Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)
Käfer fiel auf den Boden. Was von Eckhardt noch übrig war, zertrat ihn gleichgültig.
Die Hölle hatte Milliarden Diener.
Er fand Marion im Badezimmer. Sie hing über der Toilette und vollzog gerade ihr tägliches rituelles Kotzen.
Da wird sie ja schon in Stimmung sein, dachte der letzte Fetzen Eckhardtscher Persönlichkeit bevor er von klarer, unheilig reiner Mordlust verdrängt wurde.
Marion wandte sich von der Porzellanschüssel ihrer religiösen Verehrung ab. Auch ihr stand Schaum vor dem Mund, aber was war ihr Schaum schon gegen den Schaum aus Würmern und Käfern, der aus der zähnebewehrten Schnauze des Alligatorwesens , das sich über sie beugte auf sie herunter triefte.
Sie hatte nicht einmal Zeit wirklich erstaunt zu sein.
Mastema hatte die Oberhand gewonnen und Mastema kannte nicht die Zeit der Sterblichen. Sofort biß er zu, Käfer spritzten an die gekachelten Wände, Würmer fielen aus seinem Maul und machten sich über Marions Erbrochenes her. Ihren Platz im Maul Mastemas nahm nun Marions Kopf ein. Es knirschte und Gelbes und Rotes aus ihrem zuckenden Körper vermischte sich mit dem Schwarz und Braun der höllischen Insekten. Ein Schwall Blut färbte das Rosa des Vorlegers in tiefes Schwarz. Der Körper fiel und das pulsende Fleisch des kopflosen Halses hinterließ schmutzige Linien, abstrakte Zeugnisse eines kurzen Todeskampfes, am unschuldigen Weiß der Kloschüssel.
***
Als er, wiederhergestellt in seiner menschlichen, sterblichen Hülle, das Haus verließ, lauschte er in sich hinein. Mit einem Lächeln stellte er fest, dass eine weitere Seele in den unendlichen Räumen seines Inneren Platz gefunden hatte. Noch schrie sie in Unkenntnis ihrer Lage, aber bald schon würde sie sich mit der ewigen Dunkelheit abgefunden haben und vielleicht, ja vielleicht würde sie noch einmal auf die Welt kommen müssen, um ihm nützlich zu sein. DAS wäre eine Wiedergeburt wie sie sich diese Eso -Spinner nicht träumen ließen, dachte er befriedigt.
***
Eckhardt war weg. Elaine stand noch wie betäubt, als sie das Kaffeewasser hörte. Die Pfeife auf dem Kessel pfiff ein wütendes Crescendo, das kochende Wasser sprudelte auf den Herd.
Wie in Trance ging sie in die Küche und nahm den Boiler von der Platte. Das Pfeifen hörte sofort auf.
Sie blickte auf ihren Arm. Seltsam, da wo Eckhardts Speichel den Ärmel ihres Sweatshirts getroffen hatte, war jetzt ein Loch.
Es sah aus, wie von einer ätzenden Säure verursacht.
***
In den Tagen nach dem Kampf mit Eckhardt verließ Elaine die Wohnung nur zum Einkaufen. Eine Kollegin übernahm ihre Schicht im 2N8 und in der Uni würde sie niemand vermissen. Sie wollte nichts hören und nichts sehen, und schon gar nicht mit jemandem reden. Sie schloss sich ein und schlief die meiste Zeit. Sie verstand selber nicht, warum sie so fertig war. Sicher, sie prügelte sich nicht jeden Tag mit Männern, schon gar nicht in ihrer Wohnung, aber jetzt war sie so deprimiert, wie noch nie in ihrem Leben.
Sie versuchte sich in ihre Tagträume zurück zu ziehen. Aber es gelang ihr nicht mehr so wie früher, abzutauchen und sich so ihre Ration heile Welt abzuholen, die sie brauchte, um zu funktionieren. Das undeutliche Gefühl, dass jemand vom Grund ihrer Träume her sie zu rufen schien, hatte sich verstärkt, ohne dass sie hätte sagen können, was diese Person da rief.
Bis vor kurzem war es so gewesen, dass, wenn sie ihre Augen schloss, ihre Lider sofort zu flattern anfingen und ihr Bewußtsein auf eine Wand aus riesigen geometrischen Figuren zuschoß , ineinander geschachtelten Quadranten, Romben und Dreiecken, die alle das Geheimnis der Welt in sich zu bergen schienen. Aus dem Stoff dieser Figuren hatte sich dann allmählich ein Bild mit größerer Dichte herausgehoben. Die schwerelosen, geometrischen Spiele zogen sich zu einer dichten Masse, zu einer riesigen, schweren Kugel, der Erde zusammen, auf die Elaine, aus einem funkelnd bestirnten Kosmos kommend, zuflog. Durch einen sanft bewölkten Himmel flog sie auf fremdartig geformte Kontinente zu, um schwebend in sanften Tälern zu landen und mit zahmen Tieren durch wilde Gärten zu wandern, bis sie von ihren Phantasien genug hatte und vollkommen erholt wieder in dieser Realität erwachte.
Aber die Landschaft hatte sich verändert.
Kaum schloss sie jetzt die Augen, stürzte sie durch einen sternenlosen, schwarzen Raum auf eine braune, wasserlose Erde zu. Durch eine bis ins Unerträgliche erhitzte
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