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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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gesagt.«
    »Anständige Frau«, meinte Mordent mit einem kurzen Ruck seines langen, mageren Halses, was er jedes Mal tat, wenn er einen Kommentar abgab, wie um das Gesagte zu unterstreichen. Da Mordent etwas von einem gerupften alten Reiher hatte, erinnerte diese Bewegung Adamsberg immer an das Glucksen des Vogels, wenn er einen guten Fisch verschlingt. Vorausgesetzt, der Reiher war tatsächlich ein Vogel und der Fisch ein Fisch.
    »Und der Großonkel?«
    »In Haft. Vom Richter bestätigte Anklagepunkte: Freiheitsberaubung, Nötigung und Misshandlung. Aber wenigstenskeine Vergewaltigung. Allerdings wollte der Großonkel das Mädchen niemand anderem überlassen.«
    »Gut«, wiederholte Adamsberg und zeichnete den schrägen Apfelbaum vom Frühstück.
    So wenig er die Worte der Gerichtsmedizinerin länger als ein paar Sekunden hatte behalten können, so genau war jeder Ast, jeder Zweig des Apfelbaums in seinem Gedächtnis bewahrt geblieben.
    »Tuilot Julien«, verkündete jetzt Lieutenant Noël.
    »Der Mord mit der Brotkrume.«
    »Genau.«
    »Eine in ihrer Art einzigartige Waffe«, sagte Adamsberg, das Blatt auf seinem Block umdrehend. »So effektiv und leise wie eine Armbrust, setzt aber unmittelbare Nähe voraus.«
    »Wo ist da der Zusammenhang?«, fragte Retancourt.
    Adamsberg deutete durch ein Zeichen an, dass er das später erläutern würde, und begann das Gesicht von Dr. Merlan zu zeichnen.
    »In Untersuchungshaft«, sagte Noël. »Eine Cousine will die Kosten seiner Verteidigung übernehmen. Argument: lebenslange Schädigung durch die Tyrannei der Ehefrau.«
    »Tuilot Lucette.«
    »Ja. Diese Cousine hat ihm Kreuzworträtsel ins Gefängnis gebracht. Er ist noch keine zwölf Tage drin und hat unter freiwilligen Mitgefangenen schon ein Turnier auf Anfängerniveau veranstaltet.«
    »Also in Bestform, wenn ich richtig verstehe.«
    »Noch nie so unternehmungslustig gewesen, sagt die Cousine.«
    Dann wurde es still, alle wandten sich jetzt Retancourt zu, von der man wusste, dass sie die Hauptrolle in der Affäre Clermont-Brasseur gespielt hatte, ohne dass man Einzelheiten kannte. Adamsberg bedeutete Estalère, den Kaffee zu bringen.
    »Momo-mèche-courte wird noch immer gesucht«, begann der Kommissar, »aber nicht er hat den Mercedes in Brand gesetzt.«
    Während des sehr langen Berichts von Retancourt – der erste Anzug, der zweite Anzug, der Haarschnitt, das Zimmermädchen, der Labrador, der Benzingeruch – teilte Estalère den Kaffee aus, dann ging er mit Milch und Zucker um den Tisch, ganz in seinem Stil, voller Aufmerksamkeit für die Sonderwünsche jedes Einzelnen. Lieutenant Mercadet hob schweigend die Hand zum Zeichen der Ablehnung, was Estalère kränkte, weil er fest überzeugt war, dass der Lieutenant immer Zucker in den Kaffee nahm.
    »Nicht mehr«, erklärte Mercadet ihm leise. »Eine Diät«, sagte er und legte die Hand auf seinen Bauch.
    Erleichtert beendete Estalère seinen Rundgang, während Adamsberg ohne erkennbaren Grund erstarrte. Eine Frage von Morel überraschte ihn, da wurde ihm bewusst, dass Retancourt am Ende ihres Berichts angekommen war und er einen Teil davon verpasst hatte.
    »Wo ist Danglard?«, wiederholte Morel.
    »Er ruht sich aus«, sagte Adamsberg rasch. »Er ist unter einen Zug gekommen. Keinerlei Verletzung, aber davon erholt man sich nicht so leicht.«
    »Er ist unter einen Zug gekommen?«, fragte Froissy mit dem gleichen verblüfften und staunenden Ausdruck wie Dr. Merlan.
    »Veyrenc hat die Geistesgegenwart besessen, ihn zwischen die Schienen zu ziehen.«
    »Zwanzig Zentimeter zwischen der Oberseite des Körpers und der Unterseite des Zuges«, erläuterte Veyrenc. »Er hat nichts gemerkt.«
    Adamsberg erhob sich etwas unbeholfen, ließ seinen Notizblock auf dem Tisch liegen.
    »Veyrenc fährt fort mit dem Bericht über Ordebec«, sagte er. »Ich komme wieder.«
    »Ich komme wieder«, was er immer sagte, als wenn es sehr gut möglich wäre, dass er eines Tages nicht wiederkommen würde. Er ging aus dem Raum mit noch etwas wiegenderem Schritt als gewöhnlich und trat auf die Straße. Er wusste, dass er ganz plötzlich versteinert gewesen war, unbeweglich wie eine normannische Kuh, dass er etwa fünf, sechs Minuten der Konferenz gar nicht mitbekommen hatte. Warum, hätte er nicht sagen können, und das herauszufinden lief er jetzt durch die Straßen. Nicht, dass diese schlagartige Geistesabwesenheit ihn beunruhigt hätte, schließlich hatte er sie schon öfter erlebt. Er wusste

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