rausgeht, wenn er mal muss, warum verzieht er sich dann in den Banbunker, wenn er mal muss?«
Montalbano starrte ihn mit großen Augen an. Catarellas Argumentation hatte Hand und Fuß.
»Die dritte Sache, Dottore, ist die, dass sich dieser Scillicato um halb vier Uhr morgens in den Banbunker verzieht, da ist doch kein Schwein am Hundepass. Wer sollte ihn um diese Uhrzeit sehen?«
Er lachte, stolz auf seinen Witz. Montalbano sprang auf, umarmte Catarella und küsste ihn schmatzend auf die Wangen.
»Mimi, meines Erachtens ist die Geschichte so gegangen. Maria Lojacono läuft aus dem Haus ihrer Schwester fort und gerät zu ihrem Unglück an Scillicato, der gerade mit seinem Ape vorbeikommt. Der Schäfer hält an, vielleicht hat Maria ihm gewinkt, um mitgenommen zu werden. Doch Scillicato merkt bald, dass die junge Frau verwirrt ist. Er beschließt, die Gelegenheit auszunutzen, und nimmt sie mit nach Hause. Maria macht sicher gerade eine apathische Phase durch, die sie hat, nachdem sie tagelang zwanghaft in Bewegung war, was sie zur Flucht getrieben hat. Die Sache kommt Scillicato gelegen, und das geht vier Wochen lang so fort. Wenn er aus dem Haus muss, fesselt er das Mädchen mit einer Schnur. Er behandelt sie wie seine Hühner und Schafe. Aber eines Tages wacht Maria wieder auf, sie befreit sich und flieht. Doch vorher nimmt sie, wie schon früher vom Gedanken an Selbstmord beseelt, Mäusegift an sich, das Scillicato sicherlich im Haus hat. Als der Schäfer zurückkommt und sie nicht vorfindet, denkt er sich nicht viel dabei. Vielleicht glaubt er, die junge Frau sei zu ihrer Familie zurückgekehrt. Doch Maria hat sich im Bunker versteckt und vergiftet. Viel später erfährt Scillicato, dass Maria noch immer gesucht wird. Da macht er sich auch auf die Suche nach ihr, vielleicht fürchtet er, sie könnte von den Vergewaltigungen berichten, die sie vier Wochen lang über sich ergehen lassen musste. Schließlich findet er die Leiche und ruft uns an.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Mimi. »Warum hat er sich
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