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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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irgendwo einen Batzen Brotkrume rumliegen lassen.«
    Émeri goss sich noch einen Kaffee ein, er hatte begriffen, dass man viele von Adamsbergs Bemerkungen besser ohne Erwiderung ließ. Er hatte an die Reputation dieses Bullengeglaubt, doch ohne dass er schon vorzeitige Schlüsse ziehen wollte, sah es ganz so aus, als ob Adamsberg nicht unbedingt normale Wege ging. Oder dass er nicht normal war. Ein ruhiger Typ jedenfalls, der ihn, wie er gehofft hatte, bei dieser Ermittlung nicht ausgrenzte.
    »Verstand Mortembot sich nicht gut mit seiner Mutter?«
    »Soweit ich weiß, schon. Er war ihr sogar nahezu hörig. Wenngleich die Mutter entrüstet darüber war, dass ihr Sohn mit seinem Cousin zusammenlebte, weil der homosexuell war und sie sich dafür schämte. Sie setzte ihm damit pausenlos zu, verlangte, er solle nach Hause zurückkehren, oder sie würde ihm einen Teil vom Erbe streichen. Mortembot willigte ein, um seine Ruhe zu haben, aber er änderte nichts an seinem Leben. Und so fingen die Szenen wieder von vorn an. Was er wollte, waren die Kohle, das Geschäft, seine Freiheit. Er muss wohl der Ansicht gewesen sein, dass sie ihre Zeit gelebt hatte, und ich vermute, Glayeux hat ihn darin noch bestärkt. Sie war dieser Typ Frau, der hundertzehn Jahre alt wird und sich bis zuletzt um den Laden kümmert. Sie war besessen von ihrer Arbeit, und nicht zu Unrecht. Seit ihrem Tod, so heißt es, seien die Schösslinge nicht mehr von der gleichen Qualität. Er verkauft Fuchsien, die im ersten Winter eingehen. Und dazu gehört schon was, eine Fuchsie kaputtzukriegen. Er pfuscht bei seinen Stecklingen, solche Sachen eben erzählen sich die Leute.«
    »Tatsächlich«, meinte Adamsberg, der noch nie Stecklinge gezogen hatte.
    »Ich habe seinerzeit beide in die Zange genommen, soweit ich konnte, mit Polizeigewahrsam bei Schlafentzug und alldem üblichen Kram. Glayeux hat nur verächtlich gegrinst und gewartet, bis es vorüber war. Mortembot hat nicht mal den Anstand besessen, so zu tun, als trauere er um seine Mutter. Er war nun mit einem Schlag alleiniger Besitzer der Baumschule und ihrer Niederlassungen, eines riesigenUnternehmens. Er ist eher der phlegmatische Typ, ein gutmütiger Klotz, den konnte keine Provokation und keine Drohung aus der Ruhe bringen. Ich habe nichts erreicht, und dennoch sind in meinen Augen beide Mörder, von der eigennützigsten und zynischsten Sorte. Und wenn es den Seigneur Hellequin wirklich gäbe, ja, dann würde er sich Männer wie diese holen.«
    »Wie nehmen sie die Bedrohung durch das Wütende Heer auf?«
    »Wie sie auch die Ermittlungen aufgenommen haben. Es ist ihnen scheißegal, Lina ist in ihren Augen eine hysterische Spinnerin. Wenn nicht gar eine Mörderin.«
    »Was vielleicht auch nicht ganz falsch ist«, meinte Danglard mit halbgeschlossenen Augen.
    »Sie werden die Familie ja kennenlernen. Seien sie nicht allzu überrascht, die drei Brüder sind ebenso verrückt. Ich sagte dir ja, Adamsberg, sie haben jede Menge Gründe dafür. Ihr Vater hat sie regelrecht massakriert. Aber wenn du keinen Ärger willst, dann tritt niemals sehr plötzlich an Antonin heran.«
    »Ist er gefährlich?«
    »Im Gegenteil. Er kriegt es mit der Angst, sobald du ihm zu nahe kommst, und die ganze Familie schließt sich um ihn zusammen. Er ist überzeugt, dass sein Körper zur Hälfte aus Ton besteht.«
    »Das erzähltest du schon mal.«
    »Aus bröckligem Ton. Antonin glaubt, er zerbricht, wenn er einen zu heftigen Stoß abkriegt. Total beknackt. Abgesehen davon scheint er normal zu sein.«
    »Geht er arbeiten?«
    »Er macht irgendwas an seinem Computer, geht aber nicht aus dem Haus. Wundere dich auch nicht, wenn du nicht alles verstehst, was der Älteste sagt, Hippolyte, den alle Welt Hippo nennt, so dass man bei ihm immer an ein Flusspferd denken muss. Was gar kein so schlechter Vergleichist, vom Format wie auch vom Gewicht her. Wenn ihm danach ist, spricht er seine Sätze verkehrt herum.«
    »Du meinst, er spricht
verlan,
dreht also die Silben innerhalb der Wörter um?«
    »Nein, er dreht die Wörter Buchstabe für Buchstabe um.«
    Émeri unterbrach sich, um nachzudenken, dann, als wollte er das Thema wechseln, zog er ein Blatt Papier und einen Stift aus der Tasche.
    »Nimm mal an, er will sagen: ›Geht es Ihnen gut, Kommissar?‹, dann kommt Folgendes heraus«, und Émeri schrieb Buchstabe für Buchstabe auf das Papier: »›Theg se nenhi tug, rassimmok?‹«
    Dann gab er das Blatt Adamsberg, der es verblüfft

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